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mich neben meine Frau ins Bett. Ich wusste, dass sie nur so tat, als schliefe sie, ich erkenne das an ihren Atemzügen, sie sind dann gekünstelt tief und die Pausen zwischen dem Ein- und dem Ausatmen sind ein bisschen zu lang. Ich strich ihr sanft über den Nacken. Sie sagte, dass ich das gefälligst sein lassen solle. Ich sagte, es laufe zwischen uns ja gar nichts mehr und warf ihr noch weitere Dinge an den Kopf. Sie gab wie immer mit präzisen Dolchstichen zurück, ich sei ein abgebrühter Egoist, der nicht lieben könne, und hinter meiner Geltungssucht stecke nur ein tiefes Minderwertigkeitsgefühl; ich spiele im Geschäft den eitlen Gockel und zu Hause lasse ich mich fallen oder aber hänge den Chef heraus. Ich griff dann zum Zweihänder. »Wenn hier nichts mehr läuft, meine Hühner im Geschäft erwarten den Gockel freudig, mit offenen Flügeln.« Sie sagte dann, ich solle augenblicklich das Schlafzimmer verlassen. »Du kannst dich von jetzt an im Gästezimmer einrichten, du lächerliches Ekel«, rief sie mir hinterher.

      Ich ließ meinen Fantasien freien Lauf, malte mir das Abendessen mit ihr aus, doch ich merkte, wie sich etwas in mir dagegen sträubte. Es ist noch schwierig, dies zu beschreiben. Aber tief in mir war mir ganz klar, dass ich das eigentlich nicht wollte; ich wusste in meinem Herzen, wo ich hingehöre. An die Seite meiner Frau. Ins Gästezimmer meines eigenen Hauses ausquartiert, wurde mir bewusst, dass ich einerseits meine Ehe und Familie unbedingt will, aber dass wir es andererseits so nicht schaffen können. Das hat mich völlig gestresst. Mir kommt es so vor, als befänden wir uns in einer tödlichen Abwärtsspirale und ich kann nichts dagegen tun.

      Ich grüße Dich herzlich

      Dein Reinhold

      Lieber Reinhold,

      vielen Dank für Deinen letzten Brief. Das ist etwas ganz Kostbares, zu wissen, wo man hingehört. Trau diesem inneren Gewissen! Vielleicht hast Du den Punkt erreicht, an dem Gott bei Dir Neues schaffen kann. Vielleicht ist es auch so, dass Ihr noch tiefer fallen werdet. Aber die Hand Gottes ist unter Euch ausgestreckt und sie wird Euch auffangen.

       Bei mir ist es spät geworden. Nicht weil ich auf die Uhr geschaut hätte – wir leben ohne Maschine, welche den Fluss der Zeit künstlich in größere oder kleinere Portionen zerschneidet. Ihr richtet Euch nach dem Zeiger Eurer Uhren, wir nach einem inneren Rhythmus. Hier hast du das Gefühl, du bist immer zur rechten Zeit am rechten Ort, es begibt sich alles so leicht. Auch wenn es für mein inneres Empfinden spät geworden ist, das Licht hier ist immer gut. Es leuchtet, ohne zu blenden. Es wärmt, ohne dass man ins Schwitzen kommt. Es hat die Klarheit des Spätherbstes in den Bergen und ist doch mild und weich und wirft keine harten Schatten: es ist einfach göttlich!

      Offensichtlich habe ich Dich mit diesem Ausspruch »Vorlesungs- und Studierstubengott« aufgerüttelt. Ich habe in der Tat lange gezögert, bis ich diese Worte gewählt habe. »Du wirst ihm damit Schmerzen zufügen«, habe ich gedacht. »Aber nicht zu seinem Schaden«, hat es in mir nachgeklungen. In dieser Sache möchte ich einfach hart bleiben. Es bekümmert mich zutiefst, wenn ich sehe, wie bei Euch durch menschliche, intellektuelle Anstrengungen Gott gesucht wird und verstanden werden will.

       »Seht ihr den Mond dort stehen?

       Er ist nur halb zu sehen

      Und ist doch rund und schön.

      So sind wohl manche Sachen,

      Die wir getrost belachen,

      Weil unsre Augen sie nicht sehn.

       Wir stolzen Menschenkinder

       Sind eitel, arme Sünder

      Und wissen gar nicht viel.

       Wir spinnen Luftgespinste

       Und suchen viele Künste

      Glaube ist Beziehung, nicht Denkanstrengung. Er vollzieht sich nicht im Kopf, wo wir »Luftgespinste spinnen«, sondern im Herz.

      Vielleicht muss ich Dir mal das schwärzeste Kapitel meines Lebens erzählen. Alles brach damals zusammen. Ich war mit meinem Glauben am Boden, ich musste moralisch den Bankrott erklären, und als König hatte ich alle innere Autorität verloren und stützte mich lediglich auf die äußeren Machtbefugnisse. Ich war völlig unglaubwürdig. An diesem Punkt suchte mich Gott heim. Er zog mich sehr kräftig an den Ohren! Das war schmerzlich, aber er holte er mich wirklich heim, gab mir ein neues Zuhause bei sich und mit ihm. Ich bekam eine neue Lebensperspektive. Ich machte die Erfahrung, dass ich von dem lebe, was Gott austeilt. Und seitdem sind mir alle menschlichen Anstrengungen, und seien es die frömmsten und klügsten, zutiefst suspekt.

      Ich hoffe, dass Du hinter meinen herausfordernden Worten ein Ringen um Dich heraushörst.

       Sei herzlich gegrüßt und gib nicht auf! David

      Lieber David,

      ich muss mich richtig zwingen, nicht sogleich von mir zu erzählen. Aber Du sagst etwas Wichtiges. Unser Glaube ist kein Hirntrip, keine Theorie im Kopf, sondern ein Lebensstil. Ich bin noch sehr weit davon entfernt, dass bei mir Glaube und Leben eine Einheit werden. Ich beginne erst, überhaupt wahrzunehmen, dass bei mir Glaube und Leben wenig miteinander zu tun haben. Sie sind wie zwei Schubladen, die eine ziehe ich am Sonntagmorgen und vielleicht noch kurz zu Tagesbeginn und schließe sie dann gleich wieder; die restliche Zeit steht die andere offen.

      Ich erlebe in mir noch einen anderen Zwiespalt. Ich weiß einerseits, was ich eigentlich möchte, und tue andrerseits gerade das Gegenteil davon. Ich will um unsere Ehe kämpfen und schwäche sie zugleich. Was tat ich gestern im Abendverlauf? Ich schlug wieder einen weiteren Nagel in den Sarg unserer Beziehung.

      Als ich nach Hause kam, war meine Frau noch beim Unterrichten. »Kinder«, rief ich, »kommt alle mal runter«! Sie kamen sofort, meine Frau müsste drei Mal rufen und es würde immer noch nicht klappen. »Wer von euch kommt mit, ein Zelt kaufen? Wir können es noch heute Abend im Garten aufstellen.« Sie waren natürlich Feuer und Flamme. Wir kauften ein großes Igluzelt.

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