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wir waren doch nur sieben Personen, da hätte sich dieß Hühnchen nur siebenmahl vermehren dürfen, und wir wären gesättiget gewesen; — so aber erhielt jeder nur ein Rippchen und damit Punktum. Freilich kam dann ein Gericht nach dem andern, das wußten wir aber nicht, eben so wenig die Anzahl der bereiteten Speisen, sonst hätten wir uns das Ding schon eingetheilt, und ein Jeder hätte ein Gericht ganz für sich behalten, denn im Laufe von fünf Viertelstunden kamen neun bis zehn Tellerchen zum Vorschein; aber mit lauter winzigen Portionen, so daß man im eigentlichen Sinne des Wortes nur überall kosten konnte. Wir hätten zwei derbe Speisen all diesem Firlefanz vorgezogen. Die Gerichte bestanden aus einem gekochten, einem gebratenen und einem eingemachten Hühnchen, aus einem Tellerchen gefüllter Gurken, aus einem solchen roher Gurken, aus einem Bischen Pilav und einigen Stückchen Schöpsenfleisch.

      Für die Unterhaltung bei Tisch sorgte unser Wirth, indem er eine gräuliche Scene aus der Zeit des Erdbebens nach der andern erzählte. Auch er hatte dabei sein Weib und seine Kinder verloren, und nur, weil er gerade auf einem Krankenbesuche in der Umgebung war, entkam er selbst diesem Schicksale.

      Eine halbe Stunde nach Mitternacht suchten wir unsere Schlafstellen. Der Arzt räumte uns sehr gefällig seine drei Kämmerchen ein, da war aber die Hitze so drückend, daß wir es vorzogen, im Hofe auf den Steinen unser Lager aufzuschlagen. Ein hartes Lager, dagegen eine leichte Verdauung des großen Mahles.

      16. Juni 1842.

      Um 5 Uhr früh empfahlen wir uns und kehrten auf demselben Wege, nur nicht zum zweiten Male über den Berg Tabor, sondern längs desselben, in sechs Stunden nach Nazareth zurück. Ich besuchte heute noch einmal alle die Orte, die ich zwei Tage früher halb todt besehen hatte und brachte auf diese Art einige Stunden recht angenehm zu.

      17. Juni 1842.

      Morgens um halb sechs Uhr sagten wir den würdigen Priestern zu Nazareth für immer Lebewohl und ritten unausgesetzt bis zwei Uhr, also neunthalb Stunden — bis zum Kloster auf dem Berge

      Karmel.

      Lange hatten wir keine so guten Wege gehabt, wie an dem heutigen Tage. Nur hin und wieder, vermutlich um uns der Gefahren und Strapatzen nicht gänzlich zu entwöhnen, kam eine Strecke echt syrischen Weges zum Vorschein. Dazu kam auch noch die Annehmlichkeit, daß wir keinen Durst zu leiden brauchten, denn einige Male durchschnitten unsere Pferde Bächelchen mit gutem klaren Wasser. Ja, wir durchzogen sogar ein Stückchen Eichenhain, in Syrien eine fast unerhörte Erscheinung. Freilich fand sich kein einziger Baum darunter, der für einen Maler ein würdiges Studium gegeben hatte; alle waren klein und verkrüppelt. So schön belaubte Baume, wie in unseren Gegenden, sah ich in diesen Ländern höchst selten. Der einzige Johannesbrotbaum, der hier sehr häufig wächst, ist ein hübscher Baum und sein Blatt sehr schön; es ist nicht größer, als ein mittleres Rosenblatt, etwas länglich rund, einen Messerrücken dick, und von schöner, glänzend grüner Farbe.

      Der Berg Karmel liegt hart am Meere. Er ist nicht hoch, in einer guten halben Stunde erreicht man seinen Rücken, auf welchem ein schönes und großes Kloster steht. Wohl in ganz Syrien mag dieses das schönste seyn, selbst die Klöster zu Jerusalem und Nazareth nicht ausgenommen. Eine Reihe von sechs oder sieben großen, herrlichen Zimmern mit Doppelthüren und großen, regelmäßigen Fenstern, bildet die Hauptfronte des Gebäudes. Diese Zimmer und noch mehrere in den Seitenflügeln sind zur Aufnahme der Reisenden bestimmt. Sie sind nach europäischer Art eingerichtet, mit saubern Möbeln, wobei weder Kanapee's noch gute Komod-Kästen fehlen.

      Ungefähr eine Stunde nach unserer Ankunft bewirtheten uns die geistlichen Herren mit einem so köstlichen Mahle, wie mir seit dem Aufenthalte zu Konstantinopel nicht zu Theil geworden war.

      So mittelmäßig die Kost und so einfach die Zimmer und deren Einrichtung zu Jerusalem und Nazareth waren, so überaus schön und gut fanden wir hier Alles. In einem eleganten Speisesaale stand ein großer Tisch mit feinem weißen Tischzeug belegt, geschliffene Gläser blinkten uns freundlich entgegen, reinliche Eßbestecke und Porzellanteller fehlten nirgends, ein europäisch gekleideter Diener trug die besten Fastengerichte (es war Freitag) auf, und ein artiger Geistlicher leistete uns Gesellschaft, aber nicht im Essen, denn das, dachte er mit Recht, würde eine so ausgehungerte Kompagnie auch ohne seine Hülfe treffen.

