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Risiko… Aber ich überstand alles und erhielt dann mein Traumangebot: 2015 mit Orica-AIS [einem australischen Profi-Straßenrennteam] zu fahren.«

      Sie fing wieder an zu trainieren, nahm wieder an Rennen teil und erzielte bei wichtigen Rennen einige solide Ergebnisse. Doch gerade einmal gut einen Monat nach ihrem ersten Team-Trainingslager begann ihre Welt erneut zusammenzubrechen. »Ich bekam einige wirklich seltsame Symptome, die so ähnlich waren wie bei der Lungenembolie«, berichtete sie. »Es fühlte sich aber eher so an, als ob mit meinem Herz etwas nicht stimmte. Ich war nicht wirklich krank, aber irgendwas war nicht in Ordnung. Ich wurde von dem Camp nach Hause geschickt, um mich vorsichtshalber untersuchen zu lassen. Drei Tage später wurde ich mit dem Verdacht auf einen ‚Herzanfall‘ ins Geelong Hospital eingeliefert. Mein kardialer Troponinwert war fast zehnmal höher als normal, was darauf hindeutete, dass ich praktisch einen Herzinfarkt gehabt hatte. Nach fünf Tagen Krankenhausaufenthalt, der falschen Diagnose einer erneuten Lungenembolie und allen möglichen Tests, die man an meinem Herzen durchgeführt hatte, wurde ich ohne eine Antwort darauf, was ich gehabt hatte, entlassen.«

      Sie berichtete weiter: »Ich hatte also eine Auszeit vom Rad, erhielt weitere hypothetische Diagnosen, es folgten noch mehr Tests, noch mehr negative Ergebnisse. Mitte Januar hatte ich alle australischen Sommerrennen verpasst und fühlte mich immer noch nicht gut. Ich litt mal mehr, mal weniger unter Müdigkeit, war mitunter furchtbar benebelt (während der schlimmsten Phasen konnte ich kaum einen Satz artikulieren und vergaß, was ich die ganze Zeit getan hatte), mir taten die Beine weh und ich litt unter Kurzatmigkeit und Herzklopfen. Das Frustrierendste war, dass all die Gesundheitsexperten mir immer wieder sagten, ich hätte eine Angststörung und dass diese die Symptome verursache.«

      Sie suchte den Rat von vielen weiteren Ärzten – Alternativmedizinern und Schulmedizinern – und fand schließlich heraus, dass sie extrem niedrige Testosteronwerte hatte, was ihre Müdigkeit und ihre schlechte Regeneration erklärte. Sie konsultierte einen Gynäkologen, der sie fragte, ob sie Verhütungsmittel benutze und falls ja, welche. Volltreffer! »Aufgrund der tiefen Venenthrombose und der Lungenembolie hatte ich die Pille abgesetzt und mir ein Implantat mit dem Namen Implanon unter die Haut legen lassen – ein Implantat, das nur Progesteron freisetzt. Dieses hatte die Abgabe von Eizellen aus meinen Eierstöcken unterdrückt und eine niedrige Testosteronproduktion verursacht.«

      Also ließ Chloe sich das Implantat nach langen Monaten, in denen sie sich elend gefühlt hatte, entfernen. Bereits nach einer Woche ging es ihr besser, und am darauffolgenden Wochenende nahm sie an einem Rennen teil. Ich versuche nicht, Sie abzuschrecken, Verhütungsmittel zu nehmen, aber Frauen sind sich der damit verbundenen sehr realen Risiken nicht immer bewusst. Grundsätzlich rate ich meinen Athletinnen, wenn sie verhüten wollen, zu einem Intrauterinpessar (IUP). Dieses setzt eine lokal wirkende Dosis Gestagen frei, anstatt eine umfassende systemische Zirkulation von Östrogen und Progesteron in Gang zu setzen. Wenn Ihnen ein Intrauterinpessar nicht zusagt, ist die nächste Option die Minipille, die ausschließlich das synthetisch hergestellte Gestagen Progestin enthält. Niedrig dosiertes Progestin hat weniger Nebenwirkungen als die kombinierte orale Antibabypille.

      DER MYTHOS UM AUSBLEIBENDE REGELBLUTUNGEN

      Folgendes Szenario ist heute allzu verbreitet: Eine Frau sucht mich in meiner Praxis auf, weil bei ihr mehrere Perioden ausgeblieben sind und ihr Hausarzt oder ihr Gynäkologe sie gewarnt hat, dass sie zu dünn sei und in die Kategorie »Triade der sporttreibenden Frau« falle, ein Zustand, der in der medizinischen Fachwelt normalerweise mit ziemlich beängstigenden Worten beschrieben wird.

      In der Vergangenheit wurde die »Female Athlete Triad« als eine regelrecht maximale Katastrophe beschrieben, ein Zusammentreffen von gestörtem Essverhalten und einer verringerten Ausschüttung von Östrogen und anderen Hormonen, was wiederum zu unregelmäßigen Perioden und niedriger Knochendichte führe. Experten glaubten, dass sportlich aktive Frauen sich in einem Spektrum bewegten, an dessen einem Ende sich gesunde Athletinnen mit optimaler Energieverfügbarkeit (adäquater Ernährung), regelmäßigen Perioden und gesunden Knochen befanden und am anderen Ende sportlich aktive, sich schlecht ernährende Frauen mit ausbleibenden Perioden und abnehmender Knochendichte.

