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      14

      Es wurde bereits dunkel, als Katharina sich wieder auf dem Heimweg machte. Doch ihre Neugier war zu groß. Sie wollte endlich wissen, was für Informationen Felix Wuttke zusammengetragen hatte. Sie parkte ihren Wagen am Straßenrand, schaltete das Licht ein und holte das Notizbuch hervor, das er ihr gegeben hatte. Die meisten Aufzeichnungen waren bedeutungslos, doch eine Adresse weckte ihr Interesse. Sie gehörte zu einer Villa, die sich außerhalb von Berlin befand. Katharina legte das Buch auf den Beifahrersitz, startete dem Motor und fuhr los.

      Nach zwanzig Minuten hatte die Detektivin ihr Ziel erreicht. Sie passierte das Haus, ohne die Geschwindigkeit zu verringern. Fünfhundert Meter weiter parkte sie den Wagen und zog den Zündschlüssel heraus. Dann kehrte sie wieder zum Haus zurück. Die kleine eiserne Gartenpforte ließ sich lautlos öffnen. Der Kies knirschte unter ihren Schuhen. Das konnte ihre Ankunft verraten. Mit einem Sprung war sie auf dem feuchten Rasen und näherte sich dem Haus.

      Es schien verlassen. Aller Wahrscheinlichkeit nach befand sich kein Mensch in der Villa, denn nirgendwo brannte Licht. Der Reihe nach musterte sie die drei Fenster und die kleine Eingangstür. Vorsichtig schlich sie darauf zu, holte ihr Etui mit den Dietrichen aus der Manteltasche, suchte den passenden heraus und machte sich an dem Schloss zu schaffen. Nach wenigen Minuten hatte sie es geschafft. Die Tür ließ sich problemlos öffnen. Ohne zu zögern trat Katharina ein.

      Vor ihr befand sich ein schmaler Flur. Auf der linken Seite führte eine Treppe in die obere Etage. Auf der anderen Seite gab es drei Türen. Katharina öffnete die erste. Der Strahl ihrer Taschenlampe fiel auf ein Bettgestell mit einer Matratze. Langsam leuchtete sie den ganzen Raum ab, der nur notdürftig möbliert war. Offensichtlich handelte es sich um ein Gästezimmer. Instinktiv ging Katharina auf die Kellertür zu und stieg langsam die feuchten Stufen hinunter. Es herrschte eisige Kälte, und trotz des dicken Pullovers, den sie trug, fröstelte sie. Im Schein der Taschenlampe entdeckte sie ein Regal mit alten Sachen. Vorsichtig begann sie, den Krempel zu durchsuchen. Überall lagen verschiedene Werkzeuge verstreut.

      Schließlich zogen ihre suchenden Hände eine Gartenschere und einen Vogelkäfig mit verbogenem Gitter aus dem wüsten Haufen. Ihre Finger glitten über einen deutschen Dolch aus dem Zweiten Weltkrieg, der kaum verrostet war. Dann entdeckte sie einen alten Helm, der ganz von Patina überzogen war.

      „Keine falsche Bewegung, Frau Ledermacher! Ich habe mein Jagdgewehr auf Ihren Rücken gerichtet.“

      Im selben Moment, als die Detektivin die eiskalte, gelassene Stimme hörte, schaltete sie ihre Taschenlampe aus und wollte sich zu Boden fallen lassen. Doch ihr Widersacher richtete sofort eine helle Lampe auf sie, deren grelles Licht ihren Schatten deutlich an die Wand warf. Jetzt war es unmöglich, einen Fluchtversuch zu wagen.

      „Drehen Sie sich nicht um ...“

      Katharina spürte, wie sich der Gewehrlauf in ihre Seite bohrte. Mit schnellen Bewegungen tastete der Mann sie ab. Sie konnte in dieser verzweifelten Lage nicht das Geringste tun. Bei der kleinsten Bewegung hätte eine Schrotladung ihre Brust durchbohrt. Im Stillen fragte sie sich, ob der Mann wohl sofort auf sie schießen würde.

      „Sie vergessen eine Kleinigkeit“, versuchte Katharina zu bluffen. „Es gibt Leute, die wissen, wo ich mich aufhalte.“

      „Das ist durchaus möglich“, antwortete die Stimme, die ihr plötzlich bekannt vorkam. Sie gehörte Teodor Gröne. „Ich werde mir schon etwas einfallen lassen. Etwas, das mir genug Zeit verschafft, um mich ins Ausland abzusetzen. Ich hatte schon vor längerer Zeit beschlossen, meine Tätigkeit zu beenden. Ich habe inzwischen genug Geld beiseite geschafft.“

      „Aha.“

      „Schade, dass Sie nicht gefunden haben, was Sie suchten.“

      „Das habe ich sowieso nicht zu hoffen gewagt. Vermutlich existiert das Gerät gar nicht mehr.“

      „Warum sollte ich es vernichten? Vielleicht werde ich es eines Tages patentieren lassen. Schauen Sie sich doch um! Es befindet sich direkt vor Ihren Augen.“

      Der Druck des Gewehrlaufs ließ nach. Gröne ging einige Schritte rückwärts und betätigte einen Lichtschalter. Unter der Decke flammte eine schwache Glühbirne auf. Gröne löschte seine Taschenlampe.

