ТОП просматриваемых книг сайта:
Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
Читать онлайн.Название Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke
Год выпуска 0
isbn 9788027206223
Автор произведения Ida Pfeiffer
Жанр Книги о Путешествиях
Издательство Bookwire
Interessant ist es zu beobachten , wie die Pferde jede gefährliche Stelle im Steingerölle, im Moore und in Sümpfen durch den Instinkt errathen. Kommen sie an dergleichen Stellen, so senken sie den Kopf zur Erde und spüren nach allen Seiten umher. Finden sie keinen sichern Halt für den Fuß, bleiben sie gleich stehen, und sind dann nur mittelst vieler Schläge vorwärts zu bringen.
Nach einer Rast von zwei Stunden setzten wir die Reise fort, und zwar abermals über lauter Lavafelder. Nach neun Uhr Abends kamen wir auf eine Hochebene und nachdem wir sie in einer halben Stunde durchritten hatten, sahen wir in das große zu unsern Füssen liegende Thal Reikholt oder Reikiadal, Es ist drei, vier Meilen lang, ziemlich breit und von einer Reihe Gebirge umfaßt, worunter auch mehrere Jokuls in ihrem eisigen Gewande prangen.
Ein ganz eigener, bezaubernd schöner Anblick ist in der wilderhabenen Natur Islands der Sonnenuntergang. — Ueber diese großen Thäler, ohne Baum und Strauch, die mit dunkler Lava überdeckt und mit beinahe schwarzen Bergen umgeben sind, verbreitet die scheidende Sonne eine wahrhaft magische Beleuchtung. Die Spitzen der Berge erglänzen in ihrem letzten hellschimmernden Lichte, die Jokuls sind mit dem zartesten Rosaschleier umhüllt, während die untern Theile der Berge im tiefen Schatten stehen und düster in die Thäler blicken, die einem weiten dunkelblauen Wasserspiegel gleichen, über welchem eine bläulich-röthliche Atmosphäre schwebt. Am ergreifendsten aber ist die Stille, die Einsamkeit, da hört man keinen Laut, da sieht man kein lebendes Wesen. Alles ist todt. — —
In den weiten Thälern sieht man kein Städtchen, kein Dörfchen, ja nicht einmal ein Häuschen, oder einen Baum, oder einen Strauch. Das Auge verliert sich in der unermeßlichen Einförmigkeit, und findet nicht den geringsten Gegenstand, an dem es haften könnte.
Heute Nacht, als wir nach eilf Uhr an den Rand der Hochebene gelangten, sah ich solch einen unvergeßlichen Sonnenuntergang. Die Sonne entschwand hinter den Bergen und an ihre Stelle trat eine glänzende Abendröthe, die Berg und Thal und Gletscher wundervoll beleuchtete. — Lange konnte ich mein Auge nicht ablenken von den herrlichen mit Glanz erfüllten Höhen und doch bot auch das Thal recht viel des Schönen und Merkwürdigen.
Das ganze lange Thal war beinah nur eine Wiese, an deren beiden äußersten Endpunkten Rauchsäulen aus kochenden Quellen empor qualmten. — Die Dünste waren so ziemlich verflogen und die Atmosphäre war so rein und klar, ja viel reiner und durchsichtiger, als sie mir noch irgend in einem andern Lande vorgekommen war; — da bemerkte ich erst, daß die Helle in dem Thale dem Tageslichte nicht viel nachgab, und daß man die kleinsten Gegenstände vollkommen unterscheiden konnte. — Dieß war aber auch sehr nothwendig, denn schreckliche Wege leiten über Gestein und Gerölle schroff in das Thal hinab. Und zur Seite strömte ein kleiner Fluß, der mehrere hübsche Fälle bildete, unter welchen mancher über 30 Fuß hoch sein mochte.
