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ausfällt, nehmen wir das Geld bei Sonnenaufgang. Und du nimmst deinen Vater und verschwindest.“

      Es kostete Mondblüte alle Selbstbeherrschung, die Tränen der Enttäuschung zu unterdrücken. Häuptling, Medizinmann und Krieger erhoben sich. Grußlos verließen sie Mondblütes Tipi.

      Mondblüte zog die Plane vor den Eingang, warf sich auf den Boden und weinte leise. Als sie die Enttäuschung überwunden hatte, hüllte sie sich in ihre Decken und dachte nach.

      Was führte Grauer Büffel im Schilde? Sie misstraute dem Häuptling und fragte sich, wie sie so naiv gewesen sein konnte, zu glauben, er würde ihren Vater freilassen. Grauer Büffel scherte sich einen Dreck um die Antwort des Großen Geistes, diese Überzeugung verfestigte sich in Mondblüte, je länger sie grübelte. Grauer Büffel war einer, der grundsätzlich soviel wie möglich für sich und seinen Stamm herausschlagen wollte.

      Als draußen die Trommeln ertönten und Weißer Bär anfing auf dem Kultplatz vor dem Marterpfahl zu tanzen, um den Willen des Großen Geistes zu erfahren, glaubte Mondblüte ihn bereits zu kennen. Der Wille des Großen Geistes und der Wille des Häuptlings waren identisch. Mondblütes Geld und Barrymores Lösegeld – beides wollte sich der gerissene Pawnee-Häuptling sichern.

      Sie wartete bis die Trommeln verstummten. Sie wartete bis der Gesang des Medizinmannes verstummte. Sie wartete bis sie draußen im Lager weder Stimmen noch Schritte mehr hörte. Dann schälte sie sich aus den Decken und lüftete die Plane vor dem Tipi-Eingang.

      Ein kleines Feuer loderte auf dem Kultplatz. Ihr Vater am Totempfahl hing in seinen Fesseln. Er schien zu schlafen. Drei Krieger hockten am Feuer. Auch sie schienen eingenickt zu sein. Mondblüte lockerte den Dolch in der Lederscheide an ihrem Gurt. Sie musste es wagen.

      Sie kroch aus dem Tipi, schlich in weitem Bogen durch das Lager und näherte sich dem Marterpfahl im Rücken der Krieger am Feuer. Sie waren tatsächlich eingeschlafen. Von hinten schlich sie an den Marterpfahl heran und zog den Dolch. „Ich bin’s, Dad“, flüsterte sie und ging in die Knie. „Nicht erschrecken.“

      Plötzlich sah sie Lichtschimmer im Häuptlingstipi. Und neben dem Tipi döste ein Rappen. „Es hat keinen Sinn, Kind“, flüsterte ihr Vater. „Barrymore ist bei dem Häuptling. Er kann es sich nicht leisten, mich laufen zu lassen. Er wird dich überbieten.“

      In diesem Moment wurde die Plane vor dem Eingang des Häuptlingstipis zur Seite geschlagen. Ein hochgewachsener Mann bückte sich ins Freie. Langes, graues Haar quoll ihm unter einem dunklen Filzhut hervor und fiel ihm bis auf die Schulter. Er trug einen langen, schwarzen Wildledermantel.

      „Jim Barrymore“, flüsterte Caleb Jackson.

      Barrymore schien verärgert. Jedenfalls schnitt er eine grimmige Miene und machte rasche, hektische Bewegungen. Er band seinen Schwarzen los, schwang sich in den Sattel und galoppierte zwischen den Zelten in die Dunkelheit. Mondblüte schöpfte Hoffnung.

      Jetzt verließ auch der Häuptling sein Tipi. Er sah Mondblüte sofort und kam zu ihr. Die drei Krieger am Feuer sprangen auf und folgten ihm. Neben dem Marterpfahl blieben die vier Pawnees stehen. Ein paar Atemzüge geschah gar nichts. Nur die braunen Augen des Häuptlings wanderten zwischen dem Dolch in Mondblütes Faust und ihrem Gesicht hin und her.

      „Elftausend“, sagte Grauer Büffel endlich.

      Mondblüte sah ihn erschrocken an. „Niemals“, flüsterte sie. „Wo soll ich soviel Geld hernehmen?“

      „Dann pack deine Sachen, sattle dein Pferd und verschwinde“, sagte der Häuptling. „Barrymore zahlt zehntausend.“ Er wandte sich ab, stelzte zurück zu seinem Tipi und verschwand darin.

