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      5. Kapitel: Verdächtigungen

      Berringer verließ den Tatort, noch ehe die Untersuchungen der Polizei abgeschlossen waren. Was die Durchsuchung von Frank Severins Wohnung betraf, so vertraute er darauf, dass Kommissar Dietrich ihn über die wichtigsten Erkenntnisse, die daraus resultierten, informieren würde.

      Berringer fuhr Richtung Bockum. Vom Elfrather See aus war es nur ein Katzensprung bis zur Villa der Geraths. Von unterwegs telefonierte er. Zunächst mit Vanessa Karrenbrock. Sie hielt die Bürofront, aber über das Internet hatte sie inzwischen einiges über Garol ImEx und seinen Besitzer Ferdinand Commaneci herausgefunden, der offenbar über eine ganze Reihe sehr dubioser Firmen herrschte.

      Bukarest, Düsseldorf und Budapest hießen die Standort, allerdings auch Liechtenstein und die Kaiman-Inseln.

      „Ich hab ja immerhin etwas BWL studiert, aber vielleicht wäre es für diesen Fall gar nicht schlecht, wenn ich noch ein paar Semester drangehängt hätte“, meine sie.

      „Kannst du ja bei Gelegenheit noch nachholen.“

      „Dein Geld hat mich korrumpiert und der hehren Wissenschaft enthoben“, behauptete sie.

      „Ich dachte, du hättest das Studium vorher schon abgeschrieben.“

      „Na ja, wenn ich ganz ehrlich bin, war das wohl von Anfang an nicht das Richtige für mich. Zurück in die Gegenwart, Meister: Ich hab 'n Foto von Commaneci aufgetan.

      Stammt aus 'nem Zeitungsartikel aus Rumänien. Ist darauf mit ein paar lokalen Größen abgelichtet. Den Inhalt des Artikels kenn ich natürlich nicht, dazu müsst ich Rumänisch können. Aber ich kann ja mal den einen oder anderen Ex-Kommilitonen ansprechen. Es muss doch irgendjemanden geben, der Rumänisch lesen kann!“

      „Verzettle dich nicht“, riet Berringer ihr. „Ich hatte Mark doch beauftragt, sich vor den Büros von Garol ImEx auf die Lauer zu legen und ein paar Bilder zu machen, damit wir wissen, wer da so ein- und ausgeht.“

      „Hat er auch gemacht“, bestätigte Vanessa.

      „Ist dabei schon irgendwas rausgekommen?“

      „Das wissen wir wohl erst, wenn wir die Leute auf den Bildern identifizieren können.“

      Er antwortete mit einem Brummen, das halb Zustimmung, halb Verärgerung ausdrückte, und sagte dann: „Ich fahre jetzt zu den Geraths.“ In knappen Worten fasste er zusammen, was es über den Fund von Severins Leiche im Elfrather See zu berichten gab.

      „Das wird für Herrn Gerath keine angenehme Stunde der Wahrheit, würde ich sagen“, war Vanessa überzeugt.

      „Irgendwann muss man reinen Tisch machen. Das ist nun mal so.“ Sie seufzte. „Man muss das ja nicht gleich philosophisch sehen. So wie du das sagst, klingt das so düster wie bei Clint Eastwood.“

      „Ist das neuerdings ein Philosoph?“

      „Vergiss es, Robert. Wir sind eben 'ne unterschiedliche Generation.“

      „Daran muss es wohl liegen. Bis nachher.“

      Robert Berringer unterbrach die Verbindung. Dann meldete er sich telefonisch bei den Geraths an. Als Grund nannte er nur, dass es zu wichtigen Ermittlungsergebnissen gekommen sei. Einzelheiten würden er während des Gesprächs preisgeben.

      Eine gute Viertelstunde später fuhr Berringer auf das Grundstück der Geraths und wurde dort von den angestellten Sicherheitskräften der Firma SAFE & SECURE in Empfang genommen.

      „Ihr kennt mich doch schon, Jungs“, meinte er.

      Aber die Männer, die in gewisser Weise Berringers Branchenkollegen waren, schienen auf Humorlosigkeit gedrillt. Nur der mannscharfe Schäferhund mit dem Maulkorb über der Schnauze schien Berringer zu verstehen - er wedelt mit dem Schwanz.

