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SoKo Heidefieber. Gerhard Henschel
Читать онлайн.Название SoKo Heidefieber
Год выпуска 0
isbn 9783455008340
Автор произведения Gerhard Henschel
Жанр Зарубежные детективы
Издательство Readbox publishing GmbH
Erwin Zapp rieb sich die Hände. Den Schönling Frank Schulz hatte er nur allzu gern ans Messer geliefert und ein angemessenes Informationshonorar dafür eingestrichen. Diese SoKo war der reinste Goldesel. Und wenn die Kommissarinnen Fischer und Schubert sich nicht bald etwas gefälliger zeigten, würde er auch die eine oder andere interne Äußerung von ihnen durchsickern lassen und sie in klingende Münze verwandeln. Diese Weiber würden ihn noch darum anwinseln, daß er Gnade vor Recht ergehen ließ!
6
In der Gärtnerei Döring Algenkalk zur Bekämpfung der leidigen Buchsbaumzünsler kaufen und im Bad Belziger Baumarkt Justierklötze und Massivholzdielen, den Elektroschrott entsorgen, die alten Gardinenleisten und die Kinderschubkarre bei Ebay einstellen, Oma Neschholz zum Geburtstag gratulieren, Vanessa zum Geigenunterricht fahren, Leon vom Fußball abholen, den Rasen mähen, die Betten demontieren, die Unterlagen für die Umsatzsteuererklärung zusammensuchen und die Sache mit Bärbel klären: Kurz vor seinem Umzug von dem brandenburgischen Kuhdorf Gömnigk nach Berlin-Mitte hatte Benno Druschke sich mit einer langen To-do-Liste herumgeplagt, aber damit war Schluß, seit er gefesselt im Kofferraum seines Kia Picanto lag und alle Zeit der Welt hatte, über sein Leben nachzudenken. Und über seinen Tod.
Nie wieder, dachte Druschke, würde er beim Einladen von Massivholzdielen Hilfe annehmen! Von dem Fremden hatte er eins auf die Zwölf bekommen, das wußte er noch. Und jetzt ging’s volle Fahrt voraus.
Aber wohin?
Druschke wußte leider nur zu gut, daß es sich nicht gelohnt hätte, ihn und seine Familie zu erpressen. Mit seinen Romanen »Die toten Augen von Bad Belzig«, »Endspiel in Neschholz« und »Reimt Crime sich auf Burg Rabenstein?« hatte er Achtungserfolge erzielt, aber viel Geld war bei ihm nicht zu holen.
Wenn es der Serienmörder war, der ihn entführt hatte, stand Druschke ein böses Ende bevor. Er zählte nach, wie viele Menschen in seinen Romanen über die Klinge gesprungen waren. Und er erschauderte, als er an die Methoden dachte, die er selbst beschrieben hatte. In »Die toten Augen von Bad Belzig« wurde ein Polizeispitzel von einem chinesischen Mädchenhändler zerhackt und gegrillt, in »Endspiel in Neschholz« erwürgte ein rumänischer Psychopath eine Nonne im Kloster Lehnin mit einer Garotte, und in »Reimt Crime sich auf Burg Rabenstein?« hauchte ein verdeckter Ermittler sein Leben aus, als der obere Teil des Stamms einer tief im Wald zwischen Gömnigk und Neschholz gefällten Eiche punktgenau auf seinen Schädel krachte.
Der Wagen bog ab. Auf einen Waldweg, wie es schien, denn es wurde holprig. So wie in Druschkes jüngstem Roman, in dem es hieß:
Der Wagen bog ab. Auf einen Waldweg, wie es schien, denn es wurde holprig.
Ein Steinkauz flog auf, als das fahle Scheinwerferlicht auf eine angesägte Eiche fiel. Der Wagen hielt. Der Fahrer, der einen schwarzen Kapuzenpullover trug, schaltete den Motor aus, zog die Handbremse an, stieg aus, ging um das Auto herum und öffnete die Kofferraumklappe.
Dort lag der Ermittler Johannes Krause. Ein Häufchen Elend, das sich eingenäßt hatte.
»Lassen Sie mich laufen, wenn ich Ihnen verrate, wer das Komplott gegen Ihre Connection mit den Russen geschmiedet hat?« fragte Krause.
»Negativ«, sagte der Kapuzenmann. Er beugte sich über den Kofferraum, hob Krause heraus, warf ihn sich über die Schulter wie einen Winterschal und trug ihn fort.
»Sie müssen das nicht tun«, krächzte Krause und spuckte einen seiner lockergeschlagenen Zähne aus. C13. Der hatte ihm schon öfters Ärger bereitet. Weg damit. Nicht schade drum! »Ich weiß, daß Sie im Kern ein guter Mensch sind«, fügte Krause hinzu, während ihm das Blut aus dem Mund tropfte. »Aber ich will jetzt gar nicht von Ihrem Seelenheil reden. Ich will vielmehr darauf hinaus, daß wir Ihnen einen Deal anbieten können: Sie geben uns die Namen der Attentäter, die das Bordell von Lackschuh-Werner in die Luft gejagt haben, und wir garantieren Ihnen, daß Ihrer Braut nichts geschieht. Und daß Sie nach drei oder vier Jährchen wieder auf freiem Fuß sind!«
Der Kapuzenmann legte Krause nieder und bettete den Kopf seines Opfers auf einen Baumstumpf.
