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sagte Herr Enders und blieb an einer Säule stehen, als müßte er sich einen Stützpunkt für einen längeren und ermüdenden Vortrag vorbereiten, »die Leute sind von unsereinem ebenso verschieden wie Seeräuber von ordentlichen Seeleuten. Das sind Piraten!«

      »Vollkommen recht, Herr Enders. Während unsere Väter ihr Vermögen mit ehrlichem Schweiß erwarben, kamen diese Leute gewissenlos und durch günstige Zufälle zu Geld. Das ist ein Unterschied. Und es ist besonders dieser Osten, der uns die, wie Sie richtig sagen, Piraten des Geschäftslebens beschert. Moral insanity.«

      »Ich bin froh, daß wenigstens Herr Bernheim zu seinen Direktoren gehört. Eine Gewähr wenigstens, eine einzige.«

      »Ich möchte trotzdem kein Geschäft mit ihm machen«, sagte zu Herrn Enders sein Doppelgänger.

      »Hören Sie«, meinte Herr Enders, der immer an alle Möglichkeiten dachte, »Geschäfte machen ist etwas anderes. Wenn wir den Leuten à la Brandeis zeigen, was ein anständiger Kaufmann und was ein biederer Industrieller ist, so erziehen wir sie zur Ehrlichkeit, und das ist ein gutes Werk!« Die beiden entfernten sich, Theodor blieb hinter der Säule. Dieses Gespräch hatte ihn mit Selbstbewußtsein erfüllt und mit einer großen Dankbarkeit für Herrn Enders. Es war ihm so schwergefallen, einen Dankbesuch bei Brandeis abzustatten! Nun, da er wußte, wie die gute Gesellschaft über den Mongolen dachte, schien Theodor das Auftreten gegenüber Brandeis leichter. Er ist keineswegs mein Wohltäter, dachte er, es ist Deutschland, das ihm Wohltaten erwiesen hat.

      Also gerüstet begab sich Theodor am nächsten Tag zu Brandeis. Er ging nicht, wie es sein Bruder Paul einmal getan hatte, zu Fuß hinauf, er stieg in den Lift. Aber hatte Brandeis Paul Bernheim sofort zu sich gebeten, so ließ er Theodor lange warten. Das Wartezimmer war weiß und kahl, Fachzeitschriften, die Theodor nicht interessierten, lagen auf dem Tisch. Theodor begann hin und her zu rennen und wurde müde. Der Kerl versucht mich zu demütigen, dachte Theodor, aber ich werde es ihm heimzahlen! Immer noch ging er auf und ab in dem leeren Zimmer, immer matter wurden seine Schritte, seine schwachen Augen sahen nichts mehr als das verschwimmende und ölige Weiß der Wände. Er zog einen Spiegel aus der Tasche. Er betrachtete sein fahles, eingefallenes Angesicht und war damit zufrieden. Er sah seiner Meinung nach vornehm, entschlossen und weise aus. Er schob die Unterlippe etwas vor, um dem Gesicht zu einem energischeren Profil zu verhelfen. Sein dünner Hals blähte sich. Er fuhr mit den Fingerspitzen noch einmal über den fahlblonden Haarscheitel. In diesem Augenblick rief man ihn zu Brandeis.

      Brandeis erhob sich so langsam, daß er erst stand, als Theodor hart am Schreibtisch angekommen war. Etwas hastig, weil er dessen Tiefe nicht richtig eingeschätzt hatte, fiel er in den weichen Sessel. Brandeis ließ sich ebenso langsam niedersinken, wie er sich erhoben hatte. Er wartete. Theodor brachte kein Wort hervor. Es war still. Eine unsichtbare Uhr tickte. Brandeis hielt seine beiden schweren, behaarten Hände auf der Tischplatte.

      Schließlich erhob sich Theodor: »Ich muß Ihnen danken!« »Sie müssen gar nichts«, sagte Brandeis, der sitzen geblieben war. »Ihr Bruder überbrachte mir Ihren Wunsch, mich zu besuchen. Ich begreife, daß es gar nicht Ihr Wunsch war. Aber er selbst hatte einen. Er meinte, Sie sollten bei mir eintreten!« »Bei Ihnen?« sagte Theodor. »Ich halte nicht genug davon, ich glaube nicht, daß Sie sich dazu eignen. Außerdem, glaube ich, ist Ihre politische Gesinnung störend, äußerst störend.« »Ich bin konservativ und national.« »Wie man es versteht«, sagte Brandeis sehr leise, »meiner Ansicht nach bin ich konservativ und Sie äußerst radikal. Es ist, glaube ich, nicht konservativ zu schreien, zu demonstrieren und Windjacken zu tragen. Es ist, sagen wir, nicht sehr salonfähig.« »Sie haben kein Recht, darüber zu urteilen.« »Ich habe nur die Pflicht, Ihnen zu helfen!« sagte Brandeis leise.

      Theodor setzte sich wieder. Er sah jetzt Brandeis ganz nahe, sein Blick verlor sich in den breiten Gefilden des gelben Angesichts. Er mußte zugeben, daß er selbst über Demonstrationen und Windjacken ähnlich dachte. Er erinnerte sich an Gustavs Familie. Es schoß ihm plötzlich durch den Kopf, daß es besser sein könnte, mit Brandeis vertraut zu werden. Das geht ohne weiteres! dachte er. Und er beugte sich vor und sagte: »Ich habe zufällig gestern ein Gespräch über Sie gehört, Herr Brandeis!« »Und Sie wollen es mir berichten?« »Ja!« »Ich werde Sie enttäuschen. Es interessiert mich nicht. Ich weiß, daß die Menschen, die vor zwanzig Jahren reich geworden sind, mich, weil ich erst seit einem Jahr reich bin, für einen Seeräuber halten. Und vielleicht«, Brandeis lächelte, »halten sie mich auch für gefährlich – man fürchtet mich«, schloß er plötzlich laut.

      Dann begann er wieder in seiner gewohnten Sanftheit: »Ich glaube, Sie interessieren sich genügend für Zeitungen, um ein Journalist werden zu können. Nun könnte ich Sie zwar einem politisch rechtsgerichteten Blatt empfehlen. Aber dort gibt es mehrere Ihresgleichen. Dagegen sind Sie vielleicht eine Akquisition für ein demokratisches Blatt, ein großes, von altem Ruf, dessen Verleger mir verpflichtet sind. Ein demokratisches Blatt kann einen jungen Mann von Ihrer rechtsradikalen Vergangenheit sehr gut brauchen. Um offen zu sein: Bei den Juden können Sie Karriere machen. Wollen Sie?« Theodor wollte ja sagen. Aber Brandeis wartete nicht. »Sie werden mir schreiben!« Er stand auf. Stumm, mit einer Verbeugung, die er sofort bereute, weil sie seiner Meinung nach zu tief ausgefallen war, verabschiedete sich Theodor.

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