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      „Florian Bratseth, Hamburg, war auch aus der Werbebranche”, stellte Rudi fest. „Vielleicht kannte Ihr Mann ihn.”

      „Vor fünf Jahren hat sich mein Mann bei einer Agentur in Hamburg beworben.”

      „Wissen Sie noch, welche Agentur das war?”

      „Nein, tut mir leid. Aber wenn ich die Sachen meines Mannes nach und nach ordne, werde ich das sicher herausfinden können.”

      „Es wäre gut, wenn Sie sich damit etwas beeilen könnten.”

      „Glauben Sie, dass das irgendeine Bedeutung hat?”

      „Das wissen wir nicht, Frau Nöllemeyer. Im Moment sammeln wir einfach alles, was wir an Informationen kriegen können.”

      7

      „Ich hoffe, Sie sind jetzt zufrieden damit, dass wir mindestens eine Stunde wertvolle Ermittlungszeit verschwendet haben”, sagte Maik Ladberger, nachdem wir bereits wieder im Wagen saßen.

      Ich hatte diesmal auf dem Rücksitz platzgenommen und die etwas anstrengende Konversation mit unserem Kollegen Rudi überlassen.

      Ich bekam einen Anruf aus Quardenburg.

      Dr. Friedrich Georg Förnheim, genannt FGF, aus Quardenburg war am Apparat. Der Chemiker, Physiker und Ballistiker im Ermittlungsteam Erkennungsdienst war natürlich längst mit dem Fall befasst. „Hallo Harry. Ich wollte Sie nur kurz darüber informieren, dass das Heroin, das dem Opfer im Fall Nöllemeyer zum Verhängnis wurde, jetzt eingetroffen ist.”

      Förnheims hamburgischer Akzent war unüberhörbar und hatte den großen Vorteil, dass man ihn selbst dann noch gut verstehen konnte, wenn die Handyverbindung instabil war und man durch eine Unmenge an Nebengeräuschen abgelenkt war.

      „Na, das müsste Sie doch freuen. Dann können Sie ja loslegen.”

      „Ich werde einige weitergehende chemische Analysen vornehmen. Sie wissen ja, vollkommen reinen Stoff gibt es nicht. Und die Zusätze können wie ein Fingerabdruck sein. Mit etwa Glück gelingt es uns vielleicht, die Herkunft zu ermitteln.”

      „Das würde uns sicher weiterbringen.”

      „Ich habe eine Bitte, Harry.”

      „Und welche?”

      „Sorgen Sie dafür, dass ich auch Proben des Heroins bekomme, das in den anderen Fällen eine Rolle spielte. Und zwar meine ich damit wirklich alle Fälle, die wir damit bislang in Verbindung bringen.”

      „Also auch die Toten von Hamburg.”

      „Ich sehe, Sie verstehen mich, Harry. Die Polizei von Hamburg war da leider nicht sehr kooperativ und die bürokratischen Hürden sind da wohl nicht ganz unerheblich.”

      „Ich werde mit Herr Hoch darüber sprechen”, schlug ich vor. „Und ich wette, da wird sich was machen lassen.”

      „Sehr gut. Sobald ich Näheres weiß, sage ich es Ihnen. Ach ja, es interessiert Sie vielleicht, dass unser Kuhschwanz zu Ihnen nach Frankfurt fliegt.”

      Mit „unser Kuhschwanz” meinte Förnheim niemand anderen als unseren Gerichtsmediziner Dr. Gerold M. Wildenbacher. Der rustikale Bayer mit dem Gemüt eines Fleischergesellen und der distinguierte Hamburger waren in jeder Hinsicht ausgesprochen gegensätzliche Charaktere, aber vielleicht war gerade das der Grund dafür, dass sie sich bei ihrer Arbeit im Ermittlungsteam Erkennungsdienst nahezu perfekt ergänzten.

      „Wir können hier jede Unterstützung brauchen“, sagte ich.

      „Er hat gesagt, dass er die Befunde der gerichtsmedizinischen Untersuchung haarklein überprüfen will. Und wie ich unseren Alm-Hirten aus Bayern kenne, werden sich da ein paar Leute ziemlich warm anziehen müssen.“

      „Gibt es denn Zweifel daran, ob das Heroin wirklich in allen Fällen die Todesursache war?“, hakte ich nach.

