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Eine neue Methode zum nicht-invasiven Nachweis des Asiatischen Laubholzbockkäfers (ALB): ANOPLO-diag

       A new method for the non-invasive detection of the Asian long-horned beetle (ALB): ANOPLO-diag

       von Matthias Becker, Beatrice Berger, Andrea Taddei, Björn Hoppe und Stephan König

       Zusammenfassung

      Ein Auftreten des Asiatischen Laubholzbockkäfers (Anoplophora glabripennis, kurz ALB) erfordert in der Europäischen Union in der Regel phytosanitäre Maßnahmen durch die Pflanzenschutzdienste. Als befallene Pflanzen gelten diejenigen, die ALB-Symptome aufweisen. Bislang galt, dass eine sichere Diagnose des ALB nur bei Vorliegen von ALB-Stadien erfolgen kann. Das neue Diagnoseverfahren ermöglicht es, den ALB auch aus minimalen DNA-Spuren in Fraß und Nagespänen zu identifizieren. Die neue Methode basiert auf quantitativer PCR (qPCR) und hat gegenüber herkömmlichen molekularen Ansätzen zur Diagnose von ALB deutliche Vorteile hinsichtlich Sensitivität und Spezifität. Darüber hinaus führt sie wesentlich schneller zu einem Ergebnis als Verfahren, die zur sicheren Diagnostik aufwendigere Sequenzierungen durchführen müssen.

       Summary

      Detection of the Asian long-horned beetle (ALB, Anoplophora glabripennis) generally requires phytosanitary measures by plant protection services in the European Union. Infestation status applies to all plants that show symptoms of ALB. Until now, reliable diagnosis of ALB has been considered to require ALB egg, larval or imago material. However, our new diagnostic procedure allows identification of ALB from tiny amounts of DNA within frass or wood chips. Our new method is based on quantitative PCR (qPCR) and has significant advantages over previous molecular approaches in terms of sensitivity and specificity. Additionally, our method is much faster than procedures that require DNA sequencing for reliable diagnosis.

       1 Einleitung

      Der aus Asien in mehrere Mitgliedstaaten der Europäischen Union verschleppte Asiatische Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis, kurz ALB) wird von der EU als prioritärer Quarantäneschadorganismus gelistet und stellt aufgrund seines invasiven Schadpotenzials eine große Bedrohung für heimische Laubgehölze dar. Anders als viele hier natürlich vorkommende Bockkäferarten (Cerambycidae) ist diese Art in der Lage, vitale Gehölze zu besiedeln. Das trifft zumeist auf Gehölze im städtischen (urbanen) Bereich zu, was wiederum den potenziellen transkontinentalen Verschleppungswegen geschuldet ist. Die im Holz lebenden Larven des ALB wurden (und werden) wiederholt in Holzverpackungsmaterialen nachgewiesen. Klassischerweise werden Containerwarensendungen in Holz verstaut, in denen sich die Larven verpuppen und zu adulten Käfern weiterentwickeln können. Entfliehen dann beim Entladen dieser Sendungen geschlechtsreife Käfer, besteht die Gefahr einer lokalen Ansiedlung. Um dies zu verhindern, ist schnelles und diagnostisch validiertes Handeln erforderlich. Die Kombination von ALB-typischen Symptomen (wie bspw. kreisrunden Ausbohrlöchern und Nagespänen) ist in Verbindung mit einer positiven Reaktion erfahrener Spürhunde als Indiz eines ALB-Befalls anzusehen; eine sichere Diagnose kann aber nur bei Vorliegen von ALB-Stadien und (zumindest bei Ei- und Larvenstadien) mittels einer intensiven Laboranalyse erfolgen (JKI 2016).

      Die Suche nach ALB-Stadien kann gegebenenfalls die Fällung, mindestens aber eine zerstörende Probenahme symptombehafteter Bäume erfordern. Um einen jahreszeitenunabhängigen Nachweis (positiv oder besser negativ) zu erbringen, ist ein sensitives Diagnoseverfahren notwendig, das es erlaubt, ALB nur anhand von Fraß und Nagerückständen zu identifizieren. Bislang gibt es keinen derartigen Ansatz.

      Weitere Informationen zur Biologie und Verbreitung von ALB und durch ihn verursachte Schäden sind dem Artikel von HOPPE et al. (2020) in diesem Tagungsband und dem ALB-Steckbrief (pest survey card) der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA 2019) zu entnehmen.

