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Die Stadt am Meer - Nonni's neue Erlebnisse. Jón Svensson
Читать онлайн.Название Die Stadt am Meer - Nonni's neue Erlebnisse
Год выпуска 0
isbn 9788711445693
Автор произведения Jón Svensson
Серия Nonni
Издательство Bookwire
„Auch auf diesen Turm“, erklärte mir Herr Foss, „führt ein spiralförmiger Weg hinauf, gerade wie hier auf den Runden Turm. Aber man geht dort aussen hinauf, um den Turm herum, nicht inwendig wie hier.“
„O, da möchte ich auch hinaufsteigen, Herr Kapitän! Könnten wir nicht gleich hingehen, wenn wir mit dem Runden Turm fertig sind?“
„Nein, Nonni, das können wir heute nicht mehr. Die Erlöserkirche liegt ganz dort draussen auf der Insel Amager!“
„Amager? Was für eine Insel ist das, Herr Kapitän?“
„Wie? Du kennst die Insel Amager nicht, Nonni?“
„Nein, Herr Kapitän.“
„Gut, dann schau hierher.“ — Der Kapitän deutete mit der Hand nach Südost, wo er mir die Erlöserkirche gezeigt hatte, und sagte: „Gerade dort ist die Insel Amager. Dort fängt sie an. Sie ist genau eine Quadratmeile gross, und auf ihr steht ein Teil der Stadt Kopenhagen. Die meisten Einwohner von Amager sind aber Holländer.“
„Wie kommen denn die Holländer dahin, Herr Kapitän?“ unterbrach ich ihn.
„Die sind schon lange dort, Nonni. Sie haben die Insel von König Christian IV. erhalten gegen die Verpflichtung, dass sie dort Gemüsebau treiben und Kopenhagen mit Gemüse versehen.“
„Und das tun sie jetzt noch immer, Herr Kapitän?“
„Gewiss. Sie ziehen aber auch Blumen und Obst. Die ganze Insel ist ein einziger grosser Garten. Da ist alles flach und eben, und man sieht dort, wenn man hindurchgeht, fast nichts als lauter Gemüse und Obst und Blumen.“
„Das muss dann aber sonderbar aussehen, Herr Kapitän. Kann man nach der Insel Amager leicht hinüberkommen?“
„O ja, es ist gar nicht schwer. Es führen ein paar grosse Brücken hinüber, und man kann auch mit Fährkähnen hinüberfahren. Es sind immer Leute da, die sich auf dem Wasser hin und her fahren lassen.“
„Dann werde ich auch mit einem Fährboot mal hinüberfahren!“ sagte ich. „Das ist viel schöner, als wenn man über die Brücken geht.“
„So, was willst du dann dort machen?“
„Ich will die ganze Insel durchwandern und sehen, wie es dort ist.“
„Das heisst, du willst so eine kleine Entdeckungsreise machen?“ bemerkte scherzend der Kapitän. — „Da kann ich dir gleich noch eine andere Gegend zeigen, dort im Norden, die ist noch schöner als Amager. — Siehst du die grossen Wälder dort drüben?“
„Was ist das, Herr Kapitän?“
„Das ist der berühmte ‚Dyrehave‘, der Tiergarten von Kopenhagen, einer der schönsten auf der Welt.“
„Den kenne ich, Herr Kapitän! Ich habe schon viel von ihm gehört. Es sind mehr als tausend Hirsche drin. Und da ist auch der ‚Dyrehavsbakken‘, wo es die vielen Belustigungen gibt, und wo so viel Musik gemacht wird mit allen Musikinstrumenten auf einmal.“
Der Kapitän lächelte. „Das stimmt“, sagte er; „auf dem Dyrehavsbakken geht es immer lustig her. — Aber nun schau auch einmal dort hinüber zu dem grossen Wasser! Das ist der Öresund. Er ist einer der schönsten und meist befahrenen Wasserwege der Erde.“
Das konnte man auch jetzt soeben sehen. Denn überall auf dem Sund herrschte das regste Leben. Ich war nicht imstande, die vielen Dampfer und Segelschiffe zu zählen, die dort im hellen Sonnenschein nach allen Seiten hin auf dem schimmernden Wasser sich bewegten.
Dazu kamen noch die grossen grünen Laubwälder am Strande entlang, welche diese herrliche Wasserstrasse so lieblich begrenzen.
