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      23

      "Jemand hat für Sie angerufen, Jesse", eröffnete mir Mister McKee, als wir uns in dessen Büro zur Besprechung einfanden.

      Ich hob die Augenbrauen. "Wer war es?"

      "Er hat leider seinen Namen nicht gesagt und die Verbindung nicht lange genug aufrecht erhalten, als dass wir sie hätten zurückverfolgen können."

      Mister McKee spielte mir eine Aufnahme des Gesprächs vor. Eine männliche Stimme verlangte mich zu sprechen. Im Hintergrund waren Geräusche zu hören, die sich nach einem Motor und Straßenverkehr anhörten.

      "Er hat mit einem Handy angerufen", stellte Mister McKee fest.

      "Und wahrscheinlich mit einem dieser Prepaid-Dinger, bei denen man von vorn herein keine Chance hat, den Besitzer herauszufinden." Unser Chef ließ seine Hände in den Hosentaschen verschwinden. "Kennen Sie den Kerl, Jesse?"

      Ich überlegte.

      Mister McKee spielte die Aufnahme noch einmal ab. Milo kam ein paar Sekunden vor mir darauf, wer der Typ war.

      "Jesse, der klingt wie der Mann, der uns im Büro dieser Sekte empfangen hat! Broxon nannte ihn Davis."

      Ich nickte langsam.

      "Ja, stimmt!"

      "Was könnte er von Ihnen wollen, Jesse?", fragte Mister McKee.

      Ich zuckte die Achseln. "Keine Ahnung. Vielleicht will er aus irgendeinem Grund auspacken..."

      "Warten wir einfach ab, ob er es noch einmal versucht", sagte Milo.

      Und Mister McKee meinte: "Nachname Davis und Mitglied der KIRCHE DER WAHREN HEILIGEN. Mit diesen Parametern wird unsere Fahndungsabteilung sicher Identität und Adresse des Anrufers ermitteln können, Jesse."

      "Jedenfalls ist das für mich ein Zeichen dafür, dass mein Riecher in dieser Hinsicht richtig war. Diese Sekte steckt hinter den Klinik-Anschlägen."

      "Wenn wir das beweisen könnten, befände sich keiner von denen noch auf freiem Fuß, Jesse!", gab Mister McKee zu bedenken.

      Der Unterschied zwischen dem, was eine Polizeibehörde wusste und dem, was sie juristisch wasserdicht vor Gericht als beweisbare Tatsachen präsentieren konnte, war mir nach all den Dienstjahren wohl bekannt. Aber es war dennoch immer wieder frustrierend, wenn einem die Hände gebunden waren.

      "Was ist mit Dale Johnson?", fragte ich. "Ist er schon wieder aufgetaucht?"

      "Nein. Seit unsere Jungs ihn verloren haben, gibt es keine Spur mehr von ihm."

      "Der letzte Anruf, der mit Isabel Norales' Apparat geführt wurde, ging an Johnson. Unsere Leute müssten ihn abgehört haben."

      "Das wird sich herausfinden lassen", versprach Mister McKee.

      "Nach dem Video-Abgleich der Klinik-Überwachungssysteme will ich gar nicht erst fragen..."

      "Das dauert noch etwas. Unser Innendienst arbeitet auf Hochtouren daran. Immerhin wissen wir jetzt, dass der Schlüssel, den Sie aus Roy Ortegas Wohnung sichergestellt haben zu einem Schließfach in der Grand National Bank-Filiale von Newark gehört. Jay und Leslie sind schon unterwegs."

      "Na, dann wissen wir ja vielleicht bald mehr", meinte Milo. "Vorausgesetzt in dem Schließfach ist dieses ominöse Videoband, für das nun schon einige Menschen ihr Leben lassen mussten."

      Ich hob die Augenbrauen.

      "Angenommen, diese Sekte steckt wirklich dahinter, dann brauchten die jemanden, der ihnen die Mikrowellen-Sender besorgt. Diese Rolle hatte Jacky Tasso..."

      "Bis jetzt eine Hypothese", gab Mister McKee zu bedenken. "Von Jacky Tasso wissen wir nur, dass er im !VENGA! mit seinen Leuten ein Blutbad veranstaltet hat, das ihn wahrscheinlich in die Todeszelle bringen wird."

      "Vermutlich hat er auch den Killer bezahlt, der Roy Ortega ins Jenseits beförderte, bevor er uns gegenüber völlig auspacken konnte."

      "Richtig." Mister McKee nickte knapp. "Und jetzt hat Dale Johnson vermutlich Tassos Geschäfte übernommen oder versucht es zumindest."

      "Dieser Heilige wird seinen Kampf gegen das, was er für die Ausgeburt der Sünde hält, nicht aufgeben."

      "Jesse, es gibt bis jetzt nichts, womit wir das beweisen könnten!"

      "Wer steckte hinter Tasso?", fragte ich. "Irgendjemand Größeres muss doch die Hand über ihn halten."

      "Die Kollegen der DEA sind der Ansicht, dass Tassos ursprüngliches Betätigungsfeld der Drogenhandel war. Also muss er sich mit einem der großen Tiere gut gestanden haben, die in dieser Beziehung in der Bronx was zu sagen haben."

      "Nur kommen wir dann in eine Liga der Bosse, von denen sich keiner mehr die Hände schmutzig macht und dumm genug ist, sich so eine Verbindung nachweisen zu lassen..."

      24

      Dale Johnson stoppte seinen Wagen vor dem Strandhaus am Long Island Sound. Es gehörte Jacky Tasso, war eines seiner Unterschlupf-Nester. Außerdem war es natürlich hervorragend für ein nettes Wochenende geeignet. Tasso hatte hier wiederholt wilde Partys gefeiert. Daher kannte Johnson dieses Anwesen auch.

      Er stieg aus, sog die frische Meeresluft in sich auf.

      Nebel hing über dem Long Island Sound und die Wettervorhersage war lausig, richtiges Waschküchenwetter war angesagt. Normalerweise konnte man von hier aus bis hinüber zur Connecticut-Küste sehen. Aber dazu war es jetzt einfach zu diesig.

      Johnson war hier seit zwei Tagen untergetaucht. Er wollte einfach nicht unter ständiger FBI-Beobachtung stehen. Nicht gerade jetzt, wo er den Deal seines Lebens machen wollte.

      Am Morgen war er kurz zum nächsten Supermarkt gefahren, um das Nötigste einzukaufen.

      Er holte die Tüten aus dem Kofferraum, ging zur Tür.

      Mit einiger Mühe öffnete er die Tür und ging ins Wohnzimmer. Dort erstarrte er. Auf der Couch saß ein Mann, in dessen rechter Hand sich eine Beretta befand.

      Der Lauf der Waffe zeigte auf Johnson.

      "Ron!", stieß dieser hervor.

      "Hi, Dale!" Ron grinste. "Ich habe mir gedacht, dass du hier bist! Ich habe einfach alle möglichen Orte abgeklappert..."

      "Was willst du hier...?

      "Mein Geld. Ich hab die kleine Isabel Norales für dich aus dem Weg geräumt, als du in der Klemme gesessen hast."

      "Scheiße, da bin ich dir ja auch sehr dankbar, aber..."

      Der Lauf der Waffe zuckte hoch. "Lass die Tüten in den Armen", wies Ron ihn an. "Dann machst du mit deinen Händen keine Dummheiten!"

      "Mann, was soll der Scheiß?"

      "Ich sagte es schon: Ich will mein Geld. Du hast dich ziemlich rar in der Szene gemacht... Man könnte denken,

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