»Sie machen einen großen Fehler!« rief Krause. »Der Staatsanwalt weiß sowieso schon Bescheid über Ihre Nebengeschäfte!«
Das ließ den Kapuzenmann kalt. Er hob eine Betonplatte an, packte sie Krause auf den Bauch und sagte: »Eine kleine Ruhepille. Damit du nicht so herumzappelst, wenn die Party beginnt!«
Krauses Augen traten weit hervor, als er zum allerletzten Mal in seinem Leben all das Schöne hörte, sah und roch, was ein Wald zu bieten hat: Blätterflirren, Kuckucksrufe, Baumharz, Rascheln, Mückensirren und das eintönige Klopfen eines Spechts.
Dann heulte eine Motorsäge auf, und Krause hob den Kopf.
Den Stamm der Eiche sah er wie in Zeitlupe herabstürzen. In den letzten Sekunden seines Lebens fragte er sich unnötigerweise, wie er als Toter die neue Heizölrechnung bezahlen könnte, und dann war es um ihn geschehen, denn der Eichenstamm schlug seinen Kopf zu Brei.
Der Wagen hielt. Benno Druschke hörte, wie der Fahrer den Motor ausschaltete, die Handbremse anzog, ausstieg, um das Auto herumging und den Kofferraum öffnete.
Ein Taschenlampenlichtstrahl blendete Druschke. Von dem Mann, der die Taschenlampe in der Hand hielt, war nur der Umriß seiner Kapuze auszumachen.
»Lassen Sie mich laufen, wenn ich Ihnen verrate, wer das Komplott gegen Ihre Connection mit den Russen geschmiedet hat?« fragte Druschke auf gut Glück, obgleich ihm nichts über eine solche Connection bekannt war.
»Negativ«, sagte der Kapuzenmann. Er beugte sich über den Kofferraum, hob Druschke heraus, warf ihn sich über die Schulter wie einen Winterschal und trug ihn fort.
»Sie müssen das nicht tun!« rief Druschke. »Sind Sie nicht irgendwo im Kern ein guter Mensch? Denken Sie an Ihr Seelenheil! Oder an den Staatsanwalt!«
Der Kapuzenmann bettete Krause auf den Waldboden. »Und das Köpfchen fein hier auf dem Baumstumpf liegenlassen, ja? Ach, und weil’s mir gerade einfällt: Algenkalk ist kein gutes Mittel gegen Buchsbaumzünsler. Glauben Sie mir – der Kalk lagert sich zwar auf dem Blattwerk ab, so daß die Zünsler sich nicht mehr darüber hermachen können, aber er verhindert die Chlorophyllbildung, und dadurch sterben die Buchsbäume ab. Können Sie sich das merken? Für Ihr nächstes Leben?«
Druschkes Gedanken rasten. Hatte dieser Mensch noch alle Speichen auf dem Rad? Weshalb brachte er jetzt das Thema Algenkalk auf?
Der Versuch, davonzurobben, mißglückte Druschke. Der Kapuzenmann holte ihn zurück, nahm die einen Meter im Quadrat messende Betonplatte auf, die gleich neben dem Baumstumpf bereitgelegen hatte, und ließ sie auf Druschkes Bauch fallen.
»Uff«, sagte Druschke.
Der Kapuzenmann sah ihn fragend an. »Kennen Sie den Song ›Carry That Weight‹ von den Beatles?«
»Was?« japste Druschke. »Nein … wieso?«
»Da singen sie: ›Boy, you’re gonna carry that weight, carry that weight a long time.‹ In Ihrem Fall trifft das aber nicht zu. Ich werde Ihre Leiden abkürzen. Boy, you’re gonna carry that weight a very short time …«
Es war Druschke unmöglich, sich mit der schweren Platte auf dem Bauch von der Stelle zu bewegen. Er mußte hilflos mitansehen, wie der Kapuzenmann zu einer Eiche ging, die in zwanzig Metern Entfernung aufragte, und eine Motorsäge aufjaulen ließ.
Vielleicht hat er sich ja verrechnet, und der Stamm fällt nach hinten oder nach links oder nach rechts, dachte Druschke, doch diese Hoffnung ließ er fahren, als er sah, wie die Eiche sich neigte.
Falls in diesen Sekunden vor seinem inneren Auge sein ganzes Leben ablief wie ein Film, war Druschke der einzige Zuschauer. Hätte es andere gegeben, wären sie wahrscheinlich spätestens nach der Szene ausgestiegen,