      Weinend verabschiedete Mondblüte sich von ihrem Vater. „Ich werde alles versuchen, dich zu befreien, Dad“, schluchzte sie. „Irgendetwas wird mir einfallen, verlass dich auf mich...“

      Die Krieger ließen ihr nicht viel Zeit. Sie drängten sie zu ihrem Tipi, beobachteten, wie sie ihre Decken zusammenrollte und ihr Pferd sattelte und eskortierten sie schließlich durch das Lager bis in den Wald. Dort jagten sie das Halbblut in die Dunkelheit. Mondblüte ritt in die Nacht.

      Nach einer halben Stunde etwa schälten sich vor ihr die Umrisse von Reitern aus der Dunkelheit. Mondblüte sprang aus dem Sattel und riss ihr Gewehr aus dem Holster. „Lass das, Lorraine“, sagte eine heisere Stimme.

      Sie hörte das reibende Geräusche eines Schwefelholzes an einer rauen Fläche. Eine Flamme leuchtete auf. Jim Barrymore zündete sich einen Zigarillo an. Im kurzen Schein des Feuers sah Mondblüte sein kantiges, stoppelbärtiges Gesicht. Dann erlosch das Schwefelholz. Barrymore rutschte aus dem Sattel und kam zu ihr.

      „Die verdammte Rothaut glaubt, sie könnte uns gegeneinander ausspielen, hast du’s gemerkt?“ Breitbeinig blieb er vor ihr stehen. Die Spitze seines Zigarillos leuchtete auf. Mondblüte sah sein schwarzes Halstuch, sein graues, fettiges Haar und seine schmalen Lippen. Unter dem offenen Ledermantel trug er eine schwarze Lederweste, und an der Hüfte ein Doppelholster. Die Kolben der Revolver waren nach vorn gerichtet.

      „Ich schlag dir ein Geschäft vor, Lorraine.“ Barrymore nahm den Zigarillo aus dem Mund. Am Ringfinger seiner linken Hand sah sie einen goldenen Ring mit einem schwarzen Stein. „Du kriegst deinen Vater von mir.“

      „Und der Preis?“ fragte sie heiser.

      Trotz der Dunkelheit sah sie, dass er feixte. „Grainger.“

      22

      Am Abend nach der Schießerei in den Hängen zu den westlichen Uinta Mountains verlor Grainger die Spur der beiden Reiter an einem kleinen Gebirgsfluss. Durch den Regen und Schneefall der vergangenen Tage führte er reichlich Wasser. Dass sie trotzdem hinein geritten waren, verriet ihre Angst.

      Grainger ritt am Ufer entlang bis die Dunkelheit einbrach und er Gräser, Gestein und Moos am Boden nicht mehr unterscheiden konnte. Es war klar, dass sie flussaufwärts in die Berge hinein geritten waren. Der Mann von der U.S. Government Squad war entschlossen ihre Fährte zu verfolgen bis er die Kerle gefunden hatte.

      Er band seinen Schimmel, den er glücklicherweise wieder hatte einfangen können, im niedrigen Ufergestrüpp fest, rollte sich in seine Decke und schlief bis ins Morgengrauen. Auf Kaffee und warmes Frühstück verzichtete er, trank stattdessen Wasser und aß alten Maisfladen und getrocknetes Fleisch aus seinem Proviant. Danach ging es weiter.

      Das Flussufer und die Berghänge wurden steiler. Gegen Mittag ritt er durch einen Bergwald. Und endlich, am frühen Nachmittag, entdeckte er Hufspuren im weichen Uferboden.

      Immer dichterer Wald bedeckte die Hänge. Das Unterholz verhüllte zeitweise die Wildpfade und die Spuren der Banditen. Aber Grainger verlor sie dennoch nie ganz aus den Augen.

      Seine Hartnäckigkeit wurde belohnt: In der Abenddämmerung entdeckte er ein Rauchfahne auf einer felsigen Anhöhe. Er machte sein Pferd fest, schnappte sich sein Gewehr und schlich hinauf.

      Einer hockte am Feuer und briet einen Hasen. Vermutlich hatten sie das Wild aus einer indianischen Falle gestohlen, denn Grainger hatte keinen Schuss gehört. Beiläufig registrierte er also die Nähe von Indianern. Pawnees, fürchtete er.

      Der zweite Mann lag zusammengekauert unter seinen Decken und schnarchte. Grainger wunderte sich, denn die Kerle schienen sich in Sicherheit

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