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wodurch er noch bekloppter aussieht. Weil er einfach nicht lernt, was man fressen kann und was nicht, frisst er einfach alles. Das wiederum führt zu einem »Gasproblem«, wie es der Pfarrer nennt.

      Wie recht er hat. »Lautlos, aber tödlich«, sagt Dad immer.

      »Widerlich«, sagt Jessica, die den Hund noch nie mochte.

      Aber ohne Mister Masch gäbe es die Welt jetzt vielleicht nicht mehr.

      Kein Witz.

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      1. Kapitel

      Es ist sechs Uhr an einem heißen Sommerabend. Ramzy Rahman und ich stehen vor dem Hintereingang des Vergnügungszentrums »Spanish City« und trauen uns nicht zu klopfen. Mister Masch hat gerade ein Magnum verschlungen, das jemandem runtergefallen ist. So wie er sich die Lippen leckt, könnte er glatt noch eins vertilgen. Sogar den Holzstiel hat er mitgefressen.

      Das Stahltor vor uns ist so gigantisch, dass es zusätzlich mit einer normal großen Tür versehen ist. Mitten an dieser normalen Tür befindet sich ein Türklopfer, der eher zu einem verwunschenen Schloss passt: ein grün angelaufener Wolfskopf, der die Zähne fletscht.

      Mister Masch blickt zu dem Wolfskopf auf und zieht die Lefzen hoch, knurrt aber nicht.

      Hinter uns, am Meer, schieben Männer in Shorts Kinderwagen über die Promenade, Autos mit getönten Scheiben rollen über die Küstenstraße und auf dem Radweg strampeln Leute auf Leihrädern. Ramzy stößt mich an, um mich auf Saskia Hennesseys große Schwester aufmerksam zu machen, die nur in Bikini und Flip-Flops mit ein paar Freunden zum Strand flattert. Ich halte den Kopf gesenkt, um nicht erkannt zu werden.

      Über uns ein strahlend blauer Himmel, es ist noch so heiß, dass sich sogar die Möwen in den Schatten verzogen haben. Ramzy ist furchtbar aufgeregt und vollführt mal wieder seinen üblichen Tanz.

      »Ramzy«, sage ich beschwichtigend. »Wir besuchen bloß eine alte Dame. Wahrscheinlich ist sie einsam und will uns nur bei Tee und Scones Fotos von ihren Enkeln zeigen. Und wir sind einfach höflich und bringen die Sache schnell hinter uns. Kein normaler Mensch würde das für ein Abenteuer halten.«

      Ramzy schaut mich an, als wolle er sagen: Ich bin aber nicht normal!

      Schließlich hebe ich die Schnauze des Wolfs und schlage sie einmal kurz und kräftig nach unten. Es dröhnt lauter, als ich dachte, und Ramzy zuckt zusammen.

      Seine Augen leuchten vor Aufregung und er flüstert mir zu: »Tee, Scones, Wölfe und Abenteuer!«

      Frau Dr. Pretorius muss uns erwartet haben, denn sofort werden mehrere Riegel zurückgeschoben und die Tür öffnet sich mit einem zufriedenen Seufzen. (Ramzy grinst. Er wäre enttäuscht gewesen, wenn die Tür nicht geseufzt hätte.)

      Wäre es nach ihm gegangen, hätte es geblitzt und gedonnert, und Dr. Pretorius hätte uns in einem langen schwarzen Cape begrüßt: »Willkommen, Sterbliche!« Oder so ähnlich.

      Stattdessen ist es noch immer sonnig hell und kein bisschen stürmisch, und Dr. Pretorius, die so lang und dürr ist wie ein Katzenschwanz, trägt noch denselben Strickbademantel wie heute Morgen.

      Sie sagt bloß: »Hi«, in ihrem kehligen amerikanischen Akzent. Bloß das: »Hi.«

      Dann dreht sie sich um und taucht in das Innere eines dunklen Lagerraums. Mit ihrem buschigen weißen Schopf auf dem dunklen schmalen Körper erinnert sie mich an einen Zauberstab.

      Nach ein paar Schritten bleibt sie stehen und sieht sich zu uns um. »Worauf wartet ihr? Braucht ihr ’ne schriftliche Einladung? Kommt schon. Den Köter könnt ihr mitbringen, wenn’s sein muss.«

      Am Ende des vollgestopften Lagerraums führt eine schmale Metalltreppe hinauf zu einer Galerie mit Geländer. Da Dr. Pretorius nicht auf uns wartet, sondern weiterläuft, kann ich mich in dem hohen schmuddeligen Raum unbemerkt umsehen. Hier stapeln sich Pappkartons, Ziegelsteine, Zementsäcke, Leitern, Bretter, eine kleine Zementmischmaschine, ein hochkant gestelltes Sofa und ein Container mit Bauschutt. Daneben gibt es aber auch noch Dinge wie einen Pferdesattel, einen Autositz, Barhocker, ein Trimm-dich-Rad, eine riesige Espressomaschine und etwas von der Größe eines alten Wagenrads, das halb verdeckt von einer staubigen blauen Plane auf der Seite liegt.

