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trägt. Diesem Mann folgt« (Markus 14,13). Das Wasserholen ist zu jener Zeit eigentlich Frauenarbeit, und deshalb fällt ein Mann, der Wasser holt, in den geschäftigen Straßen von Jerusalem schon auf.

      Es gibt Menschen, die glauben, dass Jesus auf wundersame Weise gewusst hat, was ihm bevorstand. Andere sind der Meinung, dass er einfach im Voraus alles für das Passahmahl arrangiert hatte. Wie auch immer, Jesus sagt jedenfalls zu den beiden Jüngern: »Diesem Mann folgt, bis er in ein Haus geht. Dem Besitzer des Hauses sollt ihr sagen: ›Unser Lehrer lässt fragen: Wo ist der Raum, in dem er mit seinen Jüngern das Passahmahl feiern kann?« (Markus 14,14).

      Nebenbei bemerkt, war jemand, der damals ein solches Haus besaß, reich und ging deshalb ein hohes Risiko damit ein, jemanden wie Jesus in sein Haus einzuladen. Er setzte dadurch seinen Reichtum, seinen Status und sogar sein Leben aufs Spiel.

      Es verläuft jedenfalls alles genau so, wie es Jesus vorausgesagt hat. Petrus und Johannes bereiten im Obergeschoss des besagten Hauses – wahrscheinlich demselben Raum, in dem später zu Pfingsten 120 Jünger zusammenkommen, vom Heiligen Geist erfüllt werden und in anderen Sprachen reden – alles für das Passahmahl vor. Um 15.00 Uhr nachmittags bringen Petrus und Johannes wahrscheinlich ein Lamm in den Tempel, um es dort zu opfern, vermutlich zusammen mit Tausenden von Menschen, die ebenfalls im Laufe des Tages zu diesem Zweck dort hinkommen. Während die Menschen Psalmen singen, wird dem Lamm die Kehle durchgeschnitten, der Priester fängt das Blut in einem Gefäß auf und gießt es vor dem Altar aus. Ein anderer Priester schlachtet das Lamm, und Petrus und Johannes nehmen das Fleisch mit in die Küche in dem Obergeschoss des Hauses, wo das Lamm dann in Öl und Wein mariniert und drei bis vier Stunden gegart wird.

      Gegen 19.00 Uhr kommen schließlich Jesus und die anderen Jünger zu Petrus und Johannes in das Obergeschoss, um mit ihnen zusammen das Mahl zu halten.

      Das Passahmahl, das sie dort gemeinsam feiern, ist ein Mahl zur Erinnerung an Gottes zentrale Rettungstat am Volk Israel, ein Ereignis, das in 2. Mose 3–13 beschrieben wird.

      Das Volk Israel ist seit 400 Jahren in der Sklaverei in Ägypten gefangen, als Gott Mose dazu beruft, sein Volk aus dieser Gefangenschaft zu befreien. Mose fordert den Pharao auf, sein Volk freizulassen, aber der ägyptische Herrscher weigert sich, woraufhin Gott den Ägyptern eine Reihe von Plagen schickt. Doch selbst danach ist der Herrscher von Ägypten nicht bereit einzulenken. Schließlich sagt Gott zu Mose, dass er den Ägyptern noch eine letzte furchtbare Plage schicken wird, nach der der Pharao das Volk Israel gehen lassen wird. Der Erstgeborene in jedem Haushalt und jedes erstgeborene Tier einer Herde in ganz Ägypten werden sterben.

      In der Nacht, in der das geschehen wird, sollen die Israeliten Gott ein Lamm opfern und mit dem Blut dieses Lammes die Türpfosten ihrer Häuser bestreichen. Wenn dann der Engel des Todes an den Häusern vorbeigeht, wird er die Häuser auslassen, die mit dem Blut des Lammes gekennzeichnet sind, und die Erstgeborenen des Volkes Israel werden verschont. Das Opferlamm soll gekocht und gegessen werden, damit die Israeliten eine letzte Mahlzeit in Ägypten einnehmen, bevor sie befreit werden.

      Und tatsächlich sucht der Tod in dieser Nacht das ganze Land heim, und zwar von der bescheidensten kleinen Wohnung bis hin zum Palast des Pharao. Am Morgen herrscht im ganzen Land Trauer, und angesichts dieser verheerenden Katastrophe gibt der Pharao endlich nach und befiehlt den Israeliten, Ägypten zu verlassen. Sie müssen sich in einer solchen Eile auf den Weg machen, dass keine Zeit mehr bleibt, den Sauerteig für Brot fertig durchsäuern zu lassen, damit die Brote später aufgehen, mit der Folge, dass sie ungesäuerte Brote mit auf die Flucht nehmen.

      Die Flucht der Israeliten aus Ägypten ist dann der Beginn ihres langen Zugs durch die Wüste, der 40 Jahre lang dauern soll, und währenddessen aus den Israeliten ein Volk wird, das ins Gelobte Land geführt wird. Seit diesem Tag feiern die Israeliten jedes Jahr das Passahfest als Erinnerung und zum Gedenken an ihre Flucht aus der Gefangenschaft in Ägypten, und es wird nach der Speise, die es dabei gibt, auch »Fest der ungesäuerten Brote« genannt.