      Häufig verschrieben Ärzte orale Kontrazeptiva oder schlugen eine Trainingsreduktion vor, um dadurch eine Gewichtszunahme zu bewirken. Die Besorgnis ist verständlich, denn die wahre Triade der sporttreibenden Frau ist eine ernste Erkrankung. Aber die allermeisten sportlich aktiven Frauen, die unter Menstruationsstörungen leiden, sind nicht extrem mager und/oder trainieren nicht übermäßig viel. Dennoch ist dieses Phänomen im gesamten Fitnessspektrum immer häufiger anzutreffen. Was ist da also los? Nach einer etwas eingehenderen Betrachtung einiger anderer Ursachen, die zu Menstruationsstörungen beitragen können, wurde klar, dass es sich bei diesem Phänomen nicht um eine regelrecht maximale Katastrophe handelt, bei der drei Faktoren zusammentreffen, sondern vielmehr um eine Reihe hormoneller Störungen, die auf einen Hauptfaktor zurückzuführen sind: falsche Ernährung. Diese Frauen nehmen nicht ausreichend Nahrung zu sich, um den Bedarf ihres Körpers zu befriedigen, weshalb ihre Physiologie in Turbulenzen gerät. Ich freue mich, berichten zu können, dass ich mit dieser Einsicht nicht alleine dastehe.

      Im Jahr 2014 gab das Internationale Olympische Komitee (IOC) eine Erklärung heraus, in der es feststellte, dass es sich bei der Triade in Wahrheit um ein Syndrom handelt, das das Ergebnis »eines relativen Energiemangels ist, der sich auf viele Aspekte der physiologischen Funktionen auswirkt, unter anderem auf die Stoffwechselrate, die Menstruationsfunktion, die Knochengesundheit, das Immunsystem, die Proteinsynthese sowie auf die kardiovaskuläre und die psychologische Gesundheit«. Das ist sicherlich mehr als eine Triade! Und obwohl Männer andere Symptome haben, betrifft es auch sie. Das IOC hat eine Änderung der Bezeichnung dieses Phänomens vorgenommen, um den neuen Erkenntnissen Rechnung zu tragen: relativer Energiemangel im Sport (relative energy deficiency in sport – RED-S).

      Das ergibt für mich viel mehr Sinn, und es erklärt auch die aktuelle Zunahme der Triade- bzw. RED-S-Fälle, die ich beobachtet habe. Die aktuellen Ernährungstrends, die bei sportlich aktiven (und sogar inaktiven) Menschen derzeit angesagt sind, führen dazu, dass diese nicht genug Nahrung zu sich nehmen, um ihren Körper mit ausreichend Brennstoff zu versorgen. Vor allem in der Welt des Ausdauersports und des CrossFit-Trainings sind gerade kohlenhydratarme und dafür eher fett- und proteinreiche Ernährungsweisen angesagt. Egal, ob man diese Ernährungsweisen als metabolisch effizient bezeichnet oder sie Paleo-Diät oder Intervallfasten nennt, sie alle haben ähnliche Ziele: den Anteil der in Form von Kohlenhydraten aufgenommenen Gesamtkalorien zu reduzieren und die Fett- und Proteinaufnahme zu erhöhen.

      Insgesamt halte ich das für eine gute Idee. Erinnern Sie sich an die fettarme, kohlenhydratreiche Ernährung der 1980er-Jahre und die darauffolgende Adipositas-Epidemie? Das war eine Katastrophe. Den hohen Anteil der Kohlenhydrate zu reduzieren, der unsere Kost in diesen kohlenhydratreichen, fettarmen Zeiten prägte, ist durchaus weise. Aber hier ist der Haken: Als Frauen reagieren wir auf so eine Umstellung anders als Männer. Ein Mann kann sich locker auf die gleiche Weise ernähren wie seine Partnerin und schneller abnehmen, als sein Gewicht bei einem gescheiterten One-Repetition-Maximum-Versuch herunterkracht, während seine Partnerin Schwierigkeiten hat, auch nur ein oder zwei Pfund abzunehmen. Dafür gibt es einen Grund: die Physiologie.

      Wenn Frauen zu wenig Kohlenhydrate zu sich nehmen (die empfohlenen Grammmengen sind individuell unterschiedlich, da jede Frau anders ist; berechnen Sie Ihren persönlichen Kohlenhydratbedarf mit der Formel auf Seite 36), führt dies zu einem Abfall des Östradiolspiegels (eines weiblichen Geschlechtshormons) und einem Anstieg des Östronspiegels (eines der drei Östrogenhormone, die das Fettgewebe ausschüttet, was Ihrem Körper signalisiert, mehr Fett einzulagern) sowie zu einem Anstieg des Stresshormons Cortisol. (Progesteron wird bei langen Phasen intensiver Belastung in Cortisol umgewandelt, das dem Körper ebenfalls signalisiert, Fett zu speichern.)

      Übersetzung: Was unseren Reproduktionsstatus angeht, werden wir maskuliner und konservieren Fett. Unter dem Gesichtspunkt des Überlebenwollens denkt Ihr Körper an Nahrungsmittelknappheit. Das Letzte, was bei einer verbreiteten Nahrungsmittelknappheit erwünscht ist, sind mehr Esser in Form von Babys.

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