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erfassen, wie das messianische Reich oder die französische Revolutionsidee. Die jetzige historische Bedeutung der Studenten und der Hochschule, die Form ihres Daseins in der Gegenwart, verlohnt also nur als Gleichnis, als Abbild eines höchsten, metaphysischen, Standes der Geschichte beschrieben zu werden. Nur so ist sie verständlich und möglich. Solche Schilderung ist kein Aufruf oder Manifest, die eines wie das andere wirkungslos geblieben sind, aber sie zeigt die Krisis auf, die im Wesen der Dinge liegend zur Entscheidung führt, der die Feigen unterliegen und die Mutigen sich unterordnen. Der einzige Weg, von der historischen Stelle des Studententums und der Hochschule zu handeln, ist das System. Solange mancherlei Bedingungen hierzu versagt sind, bleibt nur das Künftige aus seiner verbildeten Form im Gegenwärtigen erkennend zu befreien. Dem allein dient die Kritik.

      An das Leben der Studenten tritt die Frage nach seiner bewußten Einheit heran. Sie steht am Anfang, denn es fördert nicht, im Studentenleben Probleme zu unterscheiden – Wissenschaft, Staat, Tugend –, wenn ihm der Mut fehlt, sich überhaupt zu unterwerfen. Das Auszeichnende im Studentenleben ist in der Tat der Gegenwille, sich einem Prinzip zu unterwerfen, mit der Idee sich zu durchdringen. Der Name der Wissenschaft dient vorzüglich, eine tiefeingesessene, verbürgerte Indifferenz zu verbergen. Das studentische Leben an der Idee der Wissenschaft messen, bedeutet keineswegs Panlogismus, Intellektualismus – wie man zu fürchten geneigt ist –, sondern das ist rechtskräftige Kritik, da zuallermeist die Wissenschaft als der eherne Wall der Studenten gegen »fremde« Ansprüche aufgeführt wird. Also es handelt sich um innere Einheit, nicht um Kritik von außen. Hier ist die Antwort gegeben mit dem Hinweis, daß für die allermeisten Studenten die Wissenschaft Berufsschule ist. Weil »Wissenschaft mit dem Leben nichts zu tun hat«, darum muß sie ausschließlich das Leben dessen gestalten, der ihr folgt. Zu den unschuldig-verlogensten Reservaten vor ihr gehört die Erwartung, sie müsse X und Y zum Berufe verhelfen. Der Beruf folgt so wenig aus der Wissenschaft, daß sie ihn sogar ausschließen kann. Denn die Wissenschaft duldet ihrem Wesen nach keine Lösung von sich, sie verpflichtet den Forschenden, in gewisser Weise immer als Lehrer, niemals zu den staatlichen Berufsformen des Arztes, Juristen, Hochschullehrers. Es führt zu nichts Gutem, wenn Institute, wo Titel, Berechtigungen, Lebens- und Berufsmöglichkeiten erworben werden dürfen, sich Stätten der Wissenschaft nennen. Der Einwand, wie der heutige Staat zu seinen Ärzten, Juristen und Lehrern kommen soll, beweist hiergegen nichts. Er zeigt nur die umwälzende Größe der Aufgabe: eine Gemeinschaft von Erkennenden zu gründen an Stelle der Korporation von Beamteten und Studierten. Er zeigt nur, bis zu welchem Grade die heutigen Wissenschaften in der Entwicklung ihres Berufsapparates (durch Wissen und Fertigkeiten) von ihrem einheitlichen Ursprung in der Idee des Wissens abgedrängt sind, der ihnen ein Geheimnis, wenn nicht eine Fiktion geworden ist. Wem der heutige Staat das Gegebene ist und alles in der Linie seiner Entwicklung beschlossen, der muß das verwerfen; wenn er nur nicht Protektion und Unterstützung der »Wissenschaft« vom Staate zu fordern wagt. Denn nicht die Übereinkunft der Hochschule mit dem Staate, die sich mit ehrlicher Barbarei nicht schlecht verstünde, zeugt von Verderbnis, sondern die Gewährleistung und Lehre von der Freiheit einer Wissenschaft, von der doch mit brutaler Selbstverständlichkeit erwartet wird, daß sie ihre Jünger zu sozialer Individualität und Staatsdienst führe. Keine Duldung freiester Anschauungen und Lehren fördert, solange das Leben, das diese – nicht minder als die strengsten – mit sich führen, nicht gewährt ist und diese ungeheure Kluft naiv durch die Verbindung der Hochschule mit dem Staate geleugnet wird. Es ist mißverständlich, im einzelnen Forderungen zu entwickeln, solange der einzelnen in der Erfüllung doch der Geist ihrer Gesamtheit versagt bliebe, und nur dies soll als bemerkenswert und erstaunlich hervorgehoben werden: wie in der Institution des Kollegs als in einem ungeheuren Versteckspiel die Gesamtheiten der Lehrer und Schüler sich aneinander vorüberschieben und nie erblicken. Immer bleibt hier die Schülerschaft als unbeamtet hinter der Lehrerschaft zurück, und der rechtliche Grundbau der Universität, verkörpert im Kultusminister, den der Souverän, nicht die Universität ernennt, ist eine halb verhüllte Korrespondenz der akademischen Behörde über die Häupter der Schüler (und in seltenen und glücklichen Fällen auch der Lehrer) mit den staatlichen Organen.