       2 Stand des Wissens

       2.1 Bisherige Nachweisverfahren für ALB

      Der Diagnosestandard PM 7/129 der Europäischen und Mediterranen Pflanzenschutzorganisation (EPPO) beinhaltet validierte Protokolle zur molekularbiologischen Diagnose von Arthropoden, darunter auch Anoplophora glabripennis (ALB) (EPPO 2016). Dabei ist vorgesehen, aus gesammelten und ins Labor überführten Entwicklungsstadien (beispielsweise aus Larven) DNA zu extrahieren, daraus anschließend mittels PCR (siehe 2.2) DNA von Markergenen zu vervielfältigen und diese zur Identifikation zu sequenzieren. Eines dieser sogenannten Barcoding-Gene zur Unterscheidung verschiedener Arten codiert die Untereinheit 1 der Cytochrom C Oxidase (COI). Die sequenzierte Region dieses Gens erlaubt eine eindeutige Zuordnung der untersuchten Probe zum ALB und darüber hinaus sogar die Differenzierung einzelner geographischer Populationen. Am Julius Kühn-Institut werden zur Unterstützung der deutschen Pflanzenschutzdienste diagnostische Analysen kritischer Verdachtsfälle durchgeführt. Neben einer morphologischen Bestimmung eingesandter ALB-Larven hat sich der routinemäßige Einsatz des EPPO PM 7/129-Protokolls für die molekulare, PCR-basierte Diagnose bewährt. Das Schema in Abbildung 1 zeigt, unter welchen Bedingungen der EPPO Standard PM 7/129 (mitsamt der zugehörigen Primer) verwendet werden kann, um ALB zu diagnostizieren, und wann es ratsam ist, mit spezifischeren Primern zu arbeiten. Das beschriebene Vorgehen setzt aber i. d. R. das Vorhandensein von ALB-Stadien voraus.

       Abbildung 1: Übersicht über die folgenden Abbildungen und vereinfachte Darstellung des Arbeitsablaufs der molekularbiologischen Diagnose von ALB aus verschiedenen Ausgangsmaterialien; * Inhibitoren = störende Stoffe, die eine Untersuchung mittels PCR hemmen, u. a. phenolische Gerbstoffe vieler Wirtsbaumarten

       2.2 Diagnose von Schadinsekten aus Larvenmaterial mittels PCR

      Die PCR ist eine Kettenreaktion zur Vervielfältigung (Amplifikation) eines Ziel-DNA-Abschnittes (Template) mittels des Enzyms Polymerase (daher englisch Polymerase Chain Reaction). Sind durch die PCR ausreichend viele Kopien der Ziel-DNA generiert worden, kann die Basenreihenfolge der DNA im nächsten Untersuchungsschritt bestimmt (sequenziert) und der Schadorganismus dann zumeist eindeutig identifiziert werden. Damit die Polymerase ausschließlich die Ziel-DNA und keine ungewollten DNA-Regionen amplifiziert, werden sogenannte Primer, dem Laborpraktiker bekannte, kurze, künstlich hergestellte DNA-Stücke, sogenannte Nukleotide, benötigt, die am Beginn und Ende der Ziel-DNA binden und der Polymerase den Umfang der Zielregion vorgeben. Primer können Artspezifisch sein, so dass sie nur an die DNA der gewünschten Spezies binden, oder ausreichend unspezifisch sein, um an die DNA vieler verschiedener Organismen binden zu können.

      Die quantitative PCR (kurz qPCR) unterscheidet sich von der herkömmlichen PCR durch Fluoreszenz-Messungen während der DNA-Amplifikation. Ermöglicht wird dies durch eine fluoreszierende sogenannte TaqMan-Sonde, die in einer herkömmlichen PCR nicht zum Einsatz kommt. Da die Fluoreszenz proportional zur Menge der PCR-Produkte ist, kann die Vervielfältigung der DNA in Echtzeit beobachtet werden und so eine Aussage über eine statistisch signifikante Amplifikation getroffen werden. Das bedeutet, dass auch sehr geringe DNA-Mengen (wie sie in Fraß und Nagerückständen vorhanden sind) noch nachgewiesen werden können.

      Die Cytochrom C Oxidase ist ein überlebenswichtiger, an der Zellatmung beteiligter Enzymkomplex, der bei allen Eukaryonten (inkl. Tieren, Pflanzen und Pilzen) aus 13 Untereinheiten besteht. Das die Untereinheit 1 (COI) codierende Gen COI ist über weite Abschnitte hochkonserviert und wird häufig zur stammesgeschichtlichen (phylogenetischen) Einordnung von Organismen verwendet. Die Primer des EPPO Standard PM 7/129 Protokolls, mit den Namen „LCO1490“ und „HCO2198“, wurden so designt, dass sie an die DNA des COI-Gens möglichst vieler Eukaryonten binden. Solange ausreichend Ei- bzw. Larvenmaterial

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