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Sammelband 6 Extra Western September 2018. Alfred Bekker
Читать онлайн.Название Sammelband 6 Extra Western September 2018
Год выпуска 0
isbn 9783745205664
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Вестерны
Издательство Readbox publishing GmbH
„Es hat es eine Woche so geregnet, und wir kamen nicht über den Brazos River hinüber mit unseren Rindern. Hochwasser, alles überschwemmt. Es war eine einzige Katastrophe. Als wir später bei abflauendem Hochwasser doch noch trieben, waren drei Männer und Hunderte von Rindern umgekommen.“
„Ich erinnere mich gut“, sagte ich bitter.
„Hoffentlich wird es nicht so schlimm wie damals“, meinte Abe.
Es goss weiter. Und dann erfuhren wir, warum der Goldsucher auf seiner Karte neben der Eintragung von dem Gebirgstal mit dem See ein Ausrufezeichen gemacht hatte. Das war jenes Tal, wo wir vom Gewitter überrascht worden waren.
Als wir dieses Tal erreichten, da war nicht nur ein See in der Mitte wie auf dem Hinweg. Das ganze Tal war mit Wasser bedeckt. Ich konnte gar nicht begreifen, dass es möglich war, in so kurzer Zeit dieses Tal mit Wasser aufzufüllen. Aber als ich die Felsen rundherum betrachtete, begriff ich es. Da kam es an mehr als hundert Stellen von oben heruntergeschossen, Wasserfälle. Und aus jener Seitenschlucht, in der der Captain und Jesse die Dickhornschafe erlegt hatten, floss es wie ein Fluss ins Tal hinein.
Wie sollten wir hier weiterkommen? Über die Felsen hinweg konnten wir nicht. Im Tal versperrte uns das Wasser den Weg. Gab es eine andere Möglichkeit, tiefer hinunter zu gelangen?
Weber, der immer für Besonnenheit war, meinte: „Wir sollten hier abwarten. Ganz gleich, was geschieht. Es hört wieder auf. Das Wasser muss irgendwo verschwinden. Dann ziehen wir weiter.“
Ich schüttelte heftig den Kopf. „Ich denke nicht daran! So verrückt möchte ich sein! Setze mich hier vier, fünf Wochen her; und es kann uns passieren, dass es so lange regnet um diese Zeit. Nein! Suchen wir uns einen anderen Weg. Ich würde vorschlagen, wir reiten zurück. Da geht es doch talwärts. Wenn wir dort einmal durchzukommen versuchen.“
„Ich halte mich an den Weg, der hier eingetragen ist“, sagte Weber. „Die anderen Wege kenne ich nicht.“
„Er ist eben für Sicherheit“, meinte Joshua.
Abe sah den Farbigen zornig an, sagte aber nichts. Schließlich wandte er sich an mich und fragte: „Und du?“
„Ich weiß nicht. Zum Teil möchte ich Otto recht geben und warten, es kann wirklich nicht ewig dauern. Aber es kann lange genug dauern, dass es dann kalt wird. Und wenn erst einmal Schnee fällt hier oben ... Denkt einmal an die Serpentinen, die wir noch hinunter müssen. Wenn da alles vereist sein sollte, da kommen wir nie heil unten an.“
„Ich weiß bloß das eine“, meinte Abe, „wenn wir jetzt abstimmen, steht es fünfzig zu fünfzig. Du würdest mit mir stimmen, Joshua mit Otto. Sollten wir uns etwa trennen?“
Überraschend erklärte Otto Weber: „Ich fände es nicht schlecht, wenn wir uns trennten. Ich würde hier mit Joshua warten.“
„Gute Idee“, meinte Abe und sah mich herausfordernd an. „Callahan, wir zwei packen es. Komm, wir reiten das Stück zurück und dann nichts wie talwärts. Man braucht ja nur den Tälern zu folgen. Irgendwie laufen sie alle in der Ebene aus.“
„Das ist Quatsch!“, widersprach ich. „Ich weiß sehr genau, dass es eine Menge Täler gibt, die keinen Ausgang haben. Aber am Ende müssen wir etwas unternehmen. Ich habe auch keine Lust, hier zu warten.“
„Wir brauchen nur drei Maultiere“, erklärte Weber. „Alles andere könnt ihr mitnehmen.“
Abe witterte sofort den Vorteil und sagte: „Oh, du bist großzügig. Danke, Otto! Das ist ein Wort. Also, dann wollen wir gar nicht länger warten. Komm, Callahan!“
„Immer langsam!“, mahnte ich. „Erst muss alles seine Ordnung haben.“
„Wieso Ordnung?“, fragte Abe. „Wir haben unsere Anteile. Was willst du noch?“
Ich achtete nicht auf ihn, sondern gab Otto Weber eine Adresse in Lander. „Wenn ihr durchkommt“, sagte ich, „hinterlasst dort etwas. Ich werde das ebenfalls tun. Dann wissen wir wenigstens voneinander.“
Otto Weber nickte. Ich winkte ihm zu, wir nahmen bis auf drei die anderen Maultiere und das Pferd, und dann zogen wir los.
