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      „Mir wird es nicht geschehen“, erklärte der Kapitän trotzig; „bis jetzt habe ich mich auf meine zwei Fäuste verlassen können, und wenn die nicht mehr genügen, habe ich auch noch zwei Revolver. Einer der Kerle soll auch nur quieken, und er kann dann sehen, was geschieht.“

      Am nächsten Tag führte er diese Drohung aus. Wegen eines leichten Missverständnisses hinsichtlich der Ausführung eines Befehls hatte er einen Matrosen mit einem Schlag niedergestreckt. Im Sturz schlug der Mann schwer mit dem Hinterkopf auf und blieb betäubt liegen. Wafi, der ganz in der Nähe stand, eilte heran, um den Matrosen aufzuheben. Als er sich bückte, schlug der Kapitän auch auf den Schwarzen los und streifte ihn an der Schulter. Blitzschnell sprang der Zulu-Riese auf. Seine wilden Instinkte waren in ihm geweckt, seine Augen funkelten. Mit beiden Händen packte er Dondy, riss ihn wie ein kleines Kind hoch und rannte mit ihm an die Reling.

      5 Drohende Meuterei

      Nie zuvor in seinem Leben war Kapitän Dondy dem Tod so nahe gewesen. Wafi hielt ihn mit ausgestreckten Armen hoch, um ihn in das Meer zu schleudern, als mit einem Mal zwei Arme den Schwarzen von rückwärts umklammerten.

      „Halt, Wafi“, erklang Bombas Stimme. „Bomba spricht zu dir.“

      Keine andere Stimme als die Bombas hätte den wütenden Schwarzen aufhalten können. Bombas Worte aber wirkten bei ihm wie ein Zauber. Nicht allzu sanft stellte er den Kapitän auf das Deck zurück.

      „Bomba spricht und Wafi gehorcht“, sagte er.

      „Dafür werde ich dich noch bekommen, du höllischer Nigger“, brüllte der Kapitän.

      „Sie werden gar niemand bekommen, Kapitän Dondy“, sagte Andrew Bartow, der schnell näherkam. „Sie können Ihrem Glücksstern danken, dass Sie in diesem Augenblick noch leben. Sie haben meinen Diener geschlagen, ohne im mindesten provoziert zu werden, und Sie haben dafür nur bekommen, was Sie verdienen. Oh, starren Sie mich nicht so an“, fuhr er fort, als Dondy ihn giftig ansah; „ich bin keiner der unglücklichen Matrosen, die unter Ihrem Befehl stehen. Mich und meinen Diener, der genau so wie ich Passagier ist, können Sie nicht tyrannisieren. Wenn ich berichten sollte, was ich auf diesem Schiff selbst erlebte und mit eigenen Augen gesehen habe, würde man Ihnen das Kapitäns-Patent abnehmen, sobald wir London erreichen. Vielleicht lohnt es sich für Sie der Mühe, das einmal zu bedenken.“ Dann wandte er sich an Wafi. „Wafi, du gehst besser in deine Kabine“, sagte er, und der Zulu gehorchte sofort.

      Kapitän Dondy raffte seine ganze Würde zusammen; ohne eine Antwort an Mr. Bartow ging er in die Kajüte und überließ den Befehl an Deck dem Ersten Offizier Carson.

      Der Vorfall hatte geradezu sensationell gewirkt. Der größte Teil der Mannschaft war Zeuge der Demütigung des Kapitäns gewesen. Die allgemeine Begeisterung war groß, obwohl die Matrosen sich bemühten, ihre Freude vor den Offizieren nicht zu zeigen. Im Vorschiff jedoch ließen sie ihren Gefühlen freien Lauf. Andrew Bartow war freilich nicht so gehobener Stimmung, als er mit Bomba in der Kabine über den Vorfall sprach.

      „Der Kerl hat schließlich nicht mehr bekommen, als er verdiente“, sagte er nachdenklich; „wir hätten auch nicht anders handeln und unsere Selbstachtung bewahren können, aber trotzdem, es tut mir leid, dass es geschehen ist.“

      „Warum?“, fragte Bomba.

      „Weil der Vorfall so oder so die Disziplin an Bord stören wird. Er verringert den Respekt, der von den Matrosen dem Kapitän entgegengebracht werden muss. In ihrer augenblicklichen Stimmung könnte der Vorfall sie ermutigen, noch weiter vorzugehen, als sie es sonst getan hätten. Trotzdem ist es zwecklos, sich jetzt darüber zu sorgen.“

      Andrew Bartow sprach jetzt in leichterem Ton.

      „Wenn der Kapitän seine Melodie etwas ändern würde, könnte sich die Verstimmung der Mannschaft vielleicht legen, jedenfalls wollen wir es hoffen.“

      Diese Hoffnung verwirklichte sich allerdings nicht. Obwohl der Kapitän in Anwesenheit der Passagiere zurückhaltender war, wurde er in ihrer Abwesenheit tyrannischer denn je. Er war der Typ eines Mannes, der nichts aus der Erfahrung lernt. Es war daher kein Wunder, dass das Unvermeidliche schon bald darauf geschah.

