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„Du hast doch keine Angst, die Nacht auf der Fear-Street-Insel zu verbringen, oder?“

      „Nein. Ich glaube nicht.“

      „Halt dich an mich. Ich werde dich beschützen“, sagte er mit übertrieben tiefer, männlicher Stimme.

      „Beschützen vor was? Vor Rickys blöden Witzen?“

      „Ich denke, er ist schon irgendwie komisch“, meinte Pete und bog in die Fear Street ein, hinunter in Richtung Wald. „Auf eine plumpe, seltsame Art.“

      Das Auto holperte über die Straße, die an der Ecke des Fear-Street-Waldes endete, ungefähr fünfzig Meter vom Wasser entfernt. Pete hupte, als die anderen ins Blickfeld kamen. „Alle sind schon da“, sagte Della.

      Sie konnte sehen, dass Gary und Ricky sich über etwas stritten. Maia saß am Wasser. Suki stand neben Gary. Pete hielt das Auto an und stellte den Motor ab. Neben den beiden Kanus, die Gary mitgebracht hatte, waren Rucksäcke und Schlafsäcke aufgetürmt.

      Della winkte ihren Freunden zu und half Pete, ihre Sachen aus dem Kofferraum des Kombis zu holen.

      „Der See sieht so schön aus heute“, sagte sie. Das Wasser war ganz still. Weiße Wolken spiegelten sich darin. Zwei Enten kreischten laut und bewegten ruckartig ihre Köpfe, als sie in der Nähe des Ufers vorbeischwammen. Die Insel war ein niedriger, grüner Hügel am Horizont.

      „Okay. Wir sind alle da. Es kann losgehen“, sagte Gary und sah Della an. Er trug eine verblichene Denim-Jacke über einem roten T-Shirt. Sein blondes, welliges Haar funkelte in der Sonne wie Gold.

      „Er sieht hinreißend aus“, dachte sie. Sie lächelte ihn warm an, und er lächelte zurück. „Gary, ich möchte …“, begann sie.

      Aber Suki stellte sich schnell vor sie. „Ich hab noch nie ein Kanu gepaddelt. Zeigst du mir, wie das geht?“, fragte sie Gary mit kindlicher Stimme.

      „Klar“, sagte er. „Setz dich einfach in die Mitte, und sieh zu. Wer in der Mitte sitzt, paddelt nicht.“

      „Ich nehme dieses Kanu. Ihr könnt das da nehmen“, sagte Ricky. Er sprang in das linke, legte sich auf den Rücken und nahm das ganze Kanu ein.

      „Sehr lustig, Schorr. Erinnere uns später daran zu lachen“, sagte Suki.

      Della musste über Sukis Outfit lächeln. Es war nicht gerade campingmäßig. Ihre Jeans hatten silberne Nieten an den Hosenbeinen. Sie trug ein langes, schwarzes T-Shirt mit einem kürzeren, weißen Guns-N’-Roses-T-Shirt darüber. Wie üblich hatte sie vier verschiedene Ohrringe in jedem Ohr.

      „Hallo, Della. Hier bin ich.“ Maia lief zu Della; obwohl sie lächelte, sah sie besorgt aus.

      „Super“, sagte Della. „Hattest du es schwer mit deinen Eltern?“

      „Nein. Nicht wirklich“, sagte Maia. „Sie wollten nur nicht fahren, als sie mich hier abgesetzt hatten. Sie wollten erst mit Mr Abner sprechen.“

      „Oh nein. Was hast du gemacht?“

      „Schorr hat ein paar Witze gerissen, und sie haben sich entschlossen, lieber das Weite zu suchen“, witzelte Suki.

      „Lass mich in Ruhe“, schrie Ricky aus dem Kanu. „He, wo ist in dem Ding das Gaspedal?“

      „Nein, jetzt mal im Ernst, sie haben es sich anders überlegt“, sagte Maia zu Della. „Aber ich weiß, dass sie herausfinden werden, was wir hier machen.“ Nervös ballte sie ihre Hände zu Fäusten.

      „Sei nicht albern“, sagte Della. „Wie sollen sie das herausfinden?“

      Einige Minuten später paddelten sie, jeweils drei in einem Boot, über den stillen, blauen See zur Insel. „Das Wasser ist so klar heute, dass du die Fische sehen kannst“, sagte Pete und lehnte sich über die Kanuwand.

      Das Kanu neigte sich zur Seite. „Oh, Entschuldigung.“ Er setzte sich wieder gerade hin und paddelte weiter.

