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seinesgleichen – weder in einer Schlacht noch im Zweikampf. Vielleicht träfe ich auf ihn, und wenn er wirklich so tapfer war, wie man behauptete, so würde er mir sicher gegenübertreten.

      Ich verbarg mich nicht länger. Ja, mehr noch: ich sang ein Lied im Gehen und schlug den Takt mit meinem Schwert. Sollten die Pikten doch kommen! Ich war bereit, den Tod eines Kriegers zu sterben.

      Ich hatte viele Meilen zurückgelegt, als ich um einen Hügel bog und gute hundert von ihnen vor mir hatte. Falls sie erwarteten, daß ich floh, so täuschten sie sich. Ich unterbrach nicht einmal meinen Gesang, als ich ihnen entgegenschritt. Einer kam mir entgegen und griff an. Ich spaltete ihn von der linken Schulter bis zur rechten Hüfte. Ein zweiter sprang von der Seite heran und stieß nach meinem Kopf. Ich duckte mich und schnitt ihm den Bauch auf. Dann umringten sie mich. Ich hielt das Schwert mit beiden Händen, schwang es im Kreis herum und schaffte mir Platz. Mit dem Rücken stellte ich mich zu dem steilen Abhang des Hügels, um zu verhindern, daß sie mich wieder umzingelten. Meine Streiche waren so gewaltig, daß für jeden Feind einer genügte. Ein bärtiger Wilder unterlief mein Schwert und stach von unten herauf. Die Klinge glitt an meinem Harnisch ab, und ich streckte ihn mit meinem Schwertknauf bewußtlos zu Boden. Wie Wölfe belagerten sie mich und versuchten, mich mit ihren kurzen Klingen zu erreichen. Zwei fielen mit gespaltenen Schädeln, als sie zu nahkamen. Da beugte sich einer über die Schultern der vordersten und rannte mir seinen Speer durch die Hüfte. Vor Wut brüllend, spießte ich ihn auf. Bevor ich noch das Gleichgewicht wiedererlangen konnte, riß ein Schwert meinen rechten Arm auf, und ein zweites brach auf meinem Helm. Ich taumelte, ließ meine Waffe kreisen, um mir Platz zu verschaffen, doch eine Speerspitze grub sich in meine rechte Schulter. Ich stolperte, ging zu Boden und taumelte wieder hoch. Ich brüllte löwengleich auf, wurde zum Berserker und sprang mitten unter die Feinde. Ich hieb nach links und rechts und sah nur noch rot. Ich fiel zu Boden, sprang auf, stürzte wieder, der rechte Arm hing nutzlos herab, das Schwert wirbelte in der linken Hand. Der Kopf eines Feindes sprang von den Schultern, ein Arm verschwand am Ellbogen, und dann brach ich zusammen und versuchte vergeblich, die Schwerthand zu heben.

      Augenblicklich befanden sich ein Dutzend Speerspitzen an meiner Brust, als jemand die Angreifer zurückwarf und eine befehlsgewohnte Stimme rief:

      „Halt! Dieser Mann muß geschont werden!“

      Wie durch einen Nebel hindurch erkannte ich ein schmales, dunkles Antlitz, als ich auf die Beine kam. Ich stand einem schlanken, dunkelhaarigen Mann gegenüber, der mir kaum bis zur Schulter reichte, aber der so geschmeidig und stark wie ein Panther wirkte. Er war mit eng anliegenden Kleidern angetan, und als einzige Waffe trug er ein langes Schwert. Im Aussehen glich er den Pikten ebensowenig wie ich, und doch deutete irgend etwas auf seine Verwandtschaft mit ihnen hin.

      All dies stellte ich in meiner Benommenheit fest, kaum fähig, mich auf den Beinen zu halten.

      „Ich habe dich gesehen“, sagte ich erstaunt. „Immer wieder habe ich dich in der vordersten Schlachtenreihe gesehen. Stets hast du die Pikten zum Angriff geführt, während sich die anderen Häuptlinge abseits hielten. Wer bist du?“

      Dann verschwammen die Krieger, der Himmel und die Welt vor meinen Augen, und ich brach zusammen.

      Undeutlich vernahm ich die Stimme des geheimnisvollen Kriegers: „Versorgt seine Wunden und gebt ihm Speise und Trank!“ Ich hatte die Sprache von den Pikten erlernt, die an die Mauer kamen, um Handel zu treiben.

      Ich merkte, daß den Befehlen des Kriegers Folge geleistet wurde, und mit Hilfe des Weines, den die Pikten aus Heidekraut gären, erlangte ich bald wieder die Herrschaft über meine Sinne. Dann legte ich mich zu Boden und schlief.