Als wir ein gutes Stück entfernt waren, wandte ich mich noch einmal im Sattel um, obgleich mir jede unnötige Bewegung bei dieser Nässe im strömenden Regen unangenehm war. Da sah ich die beiden, wie sie ihr Zelt aufbauten. Sie hatten wohl bemerkt, dass ich mich umdrehte und winkten; ich winkte zurück. Abe drehte sich nicht mehr um.
*
DER WEG, DEN WIR ZUNÄCHST ritten, als wir Abes Vorschlag folgten und uns talwärts hielten, schien wirklich besser zu sein. Wir kamen sehr gut voran, erreichten Wald und fanden in diesem Hochwald sogar Schutz vor dieser Nässe. Am Abend schlugen wir unter Bäumen unser Lager auf, und obgleich es da mittlerweile auch nur so herunterlief, war es doch dicht an einem Baumstamm angenehmer als im Freien. Auch konnten wir das Zelt hier anders aufbauen und hatten wirklich Schutz. Aber die Zeltbahnen waren mittlerweile nicht mehr in der Lage, das Wasser abzuhalten. Der Regen floss hindurch wie durch einen Sack.
Wir hatten noch etwas kaltes Fleisch und verzehrten den Rest. Alle anderen Lebensmittel waren mittlerweile in der Nässe verdorben. Da es gleichzeitig auch warm war, schimmelte es beizeiten, und wir hatten es wegwerfen müssen.
Die Maultiere und das Pferd waren besser dran. Sie fanden Futter. Körnerfutter hatten wir schon längst nicht mehr. Sie mussten sich mit Gras begnügen, und das war genügend vorhanden.
Am nächsten Morgen war es deutlich kälter geworden. Wir waren zwar unterhalb der Baumgrenze, aber immer noch in ziemlicher Höhe. Und am Tag ließ der Regen ein wenig nach. Dann verwandelte er sich in Graupeln. Es wurde noch kälter. Der Wind drehte, kam jetzt aus Norden.
Wir konnten nicht mehr weiter talwärts ziehen, denn wir mussten einen Höhenrücken überwinden, der sich plötzlich vor uns aufbaute. Unsere Hoffnung, weiterhin bergab in wärmere Gegend zu gelangen, zerstob. Aber kaum waren wir über diesen Höhenrücken hinweg, ging es wieder bergab. Und nun schien sich Abes Vorstellung zu erfüllen, dass wir doch rasch und besser talwärts gelangten als auf dem alten Weg.
Es begann zu schneien. Aber das hielt nicht lange an, denn ein eisiger Wind trieb die Wolken mit dem Schnee davon. Danach regnete es wieder, wurde wärmer, und der Regen nahm zu.
Wir zogen immer noch talwärts. Manchmal mussten wir Steilwände umgehen, um einen günstigen Abstieg zu finden. Und dann hörten wir den Fluss. Es konnte nur der Yellowstone sein.
Aber wir sahen noch nichts davon. Und als wir ihn sahen, wurde uns klar, dass er für uns eine noch größere Barriere darstellte als das Wasser in jenem Tal, wo Weber und Joshua sicherlich noch immer warteten.
„Der Yellowstone!“, meinte Abe und sah mich fragend an.
Ich nickte. „Und er ist verdammt weit über die Ufer getreten. Das ganze Tal ist überschwemmt. Wir kommen nicht hinüber. Wir finden noch nicht einmal eine halbwegs ebene Lagerstelle.“
„Wir müssen hinüber“, meinte Abe entschlossen. „Verdammt, durch wie viele Flüsse sind wir schon hindurch. So reißend ist der doch gar nicht. Es müsste doch eine günstige Gelegenheit geben. Vielleicht weiter oben.“
„Er hat ziemlich viel Gefälle. Du sagst, er ist nicht reißend? Es würde uns abtreiben und mitreißen. Wir hätten gar keine Möglichkeit, auf die andere Seite zu gelangen.“
Dort, wo wir uns befanden, war das Gelände noch ziemlich steil. Es standen aber Tannen darauf; dicke, mächtige Stämme.
„Wir haben unsere Beile. Wenn wir ein paar von den Tannen umschlagen, können wir so etwas wie eine Brücke bauen“, schlug ich vor.
Abe war sofort einverstanden. Wir suchten uns also eine Stelle aus, wo wir der Meinung waren, dass die Wipfel der Tannen bis