      In 2. Mose 12 wird berichtet, wie Gott den Israeliten befiehlt, dieses Mahl zuzubereiten – nämlich das Lamm zu opfern und zu braten und ungesäuertes Brot und bittere Kräuter zu essen als Erinnerung an ihre Befreiung aus der Sklaverei.

      »Es ist ein Mahl voller Symbole und Rituale«, sagt Rabbi Amy Katz, eine Freundin, mit der zusammen meine Frau LaVon und ich schon einmal das Passahmahl gefeiert haben, »und zwar von den Speisen, die es gibt, über die Art, wie sie gegessen werden, bis hin zu der Art, wie man sitzt.« LaVon und ich hatten die große Freude, mit Rabbi Katz ein wundervolles Passahmahl zu erleben, und zwar mit Rinderbrust, Hühnchenfleisch, Gemüse und einem köstlichen Dessert. Während des gesamten Mahls wurde immer wieder über die unterschiedlichen Speisen gesprochen, die symbolisch die Geschichte der Befreiung des Volkes Israels erzählen. Es gab bittere Kräuter – Meerrettich und Petersilie, die an all das Bittere erinnern sollen, was die Israeliten in der Sklaverei in Ägypten erlebt haben. Die Kräuter wurden in Salzwasser getaucht, das die Tränen der Israeliten symbolisierte. Wir aßen Charoset, eine pürierte Apfel-Mandelmischung, die den Mörtel symbolisiert, aus dem die Israeliten Ziegel für die Bauprojekte des Pharao herstellen mussten. Ein Ei erinnert, genau wie die Ostereier zum christlichen Osterfest, an neues Leben, daran, dass das Volk Israel einen Neuanfang erlebte. Das ungesäuerte Brot, die Matzen, erinnern daran, in welcher Eile das Volk Israel aus Ägypten fliehen musste. Das Lamm erinnert an das Lamm, das beim ersten Passah geschlachtet wurde, und mit dessen Blut dann die Türpfosten der Häuser der Israeliten bestrichen wurden, damit der Tod daran vorbeiging. Und schließlich tranken wir noch vier kleine Becher Wein als Erinnerung an Gottes Versprechen, die Israeliten zu befreien (vgl. 2. Mose 6,6–7).

      Wir hatten um 19.00 Uhr mit dem Essen begonnen, und es war fast Mitternacht, als es zu Ende war. Unser Mahl war auf jeden Fall ganz ähnlich wie das Passahmahl, das Jesus zusammen mit seinen Jüngern hält. Die gleichen Bestandteile – der Wein, das ungesäuerte Brot, die bitteren Kräuter – stehen auch auf dem Tisch im Obergeschoss des Hauses bereit, in dem Jesus mit seinen Jüngern zusammenkommt.

      Doch dort werden das gute Essen, die tiefe Freundschaft untereinander und die Geschichte der Befreiung des Volkes Israels aus der Sklaverei dadurch getrübt, dass Jesus so bedrückt ist. Im Unterschied zu seinen Jüngern weiß er nämlich, dass er an diesem Abend zum letzten Mal mit ihnen zusammen das Passahmahl feiert.

      Dadurch, dass ich bei Rabbi Katz selbst so ein Mahl erlebt habe, verstehe ich jetzt – unter anderem – besser, warum die Jünger, die so spät noch so viel gegessen und getrunken haben, im Garten Gethsemane einschlafen, während Jesus betet, obwohl er sie gebeten hat, mit ihm zusammen wach zu bleiben.

      Außerdem hat mich dieses Passahmahl dazu veranlasst, mir die Berichte über das Letzte Abendmahl in den Evangelien noch einmal genauer anzuschauen. Johannes beschreibt es sehr genau und ausführlich und verfasst den wohl vollständigsten Bericht darüber, was Jesus an diesem Abend sagt. Interessanterweise ist der Bericht des Johannes der einzige in den vier Evangelien, der das Letzte Abendmahl als eine Art »Vor-Passah«-Mahl sieht. Er lässt Jesus genau zu der Tageszeit am Kreuz leiden, zu der die Passah-Lämmer geopfert werden (Johannes 19,14) – ein starkes Bild, durch das Johannes eine theologische Aussage macht.

      Es sind unterschiedlichste Versuche unternommen worden, diese beiden unterschiedlichen zeitlichen Abläufe in den verschiedenen Evangelien miteinander in Einklang zu bringen, und ich möchte es Ihnen als Lesern überlassen, sich selbst eine Meinung darüber zu bilden. Im Johannesevangelium sagt Jesus nicht: »Das tut zu meinem Gedächtnis.« Er beschreibt nicht das Brot und den Wein, sondern Johannes widmet fünf Kapitel der Beschreibung dessen, was Jesus während des Mahls lehrt und betet. In den Kapiteln 13 bis 17 des Johannesevangeliums stehen einige der beliebtesten Verse der Bibel, und es wird dort beispielsweise auch geschildert, wie Jesus durch sein eigenes Vorbild den Jüngern zeigt, dass im Reich Gottes Größe darin liegt, anderen zu dienen.

       Verrat und Buße: Sich vorbereiten

      Das Passahfest soll ein festlicher, fröhlicher Anlass sein, bei dem sich die Beteiligten freuen, wenn sie sich daran erinnern, dass Menschen, die einmal Sklaven gewesen

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