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sie sich wegen des Sofas Sorgen machte, die Slipeinlage könne eventuell nicht genügen, und auch, weil es vielleicht eklig war, die Tage zu haben – ob Männer es so sahen? –, spürte sie auch die übliche, unerklärliche Freude.

      Ohne den Gedanken ganz zu Ende gedacht zu haben, empfand sie es als angenehm, den Eisgang in ihrem Körper zu spüren. Sie mochte diesen aus ihr rinnenden warmen Strom, die halbgeronnenen Fäden dunkelroten Blutes, umgeben von helleren Flecken, die ihre Binden und Einlagen zeichneten. Sie liebte ihren Körper, wenn er die Schleimhaut wechselte, wenn er lebte und ein eigenes Leben führte, wenn die Organismen sich rührten und bewegten, zwar in ihrem Inneren, aber doch außerhalb ihrer Kontrolle. Und sie fühlte mit ihrem ganzen Bewußtsein eine tiefe, innere Sehnsucht, Leben zu schaffen, ein neues Leben, in diesem Körper.

      Doch am Montag war sie gezwungen, wieder am Arbeitsplatz zu sein. Und noch immer hatte sie nicht einmal einen festen Freund, über den sie als potentiellen Vater nachgrübeln, den sie für diese Rolle in Betracht ziehen konnte.

      »Meine Arbeit gefällt mir bestens«, hörte Gunvor sich jetzt sagen. »Ich fühle wirklich, daß ich am richtigen Platz gelandet bin. Und flotte Kerle gibt es da auch.«

      Wo kamen diese Worte her? Nicht, daß sie ihre Arbeit im Ernst haßte, doch das einzige, was sie während der Arbeitszeit fühlte (außer einem ständig nagenden Hunger in sich, der sie zwang, an allem möglichen, von Mohrrüben bis Schokoladentafeln, herumzuknabbern), war die tiefe, innere Überzeugung, daß das Leben einen anderen Sinn haben mußte als den, Bonitätsanalysen zu erstellen. Analysen außerdem, deren Richtigkeit sie nicht einmal selbst würde bestätigen, noch weniger beschwören wollen. Wer konnte garantieren, daß die Bonität einer Firma eine sichere Investition verbürgte? Wer konnte den Markt voraussagen?

      Dazu waren Zauberei und Magie vonnöten.

      Und das war vermutlich auch vonnöten, um Gunvor einen Mann zu beschaffen.

      Lizzie kümmerte es im Augenblick nicht, ob Gunvor die Wahrheit sagte oder nicht. Sie konzentrierte sich ganz darauf, Stella und Catta zu beobachten. Wie üblich steckten die beiden mitten in ihrem ewigen, stummen Ritual von Eifersucht und Neid, Eigenliebe und Verliebtheit ineinander. Wie unglaublich anders sie sein mußten als sie selbst!

      Lizzie würde die geheimen Spiele, die sie trieben, niemals ertragen können, diesen ewigen Tanz auf Zehenspitzen voreinander und umeinander, die Abhängigkeit voneinander ständig verneinend und dennoch außerstande, die Augen voneinander zu lösen. Stella und Catta waren auf irgendeine Weise Zwillingsseelen, doch kämpften sie mit aller Macht, um ihre Verschiedenheit zu betonen. Gunvor ihrerseits landete dabei völlig natürlich und ganz von selbst in der Rolle entweder der Hofdame oder des Hofnarrs. Nur sie selbst, Lizzie, schien ständig mit dem Gesicht im Schatten zu stehen.

      Fühlte sie sich deshalb so ausgeschlossen, weil sie es nicht ertrug, im Zentrum zu stehen, mitten im Licht der Aufmerksamkeit? Sie hatte es nie getan, hatte nie Sehnsucht danach verspürt oder – falls es dennoch so war – nie gewagt, den Gedanken zu Ende zu denken, sie könne genügend Anziehungskraft besitzen, um ein natürlicher Mittelpunkt zu sein. Das, was den anderen die Luft zum Leben war, war für sie ein fremdes Gas, ein Luftzug, den der Wind in ihr Dasein hinein und wieder hinaus trug, doch den sie niemals selbst verursachen konnte.

      Tief in sich fühlte Lizzie, daß sie viel zu gewöhnlich für diese Geschöpfe hier war. Sie war so gewöhnlich, daß es nicht einmal jemanden gab, mit dem sie sich hätte vergleichen können. Die meisten Menschen, denen sie begegnete, waren wandernde Konstellationen aus Phobien, Frustrationen und mangelndem Selbstgefühl. Sie selbst war ungewöhnlich ausgeglichen und verhältnismäßig glücklich – oder war es zumindest bis vor kurzem gewesen. Sie war nicht interessant, nicht kapriziös, konnte niemanden fesseln, war nicht verrückt oder etwas Besonderes. Sie war nur Lizzie.

      Lizzie hatte glattes, schulterlanges blondes Haar und völlig gerade Augenbrauen. Sie war weder hübsch noch häßlich.

      Natürlich nicht.

      3.