      Ramzy stupst mich von hinten an. »Psst. Guck dir mal den Multi-Copter an!«

      Natürlich habe ich schon von Drohnen gehört und mir auf YouTube angeschaut, wie man sie steuert, aber in echt habe ich noch keine vor der Nase gehabt. Clem würde sterben vor Neid, wenn er wüsste, dass ich noch vor ihm eine gesehen habe. Dann fällt mir wieder ein, dass ich ja keinem erzählen darf, dass ich hier bin.

      Dr. Pretorius sagt gerade: »… grüner Wolfsklopfer, gefällt der euch? Nennt sich Verdigris. Altfranzösisch für ›das Grün Griechenlands‹. Durch die salzige Luft bildet sich auf dem Messing eine Patina aus Kupfercarbonat. Wie bei der Freiheitsstatue. Aber das wusstet ihr sicher längst, oder etwa nicht?«

      Dazu sagen wir nichts, folgen ihr bloß die Treppe hoch und linsen immer wieder zurück zum Lagerraum und der Drohne, die vielleicht oder sogar wahrscheinlich gar keine ist.

      Oben bleibt Dr. Pretorius stehen und dreht sich um. »Oder etwa nicht?«

      »Doch, doch. Klar.« Ramzy nickt eifrig.

      »Lügner!«, faucht sie und reckt ihm ihr spitzes dunkles Kinn entgegen. Mir fällt auf, dass ihr weißer Afro bebt, wenn sie spricht, und stillsteht, sobald sie schweigt. »Wie lautet die chemische Formel für Kupfercarbonat?«

      Der arme Ramzy! Ihm fällt die Kinnlade runter. Ramzy ist zwar klug, aber so klug nun auch wieder nicht. »Ähm … ähm …«

      Dr. Pretorius wendet sich ab und marschiert mit wehendem Bademantel einfach weiter. »CuCO3«, ruft sie über die Schulter. »Was bringen die euch in der Schule nur bei? Seid ihr immer noch bei Selbstvertrauen und Klimawandel? Ha! Kommt, keine Müdigkeit vorschützen!«

      Während wir hinter ihr hertrotten, klackern Mister Maschs Krallen über den Metallboden.

      Vor einer Flügeltür mitten in einer hohen, gewölbten Wand bleibt Dr. Pretorius stehen und dreht sich zu uns um. Gerade holt sie tief Luft, da wird sie von einem Hustenanfall geschüttelt, der Ewigkeiten dauert. Beim Husten biegt und krümmt sie sich. Es verdirbt ein wenig den dramatischen Moment, aber der Husten verschwindet genauso plötzlich, wie er gekommen ist. Dr. Pretorius richtet sich auf und ihre Züge werden weicher. »Ach herrje! Schaut nicht so erschrocken. Ich werde alt, das ist alles. Wie heißt ihr?«

      »R-Ramzy Rahman. Ma’am.«

      Leise lacht sie in sich hinein, dabei zieht sie einen Mundwinkel nach oben. »Ma’am? Ha! Du hast ja bessere Manieren als ich, Junge. Habe euch einfach zu mir eingeladen, ohne dass wir uns ordentlich vorgestellt haben. Da haben wir also Ramzy Rahman und …?«

      »Georgina Santos. Oder kurz Georgie.« Das mit Ma’am lass ich bleiben. So wie Ramzy habe ich das nicht drauf.

      »Okay, Oder-kurz-Georgie und Ramzy-Ma’am. Damit wollte ich euch auf die Probe stellen. Ab jetzt wird nicht mehr gelogen, klar? Ab sofort vertraue ich euch. Habt ihr irgendjemandem erzählt, dass ihr hier seid?«

      Ramzy und ich schütteln den Kopf und sagen beide: »Nein.«

      »Neeeeein«, sagt sie gedehnt und nimmt ihre dicke Brille ab, um uns mit ihren seltsam blassen Augen anzuschauen. »Also ist es abgemacht?«

      Ramzy und ich nicken, wobei ich nicht ganz sicher bin, was abgemacht ist.

      »Abgemacht«, sagen wir zusammen.

      Scheinbar zufrieden stößt sie die Türflügel auf und knurrt: »Ist das nicht prima? Wir haben eine Abmachung! Willkommen in der Zukunft, meine Täubchen. Hahahahaaa!« Ihr Lachen klettert die Tonleiter immer höher hinauf und endet in einem vergnügten Kreischen.

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