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weil ich diese unzähligen wunderbaren Augenblicke erleben durfte, und sie mir nichts und niemand mehr nehmen kann.

      „Cabin Crew take seats for departure“ tönt es aus dem Cockpit. Diese Ansage kenne ich nur zu gut. Nun sind es nur noch wenige Sekunden, bis mein Aufenthalt auf türkischem Boden Vergangenheit sein wird.

      Ich atme noch einmal tief durch und lehne mich zurück, während die unzähligen wunderschönen Augenblicke, die ich in dieser Woche erleben durfte, wie Kurzfilme durch meinen Kopf rasen. „Ready for take-off“ - ich bin das noch lange nicht, aber das spielt in diesem Augenblick wohl keine Rolle mehr.

      Die Turbinen heulen auf - Startleistung: Die ganze Maschine vibriert, und es presst mich in den Sitz. Draußen beginnt die Landschaft, immer schneller an mir vorbei zu rasen, während sich der große Vogel unaufhaltsam seinen Weg bahnt, um sich dann schließlich mit einem letzten Poltern des Fahrwerkes vom Boden zu verabschieden und sich in die Lüfte zu erheben. Alle sind still.

      Die wunderschöne, sonnendurchflutete türkische Landschaft verwandelt sich zunehmend in eine Spielzeugwelt, die immer schneller an uns vorüberzieht. Wir drehen nach links ab. Unter uns erscheint ein letztes Mal das strahlend leuchtende türkisblaue Meer.

      Das Meer, in das ich noch vor wenigen Stunden zusammen mit meiner „Strandpartnerin“ wie von einer Tarantel gestochen hineingerannt bin. Das Meer, an dessen Strand ich mich stundenlang gesonnt, meine Akkus aufgeladen und mit einzigartigen Menschen wundervolle Gespräche geführt habe.

      Das Meer, durch dessen Wellen wir voller Freude getaucht sind, und die Zeit ebenso wie alles um uns herum einfach so vergessen haben, während Vogelschwärme über uns hinweg gezogen sind und unsere Blicke immer wieder von den in geheimnisvollen Wolkenschleiern eingehüllten Bergen gefesselt worden sind.

      Irgendwo da unten sind sie jetzt: All die Menschen, denen ich als Fremder begegnet bin, und von denen ich als Freund ging. Sie haben mir unzählig viele unvergessliche Momente, tiefgründige Gespräche und vom Lachen tränende Augen geschenkt. Und sie haben mir unmissverständlich bewusst gemacht, dass es nun an der Zeit ist, endlich dieses Buch zu schreiben. Ich durfte gemeinsam mit ihnen Augenblicke erleben, die so nie wiederkehren werden. Geschenke, für die ich vom tiefsten Herzen dankbar bin.

      Einige von ihnen werden gewiss wieder ins Hamsterrad zurückkehren. Einer könnte eine unglaubliche Karriere bevorstehen, wenn sie sich von nichts und niemanden von ihren Zielen ablenken lässt, für ihre Träume kämpft und handelt.

      Sie begleiten vom ganzen Herzen meine besten Wünsche.

      Ich drehe mich um. Langsam verschwindet die atemberaubende türkische Landschaft unter den Wolken. Die Anschnallzeichen erlöschen. Wir gehen auf Reiseflughöhe und nehmen direkten Kurs auf Deutschland. Mit jedem Atemzug bringt mich die Maschine nun immer weiter in Richtung Kälte. Der Urlaub ist vorbei. Es geht zurück.

      Meine vorderen Sitznachbarn beschließen, nächstes Jahr wieder in die Türkei zu fliegen. Bis dahin hieße es wieder „durchhalten und malochen“, bekomme ich mit. Sie haben keine Lust auf morgen, keine Lust auf den Job! Ihre Mienen sind entsprechend finster, und ihr Urlaubsfeeling scheint schon jetzt verflogen zu sein. Ich dagegen freue mich auf morgen, auf meine Familie, meine Freunde, meinen Job und auf meine nächste Auszeit in der Sonne - in gut dreieinhalb Wochen.

      Das Leben ist schön!

      Aber es ist endlich, genauso wie dieser Urlaub endlich war. Irgendwann geht es einfach nicht mehr weiter, und alles, was wir dann noch haben, ist das, was wir erleben durften.

      Was wir dann nicht mehr pflegen können, geht ein, verdreckt oder wuchert. Der Rest wird dann fachgerecht entsorgt und endet in farbigen Plastiksäcken, die dann schlussendlich in Müllcontainern landen, während die Erben das restliche Vermögen verwerten.

      Und das soll es dann gewesen sein?

      Nein Danke! Ich will mehr! Viel, viel mehr!

