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      Vorbemerkung der Autorin

      Dies ist mein fünfhundertstes Buch, und ich habe dafür meine liebste Epoche gewählt, die Zeit der Regentschaft.

      Ich verdanke Dutzende von Geschichten für meine Bücher meinem lieben Freund, dem verstorbenen Sir Arthur Bryant. Er lachte immer, wenn ich ihm erzählte, daß ich seine brillanten Bücher als Quelle benutzt habe, und er sagte, er freue sich sehr, wenn ich dies täte.

      Ich verdanke sehr viel seinen Werken The Years of Endurance 1773-1802, The Years of Victory 1802-1812 und The Age of Elegance 1812-1822.

      Als Sir Arthur mir sein letztes Buch »Spirit of England« überreichte, schrieb er folgende Widmung hinein:

       Für Barbara,

       die so großes Verständnis hat, mit der Zuneigung und Bewunderung des Autors.

      Deshalb möchte ich dieses, mein fünfhundertstes Buch Sir Arthur Bryant widmen, einem unserer größten Historiker, dessen faszinierenden, menschlichen und anregenden Bücher immer in den Herzen der Menschen leben werden, die England lieben.

      1 ~ 1814

      Als die offene Kutsche in eine belebte Straße einbog, war von ferne Musik zu hören.

      Odella Wayne, die in Fahrtrichtung saß, beugte sich vor und versuchte zu ergründen, woher die Musik kam.

      Als sie sah, daß weiter oben die Menschen hastig die Mitte der Straße freimachten, stieß sie leise einen Freudenschrei aus.

      »Ein Umzug von Zirkusleuten!«

      Emily, das Dienstmädchen, das ihr gegenübersaß, rief: »Wie aufregend, Miss Odella!«

      Der Kutscher, ein älterer Mann, der dem Pfarrer schon seit vielen Jahren diente, lenkte die Pferde an den Straßenrand.

      »Wir müssen warten, bis sie vorbeigezogen sind, Miss Odella«, sagte er über die Schulter.

      »Das ist mir recht, Thompson«, erwiderte Odella. »So können wir alles viel besser sehen. Komm, setz dich neben mich, Emily«, sagte Odella freundlich. »Von hier aus kannst du den Umzug besser überblicken.«

      »Oh, vielen Dank, Miss Odella!« rief Emily. »Schon seit meiner frühesten Kindheit bin ich vom Zirkus begeistert!«

      Odella lächelte verständnisvoll, denn sie wußte, daß dies nicht allzu lange zurückliegen konnte.

      Nachdem sie heute beschlossen hatte, nach Portsmouth zum Einkaufen zu fahren, ließ sie die Kutsche anspannen, die ihr Vater gewöhnlich benützte. Doch zur Zeit war er verreist.

      Sie fragte Mrs. Barnet, die Haushälterin, ob sie in die Stadt mitkommen wollte, worauf die ältere Frau nur kurz erwiderte: »Lieber nicht, Miss Odella. Ich habe noch so viel zu tun, denn nur wenn der Herr verreist ist, kann ich sein Zimmer säubern. Sie wissen ja, wie er sich aufführt, wenn ich seine Bücher anfasse.«

      Odella lächelte.

      »Sie haben recht, wenn Sie die Gelegenheit ausnützen«, stimmte Odella zu. »Papa regt sich immer sehr auf, wenn wir seine Bücher anrühren, besonders diejenigen, die er für seine Arbeit braucht.«

      Der Pfarrer schrieb gerade ein Geschichtswerk über seine Gemeinde, das Dorf Nettleway.

      Da er dazu viele Nachschlagewerke benötigte, türmten sich die Bücher auf allen Tischen im Arbeitszimmer und auch auf dem Fußboden.

      Odella konnte Mrs. Barnets Wunsch gut verstehen, das Zimmer zu reinigen und in Ordnung zu bringen, während er außer Haus war.

      »Ich möchte in Portsmouth ein paar Dinge einkaufen«, sagte Odella. »Ich nehme Emily mit, denn Papa wäre es sicher nicht recht, wenn ich allein fahren würde.«

      »Wahrhaftig nicht!« rief Mrs. Barnet, als hätte Odella etwas Unschickliches gesagt. »Ihre Mutter, Gott hab' sie selig, hätte Sie nie und nimmer allein in die Stadt fahren lassen!«

      Das stimmte, dachte Odella, denn im Augenblick unterschied sich die Stadt sehr von dem alten Portsmouth vor dem Krieg.