      Dennoch war ihr Frank begegnet. Wie merkwürdig eigentlich, im nachhinein, daß es so gekommen war! Sie hatte schließlich zusammen mit den drei anderen die Party besucht, sie alle waren dort gewesen, bereit ihn als erste zu umgarnen. Na ja, vielleicht nicht Gunvor, aber Catta und Stella ganz entschieden. Lizzie erinnerte sich genau, was die beiden angehabt hatten. Was sie selbst trug, hatte sie längst vergessen.

      Frank war auf sie zugekommen und hatte sich vorgestellt. Er hatte durch seinen Bruder, der auch Gedichte schrieb, von ihr gehört. Lizzie hatte sich sehr gut an Franks Bruder erinnern können. Bei einem Essen mit Freunden hatte er neben ihr gesessen, und bei einer Diskussion über Poesie waren sie aneinandergeraten. Danach hatte er sie zu überreden versucht, mit zu ihm zu kommen, aber, im Unterschied zu ihm, hatte Lizzie keinen sexuellen Reiz an ihren Differenzen gefunden; ganz im Gegenteil. Ihr war er häßlich und dumm erschienen.

      Als Frank auf sie zugekommen war, hatte sie sofort die verschiedenen Möglichkeiten in Betracht gezogen. Hatte der Bruder gelogen und gesagt, sie sei eine leichte Beute? Oder gab es zwischen den Brüdern einen Konflikt, der beide reizte, stets die Schlappen des anderen für sich zu nutzen? Erst in den frühen Morgenstunden, über zwei Tellern mit Janssons Versuchung (ein Gericht, das sie normalerweise verabscheute), hatte Lizzie allen Ernstes die Möglichkeit erwogen, er könne wirklich um ihrer selbst willen an ihr interessiert sein, könnte tatsächlich ihre Lyrik gelesen und sich darin heimisch gefühlt haben.

      Er, Frank, dieser unerreichbare, liebenswürdige, attraktive und dynamische Halbgott, von dem sie bisher nur durch Freunde und Bekannte von Freunden gehört hatte.

      Ein halbes Jahr später war Frank Mensch geworden, im wahrsten Sinne des Wortes. Als Lizzie in der Kirche ja gesagt hatte, flankiert von Catta in Grünblau, Stella in leuchtendem Rosa und Gunvor, die den Brautstrauß fest umklammerte, in Dunkellila, hatte sie gefühlt, daß das Unmögliche eine Angelegenheit geworden war, die sie tatsächlich bewältigen konnte. Ihre Brautjungfern waren vielleicht attraktiver, reizender, beliebter und ausgefallener als sie, aber der Mann rechts von ihr mit dem Ring am Finger gehörte zu ihr.

      Und sie hatte das bekommen, was sie so heiß ersehnt hatte: soziale Zugehörigkeit. Mit Frank an ihrer Seite konnte keiner sie mehr Bauerntrampel, Proletin und Emporkömmling schimpfen, wie in schwarzen Momenten in Lundsberg. Jetzt gehörte sie statt dessen zur gutsituierten oberen Mittelschicht. Jetzt war sie Franks Ehefrau, mit einem Recht auf seinen Besitz und sein Haus, sein Vermögen und seinen Bekanntenkreis, seinen Namen und seine Stellung, und keiner konnte jemals das Gegenteil behaupten.

      Die alte Lizzie gab es nicht mehr. Jetzt war sie die Frau von Frank.

      Und das war noch nicht alles. Sie selbst war tatsächlich auch tüchtig geworden, hatte ihre Rolle als Studentin gegen die der selbstversorgenden Freiberuflerin mit gutem Einkommen eingetauscht. Und bald stand ein erneuter Rollentausch bevor: von der Freiberuflerin zur Mutter. Das würde herrlich werden, redete sie sich ein, es war nicht auszudenken, wie herrlich es werden würde. Sie würde den ganzen Tag Hausfrau sein. Das war, weiß Gott, auch eine Arbeit! Und außerdem eine, von der sie immer geträumt hatte, ein Traum, den sie vielleicht von ihrer Mutter geerbt hatte, doch sei dem, wie es wolle, jetzt endlich würde er Wirklichkeit werden.

      Hausfrau! Mutter!

      Ihr neuer Job.

      Aber warum fiel es ihr dann so schwer, sich auf Kosten der anderen Tätigkeiten für diese Arbeit zu engagieren? Das Artikelschreiben und die Texte fürs Fernsehen, die spärlichen Poeme, warum konnte sie sie nicht einfach aufgeben, ohne das Gefühl zu haben, sie löse sich in all ihrer verhaßten, ehrgeizigen Bäurischkeit an den Rändern auf und verschwinde einfach?

      »Das wird wunderbar«, sagte Lizzie als Antwort auf die Fragen der anderen.

      »Heißt das, du willst völlig aufhören zu arbeiten?« fragte Stella verblüfft.

      »Willst du nicht nur auf die Hälfte runtergehen?« versuchte Gunvor. »Vielleicht fällt dir die Decke auf den Kopf, wenn du nur zu Hause bist!«

      »Ich würde mir das sehr überlegen«,

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