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Krankenhäuser, eingestellte bzw. stark reduzierte Impf- und Anti-Malariakampagnen als konkrete Ergebnisse solcher Weltbank-Programme. Aus Malawi, wo über fünfzig Prozent der Bevölkerung an Hunger und Unterernährung leiden, meldet Ann Pettifor, Vorsitzende der Kampagne „Jubilee 2000“ (Erlassjahr 2000), dass die Weltbank das Land kürzlich gezwungen habe, seine Mais-Reserven zu verkaufen um sogenannte Schulden an die Reichen zu bezahlen. Außerdem musste Malawi sämtliche landwirtschaftlichen und Lebensmittel-Subventionen abschaffen und die Preisbildung dem Markt überlassen. Millionen Menschen können die neuen Preise nicht bezahlen.

      Tuberkulose und Malaria nehmen wieder zu, aber wir hören kaum etwas darüber. Einzig eine Krankheit beherrscht die Schlagzeilen, nämlich AIDS. Sie stammt angeblich aus Afrika und soll nur mit teuren westlichen Medikamenten zu bekämpfen sein. Wer es wagt, auf diesem Gebiet auch nur Zweifel anzumelden und auf die vielen Schwachpunkte, Widersprüche und offenen Fragen im HIV-AIDS-Modell hinzuweisen, wird in beispielloser Weise diffamiert und attackiert. Wer das AIDS-Modell aus wissenschaftlichen Gründen in Frage stellt – also nicht die Tatsache der Erkrankungen, sondern ihre Ursachen – wird als Massenmörder afrikanischer Kinder verleumdet oder mit Holocaust-Leugnern verglichen. Mit solchen Tabus können wir keine nachhaltige Gesundheit schaffen. „Wir reden nur noch von AIDS“, sagen mir afrikanische Freunde, „weil sich der Norden nur dafür interessiert und zahlt.“

      Wir befinden uns heute in einem globalen Notstand. Es gibt kein lokales Entkommen vor den Folgen globaler Fehlgriffe. Aber selbstverständlich kann jeder vor Ort beginnen, zum Beispiel durch intelligentes Bauen: In Solar-Niedrigenergie-Häusern lebt man erwiesenermaßen gesünder.

      Unser Hauptproblem heute ist, dass wir viel zu wenig zu verlangen wagen. Aber die Zeit der kleinen Schritte ist abgelaufen. Wir müssen unsere Identität erweitern und uns wieder verbinden mit unserer inneren und äußeren Umwelt und beide gleichzeitig heilen.

      Die Alternative zu einer grundlegenden Wende ist weltweiter Terror, wenn die globale Mehrheit ihr Überleben durch den Widerstand des Nordens gegen nötige Veränderungen gefährdet sieht. Jeder von uns steht täglich an der Grenze, an der wir entscheiden müssen, ob wir bei der Heilung unserer Erde Teil der Lösung oder des Problems sein wollen. Diese Grenze ist eine immaterielle, dramatischere Grenze als die Eroberung fremder Kontinente und Planeten. Denn es geht zuerst um die Wiedereroberung unseres Selbst als mündige Bürger dieser Erde, um das Erwachen aus dem kindischen Traum der globalen Konsumkultur permanenter Unreife, Unzufriedenheit und Unverantwortlichkeit.

      Der derzeitige Wertewandel vollzieht sich auch, weil viele Menschen das Gefühl haben, dass sie seit dreißig Jahren belogen werden. Die Wachstumsfantasien, die uns als Zukunft präsentiert wurden, sehen heute hohl aus, denn es ist ganz klar: Wenn wir noch ein, zwei Jahrzehnte so weitermachen, stehen wir vor einer globalen Katastrophe bisher unbekannten Ausmaßes. Zum ersten Mal werden sogar geologische Zeiträume von unseren Entscheidungen und Nichtentscheidungen, von unseren Handlungen und unseren Nichthandlungen beeinflusst. Hierin liegt unsere beispiellose Verantwortung.

