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nachdem ich entkommen war. Meine Brüder haben sich an allen gütlich getan, die in meiner Herberge übernachteten – an allen außer diesem, der nun mit den Knochen knirscht, dieser Magier aus Rußland. Und damit er nicht zurückkehrt, wenn die Dunkelheit über der Welt liegt, und mich tötet, schälte ich ihm das Fleisch von den Gelenken und kettete ihn an.

      Sein Zauber war nicht mächtig genug, ihn vor mir zu schützen, aber jeder weiß, daß ein toter Zauberer gefährlicher ist als ein lebender. Keine Bewegung, Engländer! Deine Knochen sollen neben diesen in der geheimen Kammer ruhen, um ...«

      Der Irre stand teilweise in der Türöffnung zu der verborgenen Kammer, und seine Waffe war immer noch auf Kane gerichtet. Plötzlich schien er nach hinten zu kippen und verschwand in der Finsternis. Im selben Augenblick fuhr ein Windstoß durch das Gemach und schlug die Tür hinter ihm zu. Die Kerze an der Wand flackerte und verlosch. Kane bückte sich und tastete mit den Händen über den Boden. Als er eine Pistole fand, richtete er sich auf und wandte sich der Tür zu, hinter der der Wahnsinnige verschwunden war. In völliger Finsternis stand er da, und das Blut gerann ihm in den Adern, als ein entsetzliches Schreien aus der Kammer drang, in das sich das Geklapper von Knochen mischte.

      Dann war alles still.

      Kane fand Feuerstein und Stahl und entzündete die Kerze. Mit dieser in der einen und der Pistole in der anderen Hand öffnete er die Geheimtür.

      »Großer Gott!« murmelte er, und kalter Schweiß drang ihm aus jeder Pore seines Körpers. »Das hier widerspricht allen Gesetzen der Vernunft, und dennoch sehe ich es mit meinen eigenen Augen! Zwei Schwüre sind in Erfüllung gegangen, denn der Schlächter schwor, daß er selbst nach seinem Tod diesen rächen würde, und es war seine Hand, die jenes fleischlose Monstrum befreite. Und dieser ...«

      Der Wirt der Herberge ›Zum gespaltenen Schädel‹ lag leblos auf dem Boden der geheimen Kammer. Sein tierhaftes Gesicht war zu einer Fratze schrecklicher Furcht verzerrt, und tief in sein gebrochenes Genick gegraben waren die nackten Fingerknochen des Skeletts.

      Der Moorgeist

      Es gibt zwei Wege nach Torkertown.

      Der kürzere und direktere führt quer über ein Hochmoor, während der längere sich zwischen den niedrigen Erhebungen und den gefährlichen Morasten der Sumpflandschaft hindurchwindet, die sich östlich der Hügel erstreckt. Es war ein tückischer und anstrengender Pfad, und daher hielt Solomon Kane erstaunt an, als er von einem atemlosen Jüngling aus der Ortschaft eingeholt wurde, die er gerade verlassen hatte, und von diesem gebeten wurde, doch den Sumpfweg zu wählen.

      »Den Sumpfweg!«

      Kane blickte den Jungen verständnislos an.

      Solomon Kane war ein großer, hagerer Mann, dessen einfaches puritanisches Gewand den düsteren Eindruck des grauen Gesichts mit den tiefliegenden, brütenden Augen noch verstärkte.

      »Ja, Herr; es ist viel sicherer«, antwortete der Junge.

      »Dann muß der Moorweg vom Satan selbst heimgesucht sein, denn im Dorf hat man mich vor dem anderen gewarnt.«

      »Wegen der Sumpflöcher, Herr, die in der Dunkelheit schwer zu entdecken sind. Am besten wäre es für Euch, ins Dorf zurückzukehren und die Reise morgen fortzusetzen, Herr.«

      »Und den Sumpfweg einzuschlagen?«

      »Ja, Herr.«

      Kane zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf.