      „Zweifel gibt es immer, Harry. Der Zweifel ist der Motor der Wissenschaft, wussten Sie das nicht? Und die Selbstgewissheit könnte man ihren Totengräber nennen. Wie auch immer, ich melde mich, sobald es hier etwas Neues gibt.“

      „Wie schön Sie das gesagt haben“, sagte ich.

      „Sehen Sie, ich wusste doch, dass Sie Sinn für so ein Bonmot haben - ganz im Gegensatz zu unserem Trampel aus Bayern.“

      8

      Eine halbe Stunde später saßen wir im Büro von Maik Ladberger. Im Frankfurter Polizeipräsidium waren Großraumbüros vorherrschend. Um so auffälliger war der Umstand, dass man Maik Ladberger in einem abgetrennten Raum untergebracht hatte, wo er für sich war.

      Aber so, wie Rudi und ich in bisher kennengelernt hatten, gehörte er wohl zu den Kollegen, die schlicht und ergreifend besser allein waren.

      „Wenn Sie einen Kaffee wollen, gehen Sie zum Automaten und holen sich einen. Ansonsten habe ich in einer halben Stunde eine Lagebesprechung angesetzt. Ich hoffe, Sie haben nichts anderes vor.“

      „Bis jetzt nicht“, machte Rudi den Versuch, Ladberger mit Humor zu antworten. Allerdings schien Ladberger auf so etwas nun überhaupt nicht anzusprechen. Ganz im Gegenteil. Ladberger hatte für sich selbst einen Kaffeebecher vom Automaten geholt, uns allerdings selbstverständlich keinen mitgebracht. Er trank ihn mit einem Schluck zur Hälfte leer. „Es hat sich übrigens auch ein gewisser Kommissar Theodor Nesch vom BKA-Büro Frankfurt gemeldet.”

      „Ja, das ist unser Verbindungsmann hier”, sagte ich. „Er wird in die Ermittlungen einbezogen.”

      „Schön, dass ich das auch noch erfahre, Kriminalinspektor Kubinke!”

      „Ich habe das auch erst heute Morgen von meinem Chef erfahren. Und abgesehen davon werden wir die Unterstützung des BKA-Büro hier in Frankfurt mit Sicherheit noch benötigen.”

      „Wenn Sie das sagen… Meine Meinung über die Kollegen dort ist…”

      „...so schlecht wie über den Rest der Welt, Hauptkommissar Ladberger. Das haben wir inzwischen begriffen”, konnte Rudi jetzt nicht mehr an sich halten und fuhr entsprechend dazwischen. „Sie werden wohl oder übel mit dieser ganzen Bande von Stümpern auskommen müssen, wenn Sie in diesem Fall was erreichen wollen.”

      „Oh, die Weisung eines Kriminalinspektors!”

      „Nein, nur ein guter Rat. Denn in einem stimme ich Ihnen voll und ganz zu: Da könnte sich in der Drogenszene von Frankfurt eine Lage zusammenbrauen, die wir unbedingt verhindern müssen.”

      Maik Ladberger wirkte überrascht. Offenbar war er es nicht gewohnt, dass ihm jemand dermaßen Kontra gab.

      Ladberger schaute auf die Uhr. „Gehen wir zum Meeting”, sagte er einfach.

      9

      An dem Meeting nahmen ungefähr zwei Dutzend Personen Teil. Alle waren irgendwie in den Fall eingebunden. Hauptkommissar Gustavv von der Mordkommission war auch dabei, denn seine Abteilung hatte die ersten Ermittlungen im Fall Nöllemeyer durchgeführt. Die anderen kamen zumeist aus der Abteilung gegen das organisierte Verbrechen. So schwierig Ladberger als Mensch auch sein mochte, er hatte einige sehr sinnvolle Schritte eingeleitet. Zum Beispiel hatte er jeden verfügbaren Drogenfahnder in der Gegend, in der Nöllemeyer zu Tode gekommen war, darauf angesetzt, herauszubekommen, wer wohl der Dealer gewesen sein mochte, von dem der Werbefachmann seinen Stoff gekauft hatte.

      Und dazu lagen bereits Ergebnisse vor.

      Polizeiobermeister Ilona Meckenhoff-Grelin, eine rothaarige Mittdreißigerin, berichtete darüber, dass insgesamt zu diesem Thema bereits eine Flut von Hinweisen eingegangen sei, die jetzt abgearbeitet würden. „Außerdem haben wir Berichte einiger Informanten erhalten, die unseren Verdacht erhärtet haben: Da versucht

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