      Wieder einmal wird mir bewusst, dass das ganze Leben eine Reise ist. Eine Reise, die uns unzählige wunderbare Momente schenkt, die wir auskosten müssen, weil sie so nie wiederkehren werden. Auf ihr werden wir einmaligen Chancen begegnen, die wir entweder in Meilensteine unseres Lebens verwandeln oder unbeachtet an uns vorüberziehen lassen können.

      Doch irgendwann gibt es die nächste Reise, auf die wir uns wieder einmal begeben möchten, um dem Alltag unseres hiesigen Daseins mit all seinen Verpflichtungen zu entfliehen, nicht mehr. Irgendwann ist es durch, und dann stehen wir vor der Bilanz unseres Lebens. Unseres Lebens, das uns unsere Mütter unter der Aufnahme größter Risiken und Entbehrungen geschenkt haben. Sie haben uns unter größten Schmerzen auf diese Welt gebracht und uns dieses eine, unwiederbringliche, Leben geschenkt. In der Hoffnung, dass wir unseren Weg gehen und aus unserem Geschenk das Beste machen werden.

      In der Hoffnung, dass wir diese Welt verbessern werden, und dass wir etwas erschaffen, das auch über unser Leben hinaus bestehen bleibt.

      Es liegt also allein an uns selbst, dieses einmalige Geschenk Tag für Tag zu schätzen, es anzunehmen, seine Einzigartigkeit zu erkennen, es immer wieder in all seinen Facetten neugierig wie ein Kind zu entdecken und sich seiner Vergänglichkeit bewusst zu sein.

      Allein an uns selbst liegt es, zu erkennen, dass es keine Selbstverständlichkeiten in diesem Leben gibt, außer es irgendwann loslassen zu müssen, wenn unsere Zeit hier abgelaufen ist.

      Und wiederum liegt es allein an uns selbst, uns dessen bewusst zu sein, dass die Zeit, die wir auf dieser Welt zur Verfügung haben, viel zu schade dafür ist, um sie mit Warten auf die nächste Reise zu verschwenden.

      Wir müssen unsere Reise immer wieder neu antreten. Tag für Tag. In jedem Augenblick.

      Wir müssen Chancen ergreifen, um sie in einmalige Augenblicke zu verwandeln und unser Leben in die Richtung zu lenken, in die wir gehen wollen.

      Das Leben ist zu kurz zum Warten, zum Grübeln und zum Hadern. Chancen, die wir verpassen, sind für immer verloren.

       Das Hamsterrad – mein Weg hinein und wieder heraus

      Auch ich habe dieses Leben nicht immer als kostbares Geschenk betrachtet, habe lange auf eine bessere Zukunft gewartet und kurz nach meinem ersten Studium zum Diplom Wirtschaftsingenieur (FH) Jobs angenom- men, die ich eigentlich gar nicht haben wollte.

      Voller Erwartungen bin ich damals in den „Ernst des Lebens“ gestartet. Ich bin, ehe ich mich versah, selbst im Hamsterrad gelandet und stellte fest, dass sich das Leben, das ich führte, immer weiter von dem Leben entfernte, was ich wirklich führen wollte. Die immer seltener werdenden Momente des Glücklichseins wurden von immer längeren Phasen eines monotonen, meiner Lebensvision widersprechenden Alltags unterbrochen.

      Ich begann irgendwann damit, nur noch für das Wochenende und ein paar Wochen Jahresurlaub zu leben, führte unbefriedigende Beziehungen und vernachlässigte meinen Körper immer mehr. Das Kind in mir wurde immer leiser.

      Doch als ich es kaum noch hören konnte, rebellierte es schließlich umso lauter in mir.

      So konnte es doch nicht weitergehen!

      Ich wollte doch einen Nutzen für die Menschen bringen, träumte davon, eines Tages Seminare abzuhalten, vor vielen Menschen zu sprechen und mit Menschen zu arbeiten, die sich privat und beruflich weiter entwickeln wollten. Ich wollte erleben, dass es Anderen durch meine Arbeit und Schaffenskraft besser geht.

      Das, was ich seit jeher konnte und was mich wirklich interessierte, war der Umgang mit Menschen.

      Mir fiel es seit jeher leicht, sie anzusprechen, sie zu erreichen, sie von etwas für sie Gutem zu überzeugen, sie „abzuholen“, ihnen Mut zu machen und ein Stück weit mit ihnen zu gehen.

      Keine Ahnung, warum und woher ich diese Gabe hatte. Ich kommunizierte einfach leidenschaftlich gerne mit unterschiedlichsten Menschen aus allen gesellschaftlichen Ebenen, hörte mir ihre Geschichten an und versuchte, angetrieben von einer nahezu kindlichen Naivität, zu helfen und neue Wege zu ebenen, wo immer mir dies erforderlich bzw. sinnvoll zu sein schien. Wie oft habe ich damals gedacht, das Falsche studiert

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