      »Der Mond wird aufgehen, sobald die Nacht hereinbricht. In seinem Licht kann ich Torkertown über das Moor in wenigen Stunden erreichen.«

      »Herr, es ist besser, wenn Ihr diesen Weg meidet. Auch sonst benützt ihn niemand. Auf dem Moor gibt es überhaupt keine Häuser, während in den Sümpfen das Haus des alten Ezra steht, der es ganz allein bewohnt, seit sein verrückter Vetter Gideon in den Sümpfen verschwand und nie gefunden wurde. Und obwohl der alte Ezra ein Geizhals ist, so wird er Euch nicht die Unterkunft verweigern, falls Ihr Euch entschließen solltet, bei ihm den Morgen abzuwarten. Wenn Ihr nach Torkertown müßt, so nehmt Ihr besser den Weg durch die Sümpfe.«

      Kane betrachtete den Knaben mit einem durchdringenden Blick. Der Junge wand sich verlegen und trat von einem Fuß auf den anderen.

      »Wenn der Weg über das Hochmoor für den Wanderer so gefährlich ist«, sagte der Puritaner, »warum haben mir die Dorfbewohner dann nicht die ganze Geschichte erzählt, anstatt sich so unbestimmt auszudrücken?«

      »Die Leute sprechen nicht gern darüber, Herr. Wir hofften, Ihr würdet den Weg durch die Sümpfe wählen, nachdem man Euch dazu geraten hatte, aber als wir Euch nachsahen und merkten, daß Ihr an der Weggabelung nicht abzweigtet, schickte man mich hinterher, um Euch zu warnen.«

      »Zum Teufel!« rief Kane unbeherrscht aus. Sein Ärger mußte groß sein, denn es war sonst nicht seine Art zu fluchen. »Der Sumpfweg, der Moorweg – welche Gefahr droht mir, und warum soll ich einen meilenweiten Umweg machen und das Risiko der Schlammlöcher auf mich nehmen?«

      »Herr«, sagte der Knabe, indem er die Stimme senkte und näher an Kane heran trat, »wir sind einfache Dorfbewohner, die nicht gern über solche Dinge reden, damit nicht das Unglück über uns kommt, aber der Weg über das Moor ist ein verfluchter Weg und wurde von den Leuten aus der Gegend seit über einem Jahr nicht mehr benützt. Des Nachts über das Moor zu gehen, bedeutet den Tod, wie so mancher Unglückliche erfahren mußte. Irgendein schreckliches Ungeheuer lauert dort auf Opfer.«

      »So? Und wie sieht dieses Ungeheuer aus?«

      »Das weiß kein Mensch. Niemand, der es gesehen hat, ist noch am Leben. Mancher späte Wanderer hat draußen schreckliches Gelächter vernommen, und man hat die entsetzlichen Schreie seiner Opfer gehört. Herr, um Himmels willen kehrt ins Dorf zurück, verbringt da die Nacht und nehmt morgen den Weg durch die Sümpfe nach Torkertown.«

      Tief in Kanes düsteren Augen begann ein Licht zu glimmen. Sein Herz schlug rascher. Abenteuer! Der Reiz der Gefahr unter Einsatz des Lebens! Nun war es keineswegs so, wie Kane seine Gefühle einschätzte. Er war überzeugt davon, seinen wirklichen Empfindungen Ausdruck zu verleien, als er sagte: »Hier sind die Taten einer bösen Macht geschehen. Die Herren der Finsternis haben das Land mit einem Fluch belegt. Es bedarf eines starken Mannes, Satan und seine Macht zu bekämpfen. Deswegen gehe ich weiter, der ich ihn viele Male besiegt habe.«

      »Herr«, begann der Knabe, hielt aber dann den Mund, als er die Zwecklosigkeit weiterer Einwände erkannte.

      Er fügte nur noch hinzu: »Die Leichen der Opfer sind zerrissen und zerfetzt, Herr.« Er stand an der Weggabelung und seufzte bedauernd, als er sah, wie die lange, hagere Gestalt den Weg zum Moor hinaufging.

      *

      DIE SONNE GING UNTER, als Kane den Hang bezwungen und das Hochland erreicht hatte, auf dem sich das Moor erstreckte. Riesig und blutrot versank sie hinter dem Horizont und schien das dürre Gras in Brand zu setzen, so daß es dem Wanderer einen Augenblick lang war, als blicke er über ein Meer von Blut. Dann glitten die Schatten aus dem Osten heran, der Glanz im Westen verschwand, und Solomon Kane schritt mutig in die zunehmende Dunkelheit hinein.

      Zwar war der Pfad etwas

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