      In einer dunklen Nacht, als Kapitän Dondy noch brutaler als üblich gewesen war, sauste ein schwerer Schraubenschlüssel, von unsichtbarer Hand geschleudert, durch die Luft. Wenn das Wurfgeschoss den Kapitän voll getroffen hätte, wäre ihm der Schädel zerschmettert worden. Aber auch so verursachte es eine tiefe Kopfhautwunde. Dondy stürzte betäubt auf das Deck. Offiziere und Stewards eilten zu ihm und trugen ihn in seine Kajüte. Der Schiffsarzt, der eilig gerufen wurde, erklärte nach einer Untersuchung, der Kapitän sei nicht ernstlich verletzt, werde aber für zwei Tage das Bett hüten müssen. In logischer Folge übernahm in dieser Zeit Carson den Befehl der ‚Pamela‘. Er ließ eine scharfe Untersuchung durchführen; es gelang aber nicht, den Schuldigen festzustellen. Alle Angehörigen der Besatzung leugneten auch im schärfsten Verhör, etwas von dem Vorfall zu wissen.

      Carson fühlte sich sichtlich beunruhigt, wie die Dinge jetzt lagen. Er war zwar ein erfahrener Seemann und genauso fähig wie Dondy, ein Schiff zu führen, aber er ahnte, dass sich eine Meuterei zusammenbraute. Da seine Besorgnis immer noch wuchs, vertraute er einige seiner Gefühle Andrew Bartow an, mit dem er sich sehr angefreundet hatte.

      „Ich gebe ehrlich zu, dass mir eine große Last vom Herzen fallen wird, wenn wir den Hafen erreicht haben“, sagte er, als die beiden eines Tages an Deck auf- und abgingen. „Seit meiner Schiffsjungenzeit fahre ich jetzt dreißig Jahre zur See, aber diese Fahrt ist die schlimmste, die ich je mitgemacht habe.“

      „Es hat auch eine Anzahl unerfreulicher Vorfälle gegeben“, gab Mr. Bartow zu.

      „Das kann man wohl sagen“, antwortete Carson betont. „Da war die Sache mit dem tollen Elefanten, dann die Überlastung des Schiffes durch die Mannschaft der ‚Betty Jane‘ und vorher schon das Aufsitzen auf die Untiefe, dass der ‚Pamela‘ nicht gerade genützt hat. Seetüchtig war sie ohnehin nicht allzu sehr. Dann kam noch der Zusammenstoß des Zulu mit dem Kapitän und als Höhepunkt der Wurf aus dem Dunkeln, der den Kapitän niedergestreckt hat. Ich bin kein abergläubischer Mann, aber es scheint so, als ob das Schiff verhext sei.“

      „So schlimm ist es ja wieder nicht“, lächelte Mr. Bartow. „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Ihnen einen Vorschlag mache?“

      „Aber keineswegs“, antwortete Carson sofort. „Ich höre ihn mir nur zu gern an.“

      „Es ist wirklich nur ein Vorschlag“, sagte Bartow entschuldigend, „aber ich habe mich gefragt, ob es nicht eine gute Idee wäre, wenn man der Mannschaft etwas Freude und Entspannung gewährt. Das würde die Gedanken der Männer von ihren Sorgen ablenken; sie würden dann nicht zu viel über die Meuterei nachbrüten. Sie sehen ja selbst, die Matrosen sind hundemüde und verzweifelt. Sie wurden hart angetrieben und sind mürrisch und verstimmt. Wenn wir ihnen jetzt eine kleine Freude bereiten würden, wenn sie fröhlichere Gesprächsstoffe hätten, glauben Sie nicht, dass das mürrische Wesen verschwindet?“

      „An dem, was Sie sagen, ist schon etwas“, meinte Carson nachdenklich. „Matrosen gleichen häufig Kindern, sie lassen sich leicht ablenken. Aber wir haben ja kein Bordkino, wir haben auch kein Orchester. Was würden Sie vorschlagen?“

      „Ich glaube, mein Sohn brächte schon etwas zuwege, was alle ablenkt.“

      „Und was soll das sein?“, fragte Carson.

      „Nun, einige Darbietungen mit der Schusswaffe, mit dem Gewehr oder mit dem Pfeil und Bogen“, antwortete Andrew, „vielleicht auch etwas Messerwerfen von einer Art, dass den Leuten die Augen vor Staunen aus dem Kopf fallen. Wie wäre es damit?“

      „Großartig!“ rief der Erste Offizier begeistert. „Wir wollen es gleich heute Nachmittag ausprobieren, das heißt, wenn Ihr Sohn dazu bereit ist. Viel Zeit zur Vorbereitung bleibt ihm ja nicht.“

      „Bomba genügen fünf Sekunden“, lächelte der stolze Vater.

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