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in der Dritten Welt und schließlich der wachsende Sektor von Sozialdienstleistungen in all ihren Formen (Pflegepersonal, Servicepersonal …), der vor Ausbeutung ebenso strotzt. Einzig die erste Gruppe (die selbständigen, oft prekär Arbeitenden) passen in Hans Beschreibung.

      Jede dieser drei Gruppen birgt eine bestimmte Weise, müde und überarbeitet zu sein. Die Fließbandarbeit ist einfach dadurch zehrend, dass sie so repetitiv ist. Weil sie wieder und wieder das gleiche iPhone zusammensetzen müssen, während sie an einem Tisch in einer Foxconn-Fabrik in einem Vorort von Shanghai sitzen, befinden sich die Arbeitenden am Rande der Erschöpfung. Im Gegensatz zu dieser Müdigkeit ist das, was die sozialen Berufe so anstrengend macht, die Tatsache, dass erwartet wird, diese Arbeit mit Empathie auszuführen: als sorge man sich um die „Objekte“ der Arbeit. Erziehende in Kindergärten werden nicht nur dafür bezahlt, auf die Kinder aufzupassen, sondern auch dafür, ihnen Zuneigung zu zeigen. Das Gleiche gilt für diejenigen, die sich um die Alten und Kranken kümmern. Man kann sich leicht vorstellen, wie anstrengend es ist, immer „nett zu sein“. Im Gegensatz zu den beiden ersten Bereichen, in denen immerhin irgendeine Form innerer Distanz zur Tätigkeit gewahrt werden kann (sogar, wenn man von uns erwartet, ein Kind nett zu behandeln, können wir ja einfach so tun, als ob), verlangt der dritte Bereich etwas von uns, das noch viel ermüdender ist. Stellen Sie sich vor, dafür angestellt zu werden, ein Produkt zu bewerben oder zu vermarkten, um Menschen davon zu überzeugen, es zu kaufen – sogar, wenn einen das Produkt nicht interessiert oder man die Idee hinter diesem Produkt verachtet. Man muss viel Kreativität aufbringen, um originelle Lösungen zu finden, und solch ein Aufwand kann viel erschöpfender sein als repetitive Fließbandarbeit. Das ist die spezifische Müdigkeit, von der Han spricht.

      Aber nicht nur die prekären Beschäftigten, die zuhause an ihren Computerbildschirmen sitzen, erschöpfen sich durch Selbstausbeutung. Auch eine andere Gruppe sollte hier erwähnt werden, die für gewöhnlich mit der betrügerischen Bezeichnung „kreative Teamarbeit“ belegt wird.14 Von diesen Arbeitenden erwartet man, dass sie im Namen des höheren Managements oder der Besitzer unternehmerische Funktionen ausfüllen. Sie setzen sich „kreativ“ mit der gesellschaftlichen Organisation der Produktion und der Distribution auseinander. Die Rolle solcher Gruppen ist ambivalent: einerseits „gehen die Arbeiter, indem sie sich die unternehmerische Funktion aneignen, innerhalb der eingeschränkten Form von Profitabilität mit dem gesellschaftlichen Charakter und der Bedeutung ihrer Arbeit um. […] Die Fähigkeit, die Arbeit und die Kooperation effizient und wirtschaftlich zu organisieren und über den gesellschaftlichen Wert der Arbeit zu reflektieren, war für die Menschheit schon immer nützlich und wird es immer bleiben.“15 Jedenfalls ordnen sie sich dabei fortwährend dem Kapital unter, das heißt, ihr Ziel ist es, das Unternehmen effizienter und profitabler zu machen. Diese Spannung ist es, die die „kreative Teamarbeit“ so erschöpfend macht. Sie werden für den Erfolg des Betriebs verantwortlich gemacht, während mit ihrer Teamarbeit sowohl die Konkurrenz untereinander als auch die Konkurrenz mit andern Gruppen einhergeht. Als Organisatoren des Arbeitsprozesses werden sie dafür bezahlt, eine Rolle auszuüben, die traditionell von den Kapitalisten übernommen wurde. Da sie die Sorgen und die Verantwortung des Managements übernehmen und dabei trotzdem Lohnarbeiter mit einer unsicheren Zukunft bleiben, vereint ihr Los das Schlechteste aus beiden Welten.

      Solche Klassenunterteilungen haben im Rahmen der Corona-Panik eine neue Dimension erlangt. Wir werden mit Aufforderungen bombardiert, von zuhause aus der sicheren Isolation zu arbeiten. Aber welche Gruppen können das tun? Prekäre geistig Arbeitende und Manager, die ihre Zusammenarbeit mithilfe von E-Mails, Telefon- und Webkonferenzen fortsetzen können, sodass die Arbeit mehr oder weniger ohne Unterbrechung weiterläuft – selbst dann, wenn sie zuhause in Quarantäne sitzen. Vielleicht haben sie sogar noch mehr Zeit, um „sich selbst auszubeuten“. Aber was ist mit denen, die draußen arbeiten müssen, in Fabriken und auf Feldern, in Läden, Krankenhäusern oder im öffentlichen Nahverkehr? Viele Dinge müssen draußen, wo es unsicher ist, stattfinden, damit andere in ihrer privaten Quarantäne überleben können …

      Zu guter Letzt sollten wir der Versuchung widerstehen, strenge Selbstdisziplin und eine Hingabe an die Arbeit zu verurteilen, und eine Take it easy-Mentalität zu propagieren – Arbeit macht frei! bleibt das richtige Motto, auch wenn es von den Nazis brutal missbraucht wurde. Sicher, für viele, die die Auswirkungen der Pandemie bekämpfen, ist es harte Arbeit – aber es handelt sich um sinnvolle Arbeit, die dem Wohl der Gemeinschaft dient und die auf gewisse Weise befriedigend ist, und nicht um die stupide Anstrengung, auf dem Markt erfolgreich zu sein. Wenn medizinisches Personal vor lauter Überstunden todmüde ist, wenn Pflegepersonal von einer anspruchsvollen Aufgabe erschöpft ist, dann handelt es sich dabei um eine Müdigkeit, die sich von der Erschöpfung unterscheidet, die diejenigen befällt, die zwanghaft an ihrer Karriere arbeiten. Ihre Müdigkeit ist der Mühe wert.

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