„Herr Kapitän!“ rief ich aus, „diese schöne Gegend habe ich schon gestern kennengelernt, als wir durch den Sund von Kronborg nach Kopenhagen segelten. Dort drüben, im Norden, liegt Helsingör und Hölsingborg. Und dann kommen auf der dänischen Seite die Städte Skodsborg, Klampenborg und Charlottenlund mit dem königlichen Schloss. Und dort mitten im Sund liegt die Insel Hven, wo der dänische Astronom Tycho Brahe in seinem grossen Schloss Uranienborg gewohnt hat.“
„Ganz richtig, Nonni. Wer hat dir denn alle diese Namen gesagt?“
„Owe und der Steuermann, Herr Kapitän. Ich konnte sie bald alle auswendig. Diese Orte sind so schön, dass ich sie nie mehr vergessen werde.“
Entzückt von der Pracht und Schönheit der Natur, die sich hier weithin wie ein gewaltiges Gemälde in den glänzendsten Farben entfaltete, liess ich langsam meinen Blick über die unendlichen Waldgründe von Charlottenlund, Klampenborg und Skodsborg schweifen, und über die spiegelglatten, blinkenden Fluten des Sundes, in welche die ganze Lieblichkeit des azurblauen Himmels sich hineingesenkt zu haben schien.
Als ich dann wieder die schwedische Küste jenseits des Sundes sah, da bekam ich plötzlich einen ganz neuen Einfall:
„Herr Kapitän!“ fragte ich eifrig, „wissen Sie, woran ich jetzt denke?“
„Nein, das weiss ich nicht, Nonni.“
„... Ich möchte einmal in einem kleinen Kahn über den Sund nach Schweden hinüberfahren!“
Herr Foss lachte laut auf. „Das ist aber ein merkwürdiger Einfall von dir“, sagte er. „Diese Fahrt wirst du so schnell nicht machen, mein Lieber!“
„Glauben Sie, Herr Kapitän? — Das würde mir aber sehr leid tun. Ich möchte so gern einmal nach Schweden kommen.“
„Ja, aber doch nicht im offenen Kahn, Nonni! Was denkst du nur?“
„O, ich bin aber sehr gut ans Meer gewöhnt, Herr Kapitän!“
„So? Was hast du denn bisher auf dem Meere geleistet, kleiner Freund?“
„Ich habe zu Hause meinen eigenen Kahn gehabt und bin oft im Eyjafjörður herum gerudert und gesegelt.“
„Aber so weit wie von hier bis nach Schweden bist du sicher niemals auf deinem Kahn gefahren.“
„Doch, Herr Kapitän, einmal.“
„Wirklich? — Weisst du aber auch, wie weit es von hier bis zur schwedischen Küste ist?“
„Nicht genau, Herr Kapitän.“
„Gut, dann will ich es dir sagen: es sind mehr als dreissig Kilometer.“
„Dann bin ich aber mit meinem Bruder Manni schon weiter auf dem Meere draussen gewesen!“
Herr Foss schaute mich fragend an. — „Und das soll ich dir glauben?“ sagte er.
„Ja, Herr Kapitän, wir sind einmal ganz allein von Akureyri bis zur Mündung des Eyjafjörður gefahren!“
„Von Akureyri bis zur Mündung des Eyjafjörður!? — Das ist nicht möglich, Nonni! Das wären ja sechzig Kilometer! doppelt so weit wie von hier nach Schweden!“
„Ja, Herr Kapitän; der Eyjafjörður ist sechzig Kilometer lang.“
„Aber Nonni, so etwas darfst du doch mir nicht erzählen! Ich bin Seemann und kann über solche Dinge urteilen.“
„Wir sind aber wirklich bis zur Mündung des Eyjafjörður gekommen, Herr Kapitän.“
„Nun, dann bin ich aber doch gespannt, wie das zuging, mein Freund. Erzähle mir mal die näheren Umstände.“
Diese Frage brachte mich ein wenig in Verlegenheit. Die Sache war nämlich die: Mein kleiner Bruder Manni und ich kamen bei jener Kahnfahrt in die grösste Lebensgefahr. Wir verirrten uns im Nebel, wurden von einem reissenden Strom ins offene Meer hinausgetrieben und dann schliesslich von dem französischen Kriegsschiff