      „Sehen Sie es jetzt?“

      Auf dem Tisch standen zwei kleine schwarze Kästen.

      „Das ist so einfach wie möglich“, erklärte Gröne stolz. „Der linke Kasten kann akustische Daten über große Entfernungen übertragen. Er beruht auf moduliertem Licht. Anstatt von hochfrequent modulierten Radiowellen benutze ich eine intensiv gebündelte Lichtquelle, einen Laser. Die Umwandlung des Laserstrahls in ein akustisches Signal erfolgt mithilfe eines Akkus, der über den Verstärker an einen Lautsprecher gekoppelt wurde.“ Er trat an den Tisch, sodass Katharina ihn sehen konnte. Die Waffe hielt er weiterhin auf sie gerichtet. „Ein Mikrofon wird an den Emitter des Transistors angeschlossen“, fuhr er fort. „Der durch Schallwellen induzierte Strom im Mikrofon dient als Steuerstrom für den Transistor und steuert den Kollektorstrom, der durch ein Lasermodul fließt. Das Lasermodul emittiert den Laserstrahl im Takt des vom Transistors verstärkten Audiosignals. Das vom Sender emittierte, nach dem Audiosignal oszillierende Laserlicht wird beim Empfänger in elektrischen Strom umgewandelt, verstärkt und von einem Lautsprecher wiedergegeben.“

      „Nicht schlecht“, sagte Katharina anerkennend. „Mit diesen kleinen Geräten ist es Ihnen gelungen, uns alle aufs Glatteis zu führen.“

      „Leider haben die Geräte noch einige Nachteile. Zwischen Sender und Empfänger ist eine direkte Sichtverbindung notwendig. Dafür haben sie ein geringes Gewicht und Volumen. Selbst eine große Reichweite kann ohne höheren Qualitätsverlust überbrückt werden. Im Gegensatz zu Radiowellen kann meine Erfindung nicht lokalisiert werden.“

      Katharina stellte eine Frage, die sie schon lange beschäftigte.

      „Haben Sie Zerban umgebracht, weil er Sie erpressen wollte?“

      „Ja. Stollberg hatte ihm Elisa Colditz geschickt, weil er hoffte, sie könnte ihn zum Reden bringen. Natürlich ist sie sofort in Zerbans Bett gelandet. Bald tauchte sie zu allen möglichen Zeiten in seiner Wohnung auf. Na ja, und eines Tages habe ich sie dort getroffen. Sie erkannte mich. Ich musste ihr ein paar Schmuckstücke schenken, um sie zum Schweigen zu bringen. Sie gab sich jedoch nicht damit zufrieden und stellte bald neue Forderungen. Mein Vermögen, das ich mir während der Zusammenarbeit mit Zerban verdient hatte, drohte allmählich zusammenzuschmelzen. Damit hatte sie ihr Todesurteil unterzeichnet. Zerban ließ mir ebenfalls keine Ruhe. Er setzte mich unter Druck, damit ich ihm noch mehr Informationen beschaffen sollte. Andernfalls wollte er mich der Polizei ausliefern und selbst ins Ausland flüchten. Aus diesem Grund musste er ebenfalls sterben. Es war ganz einfach.“

      Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er ließ den Gewehrlauf sinken. Darauf hatte Katharina gewartet. Sie setzte alles auf eine Karte. Es war nur eine Frage der Schnelligkeit. Sie wich zur Seite, packte den Dolch und warf ihn nach Gröne. Dann ließ sie sich zu Boden fallen. Der Ingenieur stieß einen erstickten Schrei aus, der von zwei aufeinanderfolgenden Schüssen übertönt wurde. Das Mündungsfeuer tauchte den Kellerraum sekundenlang in ein unwirkliches Licht. Die Schrotkörner sausten über Katharina hinweg. Gröne sackte langsam zusammen.

      In dem Raum herrschte tiefste Stille. Katharina kam langsam wieder auf die Füße und ging zu Gröne hinüber. Der Dolch hatte sich bis zum Schaft in seine Brust gebohrt. Der Mann war tot.

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