      Als Erstes müssen wir gegen den weitverbreiteten Zynismus vorgehen, der behauptet, es sei alles sowieso zu spät. Ja, die nachhaltige Lebensqualität, die Welt, die wir hätten bekommen können, wenn wir vor zwanzig oder dreißig oder auch noch vor zehn Jahren die Wende eingeleitet hätten, ist natürlich nicht die Welt, die wir heute bekommen können. Aber der Unterschied ist immer noch immens.

      Es gibt projizierte Landkarten, die zeigen, wie die USA aussehen würden, wenn die Klimaoptimisten Recht bekommen und wir jetzt umsteuern. Die Küste von Florida sähe dann anders aus. Und wer ein Strandgrundstück in Miami Beach geerbt hat, sollte es schleunigst verkaufen! Wenn allerdings die Klimapessimisten Recht haben, und man sich die entsprechende Karte ansieht, gibt es dann überhaupt kein Florida mehr, es ist völlig überflutet.

      Die alten Israeliten bezeichneten mit dem Begriff „hochma“ die Wissenschaft des Herzens, die Kapazität, zu fühlen und zu handeln, als ob die Zukunft von jedem Einzelnen abhinge. Solche Werte müssen wir wieder entwickeln. Wir müssen uns vermehrt politisch engagieren. Eine große Gefahr ist die Trennung von Zivilgesellschaft und Politik. Im alten Griechenland war, wer sich politisch engagierte, ein Polites. Wer sich weigerte, ein Idiotes.

      Der globale Wandel hat herkömmliche Werte nicht zerstört, sondern lediglich unterdrückt. Das große Problem ist nicht der Wertewandel, sondern die wachsende Kluft zwischen den Werten, die die Allermeisten noch immer haben, und der heutigen Politik. Das Umsetzungsdefizit wird immer größer und führt ins Chaos. Die Gesellschaft bricht auseinander.

      Al Gore hat in einem Spiegel-Interview gesagt: „Wir müssen das Klimaproblem von der politisch-ökonomischen auf die moralisch-ethische Ebene hieven.“ Er hat darauf hingewiesen, dass die Bürgerrechtsbewegung in den USA erst Erfolg hatte, als sie aus den fehlenden Bürgerrechten ein moralisch-ethisches Problem machte. Wenn man weiter zurückgeht, galt das ebenso für die Abschaffung der Sklaverei. Sie war damals ökonomisch höchst profitabel, sie war politisch akzeptiert. Aber eine kleine Gruppe von Menschen bezeichnete sie als moralisch-ethisch inakzeptabel und untragbar. Sie taten das ohne irgendein Mandat. Es waren einfach Menschen, die mit den existierenden Zuständen nicht weiterleben konnten. Sie fingen eine Kampagne in den USA und in Großbritannien an und hatten nach einigen Jahrzehnten Erfolg. Dasselbe müssen auch wir mit den großen Herausforderungen machen, vor denen wir heute stehen, denn auch dies sind nicht ökonomische oder politische Probleme, sondern ethisch-moralische.

      Eine Studie der UNO nach dem Zweiten Golfkrieg 1990 / 91 stellte fest, dass es mit den Kosten, die dieser Krieg verursacht hat, möglich gewesen wäre, innerhalb von drei bis fünf Jahren für alle Menschen auf der Welt sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen. Vor diesem Krieg erklärte der britische Schatzkanzler im Unterhaus, Großbritannien werde daran teilnehmen, unabhängig davon, wie seine Finanzen aussähen und unabhängig davon, wie viel es kosten würde. Ich kenne keine vergleichbare Erklärung eines Finanzministers dort oder in irgendeinem anderen reichen Land im Hinblick auf die Bereitstellung sauberen Trinkwassers für alle Menschen oder die Bekämpfung des Hungers!

      Neu ist allerdings, dass die Eliten beginnen, Zweifel zu haben an dem Weg, den sie gehen. Die Leiterin des Davos Young Global Leaders Project berichtete mir, dass sich auch dort die Diskussionen in den Meetings inzwischen hauptsächlich um Werte und Ethik drehen.

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