Vergebens strengte ich mein Auge an, um in diesem großen Thale ein Kirchlein zu erspähen, das mir zur Nachtruhe, wenn auch nur eine harte Bank, doch wenigstens Schutz gegen den scharfen Nachtwind verleihen würde; denn es ist wahrhaftig kein Spaß 15 Stunden zu reiten, außer Brod und Käs den ganzen Tag nichts genossen zu haben, und dann nicht einmal die frohe Aussicht auf ein Hotel a Ia ville de Londre oder de Paris. — Ach meine Wünsche waren ja viel bescheidener; ich erwartete weder einen Portier, der bei meiner Ankunft das Zeichen gäbe, noch einen Oberkellner oder eine Kammerjungfer; — ich wünschte nur ein kleines Fleckchen in der Nähe meiner lieben verstorbenen Isländer. — Aus diesen seligen Betrachtungen wurde ich plötzlich durch die Stimme meines Führers aufgeschreckt, der da rief: „Nun sind wir für heute am Ziele!" — Freudig sah ich umher, — ach — ich erblickte nur einige jener Kothen, die man nicht früher bemerken kann, als bis man mit der Nase daran stößt, weil sich ihre grasbedeckten Mauern und Dächer kaum von der Wiese unterscheiden. Es war bereits Mitternacht. — Wir hielten an, und ließen die Pferde auf der nächsten Wiese Nahrung und Ruhe suchen. Uns fiel das Loos nicht so gut. Die Einwohner lagen bereits im tiefen Schlummer, und wurden selbst durch der Hunde Gebell, das uns bei der Ankunft empfing, nicht zur Auferstehung gebracht. — Freilich würde mir ein Schälchen Kaffee recht gut gethan haben, doch ich mochte deßhalb Niemanden wecken lassen. Ein Stückchen Brod stillte ja auch meinen Hunger, und ein Trunk Wasser aus der nahen Quelle schmeckte trefflich dazu. Nach diesem einfachen Mahle suchte ich mir ein Lager an der Seite einer Kothe, die mich vor der gar zu argen Zudringlichkeit des Windes ein bischen schützte, hüllte mich in meinen Mantel, streckte mich auf den Boden, und wünschte mir von ganzem Herzen, einmal auch im Freien, und bei hellem Tage [Man vergesse nicht, daß zu dieser Zeit gar keine Dämmerung, viel weniger Nacht ist.] tüchtig schlafen und traumen zu können. Ich fing gerade an einzuschlummern, da überraschte mich ein sanfter Regen, der natürlich jede Spur des Schlafes vertilgte. Nun mußte ich doch Jemanden wecken lassen, um unter Dach und Fach zu kommen.
Man sperrte mir das beste Gemach, die Vorrathskammer auf, und stellte da eine kleine hölzerne Truhe zu meiner beliebigen Verfügung, Dergleichen Kammern finden sich glücklicher Weise überall, wo einige Kothen beisammen stehen; doch sind sie nichts weniger als einladend, da die getrockneten Fische, Thran, Talg, und weiß der Himmel was noch für andere Artikel eine schreckliche Atmosphäre verursachen, — und dennoch ziehe ich sie bei weitem den Wohngemächern der Bauern vor, die, nebenbei gesagt, das Ekelhafteste sind, was man sich denken kann. Nebst allen denkbaren üblen Gerüchen herrscht da ein Schmutz, und in Folge dessen ein Ueberfluß an Ungeziefer, daß es höchstens bei den Grön- und Lappländern noch ärger sein kann.
Ich bezog also mit stoischer Ergebung die Vorrathskammer, und harrte geduldig aus bis zur Weiterreise.
18. Juni.
Gestern waren wir gezwungen gewesen, unsern armen Pferden eine übergroße Station von eilf Meilen aufzubürden, da die letzten neun Meilen über ganz wüste und unbewohnte Strecken gingen, und wir auf keine einzige Kothe trafen. Dafür hatten sie es aber heute desto leichter, denn wir ritten nur anderthalb Meilen nach dem Oertchen Reikiadal, wo ich diesen Tag zubrachte, um die berühmten Springquellen zu besuchen.
Das Oertchen Reikiadal besteht aus einer Kirche und einigen Kothen, und liegt mitten zwischen schönen Wiesen. Ueberhaupt ist dieses Thal reich an herrlichen Wiesengründen, man sieht daher auch viel einzeln stehende Höfe und Kothen, schöne Heerden von Schafen, und ziemlich viele Pferde; Kühe weniger.
Die Kirche zu Reikiadal ist eine der nettesten und geräumigsten, die mir bisher vorgekommen ist. Auch das Häuschen des Priesters, obwohl auch von allen Seiten mit Rasen bedeckt, ist doch groß genug, um behaglich darin wohnen zu können. — Der Bezirk dieser Pfründe ist groß, und ziemlich bevölkert.
Meine erste Sorge gleich nach der Ankunft war, den Priester, Herrn Jonas Jonason, zu ersuchen, mir so schnell als möglich frische Pferde zu besorgen, nebst einem Führer, der mich nach den heißen Quellen geleitete. — Er versprach, in einer halben Stunde mir Beides zu verschaffen, doch sah ich erst nach drei Stunden, und auch da noch mit vieler Mühe, meine Bitte erfüllt. — Nichts ärgerte mich stets mehr in Island, als die Langsamkeit und Gleichgiltigkeit seiner Bewohner in all ihrem Thun und Treiben. Auf Alles, was man begehrt oder wünscht, muß man die längste Zeit warten. — Wäre ich dem guten Pastor nicht unausgesetzt zur Seite gewesen, ich glaube schwerlich, daß ich diesen Tag mein Ziel erreicht haben würde. — Endlich war Alles bereit, und der Pastor selbst war so gütig mein Führer zu sein.