      Das Blatt gegen Napoleon schien sich gewendet zu haben, und Wellington schickte jeden Tag ermutigende Berichte über seinen Vormarsch.

      Die Menschen zeigten sich hoffnungsvoller als im vergangenen Jahr.

      Seit dem letzten Frühjahr und Sommer waren die Straßen nach Portsmouth und Plymouth voller Truppen gewesen.

      Man sah häufig die rasselnde Gardekavallerie mit ihren prächtigen Uniformen und den herrlichen Pferden.

      Reservebataillone zogen vorbei, die zur Verstärkung der Soldaten vorgesehen waren, die durch den lang anhaltenden Krieg in Spanien schon zu Veteranen geworden waren.

      Abteilungen rotwangiger Milizsoldaten in neuen Uniformen und mit grob gewebten Fahnen marschierten mit Trommeln und Pfeifen durch die Straßen, und kleine Jungen rannten ihnen aufgeregt hinterher.

      Die Frauen liefen an Türen und Fenster, um sie vorbeiziehen zu sehen.

      Die älteren unter ihnen beklagten, daß »die jungen Lämmer jetzt zur Schlachtbank« geführt würden.

      Und die alten Männer, die verwundet nach England zurückgekehrt waren, murrten, daß diese jungen Soldaten nicht wüßten, »was ihnen noch bevorstand«.

      Odella und ihr Vater hatten oft darüber gesprochen, was die Soldaten in der Biskaya erwartete.

      Sie fragte sich öfter, was die jungen Soldaten wohl denken und fühlten würden, wenn sie zum ersten Mal die nackten, gelbbraunen Küsten Portugals erblickten.

      Die Soldaten, die von dort zurückkamen, berichteten dem Pfarrer ausführlich über ihre Erlebnisse, denn sie waren der Meinung, er sei der einzige Mensch im Dorf, der sie wirklich verstand.

      Sie schilderten ihm nur allzu lebhaft den Schmutz und Gestank von Lissabon.

      Sie sprachen darüber, was sie empfunden hatten, als sie von der Kaserne in Belem ausrückten und über den langen Bergpfad zur Grenze zwischen Portugal und Spanien marschierten.

      Über einige ihrer Geschichten hätte Odella am liebsten weinen mögen, aber andere waren wiederum auch recht lustig gewesen.

      Der Sohn des Doktors, Tim Howland, war nur leicht verwundet nach Hause zurückgekehrt.

      Er erzählte dem Pfarrer in äußerst farbigen Worten, was er und seine Kameraden erlebt hatten.

      Wie sie von Wanzen zerstochen, mit wunden Füßen und ganz verdreckt nach langen Märschen schließlich bei den abgerissenen, aber munteren Altgedienten angekommen waren, die nun ab sofort ihre Kameraden sein sollten.

      »Hier begann unsere Lehrzeit«, sagte Tim.

      Der Pfarrer runzelte die Stirn, und Tim fuhr fort: »Major O'Hara vom Schützenkorps führte uns an eine Stelle, von der aus wir den Feind in der darunterliegenden Ebene sehen konnte.

      ,Dort unten sind die Franzosen!' bellte er mit seiner Kasernenhofstimme. ,Ihr müßt diese Burschen töten und dürft es nicht zulassen, daß sie euch töten! Ihr müßt lernen, das gleiche zu tun wie diese alten Hasen und in Deckung zu gehen, wenn es irgend möglich ist! Denkt daran, Rekruten, ihr seid hierhergekommen um zu töten, und nicht, um getötet zu werden! Merkt euch das! Wenn ihr die Franzosen nicht tötet, töten sie euch!'«

      »Das waren allerdings sehr harte Worte«, bemerkte der Pfarrer.

      »Das dachten wir auch«, erwiderte Tim. »Aber der Major hatte recht, das sollten wir sehr bald feststellen.«

      Nachdem Odella solche Geschichten gehört hatte, betete sie für alle Soldaten, die durch die Straßen zogen.

      Solange sie noch hinter den Trommeln und Pfeifen hermarschierten, genossen sie offensichtlich die Hochrufe der Menge.

      Und es gefiel ihnen, wenn die jungen Mädchen ihnen eine Blume in die Hand drückten oder sie auf die Wange küßten.

      Doch Odella fragte sich, wie viele von

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