      Auf der ganzen syrischen Reise war dieses Kloster ein wahrer Glanzpunkt für Seele und Körper. Wie wohl würde es uns bekommen haben, wenn hier einige Tage Rast gemacht worden wäre. Allein die Herren hatten noch ein gar weites Ziel vor sich und da ging es nur immer fort und fort.

      Nach dem Essen stiegen wir hinab an das Gestade, und besuchten die große Grotte, die sogenannte Prophetenschule. Diese Grotte gleicht wirklich einem hohen, sehr geräumigen Saale, wo eine Menge Zöglinge Raum fänden, sich die Lehren der Propheten anzueignen.

      Die Grotte, in welcher der heil. Elias lebte, befindet sich oben auf dem Berge in der Kirche. Der Berg Karmel ist ganz öde und nur hin und wieder mit Gestrippe bedeckt. Die Aussicht ist aber wirklich himmlisch. Das Auge kann im Vordergrunde über den unbegränzten Meeresspiegel gleiten, während es wieder unten am Fuße des Berges einen Anhaltspunkt findet an dem nicht unbedeutenden Orte Haifa, der sich freundlich in einem schönen, fruchtbaren Thale ausbreitet, welches sich bis an die hohen Gebirge zieht, deren Schlußgrenzen der Antilibanon und in weiterer Ferne der Libanon bilden. Längs der Meeresküste fällt der Blick auf Aera (Ptolemais), Sur (Tyrus), und Saida (Sidon).

      18. Juni 1842.

      Heut Morgens schickten wir unsere armen todtmüden Pferde leer nach Aera, und wir wanderten Mittags meiner Hitze von 33 Grad zu Fuße nach Haifa, ungefähr eine gute Stunde Weges. Ganz erhitzt und erschöpft gelangten wir bei dem Konsul an, welcher zwar Katholik, in allem übrigen aber ganz nach orientalischer Sitte zu leben scheint. Er ist Ehrenkonsul von Osterreich und Frankreich. Obwohl er nicht zu Hause war, führte man uns dennoch gleich in das Prunkzimmer, wo wir auf weichen Divans ruhten, mit Scherbet von allerhand Farben, als: grünen, gelben, rothen u.s.w. nebst kleinen Schälchen Rosenkaffee, der uns aber nicht schmeckte, und mit Tschibuks (Wasserpfeifen) bedient wurden. Endlich erschien die Gemahlin des Konsuls, eine junge, schöne, stattliche Gestalt in orientalischer Tracht. Sie rauchte ihre Wasserpfeife mit demselben Wohlbehagen, wie die Männer. Zum Glücke war ihr Bruder gegenwärtig, der etwas Italienisch verstand und sprach, und die Güte hatte, den Dollmetsch zu machen. Leider findet man nirgends eine Orientalin, die außer ihrer Muttersprache noch eine andere verstände.

      Nachdem wir uns erholt hatten, fuhren wir in einer Barke nach Acre — ungefähr anderthalb Stunden. Bei der Hinreise nach Jerusalem hatte ich dieses Denkmal des letzten Krieges bloß von außen gesehen, nun konnte ich es auch von innen betrachten, was sich aber wahrlich nicht der Mühe lohnt. Sind die türkischen Städte an sich schon im guten Zustande häßlich, so kann man sich leicht denken, um wie viel mehr erst, wenn sie zerschossen, voll Löcher und Kugeln sind, und der Schutt sowohl vor, als in den Häusern noch herumliegt. Der Eingang zum Kloster führt durch den Hof der türkischen Kaserne, in welcher es sehr lebhaft zuging, und wo wir Gelegenheit bekamen, besser als auf den Posten, einen Überblick über die armselige Bekleidung und über die noch viel armseligere Beschuhung der Mannschaft zu gewinnen.

      Das Kloster ist sehr klein, eigentlich nur ein Wohnhaus, in welchem sich eine Kapelle befindet. Zwei Geistliche und ein Laienbruder machen den ganzen Hausstand des Klosters aus.

      Kaum war ich auf dem mir angewiesenen Zimmer, als eine recht artige Frau kam, die sich mir als die Gattin eines im Dienste des hiesigen Paschas stehenden Arztes aufführte, der sich aber gegenwärtig in Konstantinopel befinde, und mir zugleich bemerkte, daß sie alle Abende mehrere Stunden hier zubringe und die Honneurs des Hauses mache. Dieß war mir eine so ganz neue Erscheinung, daß ich gewiß — stumm geblieben wäre, wenn sie nicht eine recht liebenswürdige geschwätzige Französin gewesen wäre. So aber verplauderten wir den Abend, bis uns die Speiseglocke in das Refektorium rief. Alles, was ich in diesem Kloster sah, war ganz das Gegenteil von dem freundlichen, netten Karmeler-Kloster; der Speisesaal über alle Maßen unrein, zwei schmutzige Tische nebst einigen Bänken die Einrichtung, Tischzeug, Teller u.s.w. dem Übrigen angemessen, und die Kost that sich gerade auch nicht hervor. Wir speisten an zwei Tischen; an dem einen die

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