      Die unkritische und widerstandslose Ergebung in diesen Zustand ist ein wesentlicher Zug im Studentenleben. Zwar haben die sogenannten freistudentischen Organisationen und andere sozial gerichtete einen scheinbaren Lösungsversuch unternommen. Dieser geht zuletzt auf völlige Verbürgerung der Institution, und nirgends hat sich deutlicher als an dieser Stelle gezeigt, daß die heutigen Studenten als Gemeinschaft nicht fähig sind, die Frage des wissenschaftlichen Lebens überhaupt zu stellen und seinen unlösbaren Protest gegen das Berufsleben der Zeit zu erfassen. Weil sie überaus scharf die chaotische Vorstellung der Studenten von wissenschaftlichem Leben erklärt, darum ist die Kritik der »freistudentischen« und der ihr nahestehenden Ideen notwendig und soll mit Worten aus einer Rede geschehen, die vom Verfasser vor Studenten gehalten wurde, als er für die Erneuerung zu wirken gedachte. »Es besteht ein sehr einfaches und sicheres Kriterium, den geistigen Wert einer Gemeinschaft zu prüfen. Die Frage: findet die Totalität des Leistenden in ihr einen Ausdruck, ist der ganze Mensch ihr verpflichtet, ist der ganze Mensch ihr unentbehrlich? Oder ist jedem in gleichem Maße die Gemeinschaft entbehrlich als er ihr? Es ist so einfach, diese Frage zu stellen, so einfach, sie für die jetzigen Typen sozialer Gemeinschaft zu beantworten, und diese Antwort ist entscheidend. Jeder Leistende strebt nach Totalität, und der Wert einer Leistung liegt eben in ihr, also darin, daß das ganze und ungeteilte Wesen eines Menschen zum Ausdruck komme. Die sozial begründete Leistung aber enthält, wie wir sie heute vorfinden, nicht die Totalität, sie ist etwas völlig Bruchstückhaftes und Abgeleitetes. Nicht selten ist die soziale Gemeinschaft der Platz, wo heimlich und in gleicher Gesellschaft gekämpft wird gegen höhere Wünsche, eigenere Ziele, tiefer eingeborene Entwicklung aber verdeckt wird. Die soziale Leistung des Durchschnittsmenschen dient in den allermeisten Fällen zur Verdrängung der ursprünglichen und unabgeleiteten Strebungen des inneren Menschen. Hier ist von Akademikern die Rede, Menschen, die von Berufs wegen jedenfalls in irgendeiner inneren Verbindung mit geistigen Kämpfen, mit Skeptizismus und Kritizismus des Studierenden stehen. Diese Menschen bemächtigen sich eines völlig fremden, dem ihrigen weltweit abgelegenen Milieus als ihres Arbeitsplatzes, sie schaffen sich dort an entlegener Stelle eine begrenzte Tätigkeit, und die ganze Totalität solchen Tuns ist, daß es einer oft abstrakten Allgemeinheit zugute kommt. Keine innere und ursprüngliche Verbindung besteht zwischen dem geistigen Dasein eines Studierenden und seinem fürsorglichen Interesse für Arbeiterkinder, ja selbst für Studierende. Keine Verbindung als ein mit seiner eigenen und eigensten Arbeit unverbundener Pflichtbegriff, der ein mechanisiertes Gegenüber: ›hie Stipendiat des Volkes – da soziale Leistung‹ setzt. Hier ist das Pflichtgefühl errechnet, abgeleitet und umgebogen, nicht aus der Arbeit selbst geflossen. Und jener Pflicht wird genügt: nicht im Leiden für erdachte Wahrheit, nicht im Ertragen aller Skrupel eines Forschenden, überhaupt nicht in irgendwie mit dem eigenen geistigen Leben verbundener Gesinnung. Sondern in einem krassen und zugleich höchst oberflächlichen Gegensatz, vergleichbar dem: ideell-materiell / theoretisch-praktisch. Jene soziale Arbeit, mit einem Wort, ist nicht die ethische Steigerung, sondern die ängstliche Reaktion eines geistigen Lebens. Nicht dies aber ist der eigentlichste und tiefste Einwand, daß die soziale Arbeit im wesentlichen unverbunden, abstrakt der eigentlich studentischen Arbeit gegenübersteht, darin ein höchster und verwerflichster Ausdruck des Relativismus, der jedes Geistige vom Physischen, jede Setzung von ihrem Gegenteil ängstlich und sorgsam begleitet sehen will – unvermögend synthetischen Lebens – nicht dies ist das Entscheidende, daß ihre ganze Totalität in Wirklichkeit leere allgemeine Nützlichkeit ist, sondern: daß sie trotz alledem die Geste und Haltung der Liebe fordert, wo nur mechanische Pflicht, ja oft nur ein Abbiegen stattfindet, um den Konsequenzen geistigen kritischen Daseins, dem der Student verpflichtet ist, auszuweichen. Denn wirklich ist er zu dem Zwecke Student, daß ihm das Problem des geistigen Lebens mehr am Herzen liegt als die Praxis der sozialen Fürsorge. Endlich – und dies ist ein untrügliches Zeichen: es ist aus jener studentisch sozialen Arbeit keine Erneuerung des Begriffs und der Schätzung sozialer Arbeit überhaupt erwachsen. Noch immer ist der Öffentlichkeit soziale Arbeit jenes eigentümliche Gemenge von Pflicht- und Gnadenakt des einzelnen geblieben. Studenten haben ihre geistige Notwendigkeit nicht ausprägen und daher nie eine wahrhaft ernst gesinnte Gemeinschaft in ihr gründen können, vielmehr nur eine pflichteifrige und interessierte. Jener Tolstoische Geist, der die ungeheuere

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