      Als ich erwachte, stand der Mond hoch am Himmel. Man hatte mir Waffen und Helm abgenommen, und einige Pikten bewachten mich. Als sie merkten, daß ich nicht länger schlief, bedeuteten sie mir, ihnen zu folgen, und wir schritten über die Heide. Nach kurzer Zeit gelangten wir zu einem hohen, nackten Hügel, auf dem ein Feuer brannte. Auf einem Felsblock neben dem Feuer saß der sonderbare Piktenführer, und um ihn in einem Kreis seine Krieger.

      Man führte mich vor ihn, und ich betrachtete ihn weder trotzig noch furchtsam. Ich spürte, daß ich einem Mann gegenüberstand, wie ich noch nie einem begegnet war. Eine Kraft, eine Macht schien von ihm auszugehen, die ihn von gewöhnlichen Menschen unterschied. Es schien, als blicke er aus majestätischen Höhen auf die Männer herab, nachdenklich, unergründlich, voll von der Weisheit von Jahrhunderten. Er hielt das Kinn auf eine Hand gestützt, als er mich mit seinen dunklen Augen ansah.

      „Wer bist du?“

      „Ein Bürger Roms.“

      „Ein römischer Legionär. Einer jener Wölfe, die bereits seit zu vielen Jahrhunderten die Welt verheeren.“

      Unter den Kriegern erhob sich ein Gemurmel, gefährlich wie die Fänge eines Wolfes.

      „Es gibt solche, die meinem Volk verhaßter sind als die Römer“, sagte er. „Du bist also ein Römer. Doch scheint mir, als wären die Römer größer, als ich dachte. Und dein Bart – was hat ihn so gelb werden lassen?“

      Die Ironie in seinen Worten ließ mich den Kopf höher heben, und obwohl sich mir beim Gedanken an die –Schwerter in meinem Rücken die Haut zusammenzog, antwortete ich stolz:

      „Von Geburt her bin ich ein Nordmann.“

      Ein wilder Schrei ertönte in der Runde der kauernden Horde, und einige stürzten vor. Eine einzige Handbewegung des Häuptling sandte sie zurück. Seine Augen hatten mich nicht einen Augenblick lang unbeobachtet gelassen.

      „Mein Stamm besteht aus Narren“, stellte er fest. „Denn sie hassen die Nordleute mehr als die Römer, weil die Nordmänner unaufhörlich unsere Küsten überfallen. Und dennoch sollten sie Rom hassen.“

      „Aber du bist kein Pikte!“

      „Ich bin Mediterraner.“

      „Aus Kaledonien?“

      „Ich gehöre der Welt an.“

      „Wer bist du?“

      „Bran Mak Morn.“

      „Was?“ Ich hatte mir unter Bran Mak Morn ein Ungeheuer vorgestellt, einen unförmigen Riesen oder einen monströsen Zwerg von der Art der übrigen Angehörigen seiner Rasse.

      „Du bist nicht wie die anderen.“

      „Ich bin wie mein Volk einmal war“, gab er zur Antwort. „Das Geschlecht der Häuptlinge hat sich ihr Blut während all der Jahrhunderte rein erhalten und die Welt nach den Frauen der Alten Rasse abgesucht.“

      „Warum haßt deine Rasse alle Menschen?“ fragte ich neugierig. „Eure Wildheit ist sprichwörtlich unter den anderen Völkern.“

      „Warum sollten wir nicht hassen?“ In seinen Augen stand plötzlich ein Glitzern. „Wir wurden aus unseren fruchtbaren Ländern in die Einöden der Welt vertrieben und an Körper und Geist verkrüppelt. Sieh mich an! Ich bin, wie meine Rasse einmal war. Sieh dich um! Ein Volk von Affenmenschen – wir, die wir einst die vornehmsten unter den Menschen waren.“

      Der Haß, der in seiner tiefen Stimme vibrierte, ließ mich erschauern.

      Zwischen den Reihen der Krieger erschien ein Mädchen, das sich an die Seite des Häuptlings begab und eng an ihn geschmiegt niederließ. Eine schlanke, scheue Schönheit, nicht viel mehr als ein Kind. Mak Morns Gesicht verlor etwas von seiner Härte, als er einen Arm um ihre schmalen Schultern legte. Dann kehrte der brütende Ausdruck in seine Augen zurück.

      „Meine Schwester, Nordmann“, sagte er. „Man hat mir gesagt, ein reicher Kaufmann in Corinium bietet jedem, der sie ihm bringt, tausend Goldstücke.“

      Meine Kopfhaut prickelte, denn ich vermeinte, einen besonderen Ton in der Stimme des Kaledoniers zu entdecken. Der Mond sank unter den westlichen Horizont und verlieh der Heidelandschaft einen roten Schimmer, so daß sie in dem gespenstischen Licht wie ein Meer von geronnenem Blut aussah.

      Die

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