      Ein Hausmädchen öffnete Berringer die Tür und führte ihn die Freitreppe hinauf.

      So sah er wenigstens noch etwas von dem Palast, dachte er und fragte sich, ob er sein Hausboot gegen eine solche Hütte nicht doch eingetauscht hätte.

      Berringer scheuchte den Gedanken fort. Er musste sich auf das Gespräch mit dem Ehepaar Gerath konzentrieren. Er war wirklich gespannt, was insbesondere Regina Gerath zu den Dingen zu sagen hatte, die er ihr in ein paar Augenblicken auf dem Silbertablett präsentieren würde.

      Das Hausmädchen führte Berringer in einen salonartigen, lang gezogenen Raum.

      Alles war in Blau gehalten. Es gab kräftiges Blau, Marineblau, Violett, ein Himmelblau, das beinahe schon an ein blaustichiges Weiß erinnerte, und so fort.

      Wie in der sogenannten guten alten Zeit, die es wahrscheinlich nie gegeben hat, dachte Berringer. Aber wenn sie schon nicht tatsächlich existiert hatte, dann konnte man sie sich ja selbst erschaffen. Otto Normalreich musste dazu seine Fantasie bemühen – jemand wie Gerath hatte es besser. Er braucht nur Innendekorateure zu finden, die diese nach rückwärts gerichteten Träume in Kunst und Mobiliar umsetzten und alles richtig kombinierten.

      Berringer ließ den Blick schweifen. Die Front der hohen Fenster sorgte dafür, dass stets viel Licht diesen blauen Salon erhellte. Man sollte sich offenbar wie im siebten Himmel fühlen. Mit der Wirklichkeit hatte das wohl nicht viel zu tun. Jedenfalls stand das ach so harmonische Ambiente dieses Hauses in einem geradezu diametralen Gegensatz zu den zwischenmenschlichen Beziehungen der Familienmitglieder untereinander.

      „Herr und Frau Gerath werden gleich erscheinen“, versprach das Hausmädchen und ließ Robert Berringer einen Augenblick allein.

      Berringer atmete tief durch und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er trat an die Fensterfront. Man konnte bequem über die hohe Mauer schauen, die das gesamte Anwesen von den angrenzenden Grundstücken isolierte. Selbst die Straße war –

      abgesehen von einem kleinen Streifen im unmittelbaren Sichtschatten der Umgrenzungsmauer – gut zu überblicken.

      Ein Wagen fiel Berringer auf. Er parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

      Jemand saß am Steuer, ließ dann das Fenster herunter und entsorgte eine Zigarettenkippe. Eine der Polizeistreifen, die rund um Geraths Haus für Ruhe und Ordnung sorgen sollten, fuhr heran. Ein Beamter stieg aus und forderte den Fahrer des Fahrzeugs – es handelte sich um einen altersschwachen Golf – aus dem Auto zu steigen. Er kam dem auch nach. Er musste Papiere und Ausweis zeigen und außerdem den Kofferraum öffnen.

      Das hatte er davon, dass du die Straße befleckt hatte, dachte Berringer. Es gab eben Bereiche, da kannten deutsche Gesetzeshüter kein Pardon. Und das Entledigen einer Kippe auf die Straße gehörte inzwischen dazu. Ordnungswidrigkeit mit einer kostenpflichtigen Verwarnung von zehn Euro, erinnerte sich Berringer und fragte sich insgeheim, ob die Preise auch in dieser Branche inzwischen gestiegen sein mochten.

      Wahrscheinlich ja. Schließlich war alles teurer geworden.

      Der Mann aus dem Golf wirkte auf die Entfernung völlig konturlos. Schütteres Haar.

      Jemand, dessen Züge einem wahrscheinlich nicht in Erinnerung bleiben, selbst wenn man ihm im Zugabteil vielleicht einen halben Tag lang gegenübersaß. Er gestikulierte wild herum und versuchte, gegenüber den Polizisten sein vermeintliches Recht durchzusetzen. Doch die blieben hart. Schließlich bezahlte er, und die Streife fuhr weiter. Der Golffahrer ebenfalls.

      „Herr

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