      „Willst du schwimmen, Pete?“, rief Ricky aus dem anderen Boot herüber. „Vergiss aber nicht die Schwimmflügel.“

      Niemand lachte. Seite an Seite glitten die beiden Kanus durch das Wasser. Pete und Della paddelten das eine Kanu mit Maia in der Mitte. Gary und Ricky hatten im anderen Kanu die Ruder übernommen. Suki saß praktisch auf Garys Schoß.

      „Wird sie ihn wohl auch nur eine Sekunde aus den Augen lassen?“, fragte sich Della. Sie war entschlossen, so bald wie möglich mit Gary zu reden. Sie hatte die ganze Nacht wiederholt, was sie sagen wollte. Irgendwie wusste sie, dass er zu ihr zurückkommen würde, wenn sie erst mit ihm gesprochen, wenn sie ihn erst um Entschuldigung gebeten hatte. Suki konnte sich jemand anderen suchen. Das dürfte kein Problem für sie sein.

      „Geduld, nur Geduld“, wiederholte Della still, während sie ruderte. Aber es war schwer zu warten. Warum musste man im Leben so oft warten? Selbst wenn man eigentlich Spaß haben sollte, verbrachte man den größten Teil davon mit warten.

      Der Schlag der Paddel auf dem Wasser war jetzt das einzige Geräusch. Della wurde es trotz der kalten Luft richtig warm. Ruhig bewegte sie ihr Paddel im Rhythmus mit Petes. Die Insel wurde größer, je näher sie heranglitten. Vor einer Reihe von Kiefern konnte Della einen steinigen Strand erkennen. Noch ein paar Minuten …

      „Whooa!“ Sie hörte Ricky aufschreien, blickte auf und sah ihn in dem anderen Kanu stehen. Seine Augen waren weit aufgerissen, und er hielt sich die Hand vor den Mund. Das Boot neigte sich von einer Seite zur anderen.

      „Setz dich hin!“, schrie Gary ihm zu.

      „Mir ist so schlecht. Ich werde seekrank!“, rief Ricky und versuchte, sich auf den Beinen zu halten, während das Kanu gewaltig schaukelte.

      „Sei kein Idiot! Du bringst uns zum Kentern!“, schrie Suki.

      Mit der einen Hand hielt Ricky sein Paddel hoch, mit der anderen hielt er sich den Mund zu. „Oh Gott! Ich glaub, ich muss kotzen!“

      „Dann tu das gefälligst im Sitzen!“, schrie Gary.

      „Okay. Super Idee.“ Ricky ließ sich auf seinen Platz zurückplumpsen. Er grinste Gary und Suki an. Natürlich hatte er alles nur gespielt.

      „Das ist nicht lustig, Schorr“, sagte Gary und schüttelte den Kopf.

      „Du solltest deinen Namen ändern“, meinte Suki, die immer noch mitgenommen aussah. „In: Das-ist-nichtlustig-Schorr.“

      „Kommt schon“, sagte Ricky und nahm das Paddeln wieder auf. „Ihr habt doch was zu lachen gehabt, oder? Habt ihr?“

      Keiner antwortete ihm.

      Die Kanus hüpften auf und nieder, als die Strömung in der Nähe des Inselufers stärker wurde. Della genoss die Bootsfahrt, das Gefühl des Paddels in ihren Händen, mit dem sie mit jedem Schlag das Kanu vorwärtstrieb, den kalten Wind auf ihrem Gesicht, das Spritzen und Wogen des bewegten Wassers.

      Ein paar Minuten später zogen sie die Kanus den Strand hinauf. „Ich wäre gern noch weitergefahren“, sagte sie zu niemand Besonderem. „Es war so schön auf dem Wasser.“

      „Auf dem Festland ist es bedeutend schöner“, sagte Suki. Sie ließ das Kanu los, um ihre Hände zu untersuchen. Sie hatte sich einen ihrer purpurnen, künstlichen Fingernägel abgebrochen. „Was soll ich jetzt machen? Ich habe keinen Ersatz dabei“, murrte sie.

      „Was nicht tötet, härtet ab“, witzelte Ricky. Suki streckte ihm die Zunge heraus und folgte den anderen, die die Kanus über den kleinen Streifen Kieselsteine bis zu den Bäumen zogen.

      „Hier müssten wir sie lassen können“, sagte Gary und ließ am Fuß einer großen Kiefer den Bug seines Kanus los.

      „Ist schon Essenszeit?“, fragte Ricky. „Können wir eine Pizza oder sonst was bestellen?“

      „Gute Idee. Warum holst du keine?“, fragte Suki und warf ihren abgebrochenen Fingernagel in den Sand. „Wir

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