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beruhigend ist, sehen sich andere Menschen einer beängstigenden Situation gegenüber.

      Gleichzeitig kooperieren plötzlich Gruppierungen und Parteien miteinander, die sich noch vor Kurzem öffentlich bekämpft haben, und Kräfteverhältnisse verschieben sich.

       Bewährte Bewältigungsstrategien können nicht genutzt werden

      Für die meisten Menschen ist die Corona-Krise nicht die erste Krise. Das bedeutet: Wir besitzen schon Strategien, die wir nutzen können, wenn unser Leben aus den Fugen gerät.

      In Krisen geht zuerst das Gefühl von Sicherheit verloren. In solchen Situationen finden sich Menschen immer in Gruppen zusammen, um gemeinsam zu handeln, sich zu trösten und zu unterstützen. Das ist einer der zentralen biologischen Bewältigungsmechanismen. Dass in einer Zeit höchster Not eine 30-Jährige 400 Kilometer fährt, um bei ihrer Mutter eine Tasse Milch mit Honig zu trinken, ist so gesehen völlig normal. Es hilft ihr dabei, innerlich zur Ruhe zu kommen und sich wieder sicher und geborgen zu fühlen. Im zweiten Schritt wird dann auch klarer, wie es weitergeht. Genau dieses Nähe-und-Schutz-Suchen ist jetzt aber oft unmöglich. Der natürlichste menschliche Impuls zur Krisenbewältigung: blockiert.

      Andere suchen in einer Krise erst einmal die Einsamkeit, wo sie ihre Gedanken sortieren können. Sie laufen stundenlang am Strand, wandern auf einen hohen Berg, beten in einer einsamen Kapelle, setzen sich der Natur aus oder verbinden sich mit ihr. Auch das ist in vielen Bundesländern gerade nicht möglich – und in vielen Staaten überall auf der Welt komplett verboten. Wer aufgrund einer Infektionsgefahr in Quarantäne ist, darf nicht einmal aus dem eigenen Zimmer heraus.

      Auch wer in Krisen Halt in seiner Glaubensgemeinschaft findet, ist aufgrund der Kontaktsperren daran gehindert. Gottesdienste finden erst einmal nicht statt, gemeinsames Beten, so wie man es kennt, ist nicht möglich.

      Wir müssen also in der aktuellen Corona-Krise ganz neue Strategien zur Bewältigung finden. Das ist eine Situation, wie es sie in der Geschichte der Krisen so noch nie gegeben hat.

       Fast alle Menschen erleben die Krise zeitgleich

      Es ist hilfreich, sich in einer Krise mit Menschen zu verbinden, die stabil sind und von ihrer Stabilität etwas vermitteln und abgeben können. Auf diese Weise kann ein krisengeschüttelter Mensch bei einem guten Freund ein paar Stunden »heile Welt« tanken. Das tut gut und bietet eine Pause zum Durchatmen.

      Durch die Vielfältigkeit der Veränderungen in der Corona-Situation sind aber jetzt sehr viele Menschen gleichzeitig in eine Krise geraten. Wenn sie sich treffen, kann es passieren, dass sie sich gegenseitig in noch größere Sorge bringen, indem die Gespräche sich überwiegend um das Virus und alle Nebenschauplätze drehen. Dann gehen alle Beteiligten noch wackeliger aus einer Begegnung, anstatt im gemeinsamen Sein wieder zu Ruhe und Vertrauen zu finden.

      Die Situation ist vergleichbar mit den Erfahrungen, die unsere Eltern oder (Ur-)Großeltern in Kriegszeiten gemacht haben. Jeder ist von gravierenden Veränderungen betroffen, die meisten Menschen befinden sich in der Phase der Verdrängung oder im Ausnahmezustand und können deshalb keine echte Stabilität weitergeben.

       Ungewisse Entwicklung

      Es ist nach Ostern, während ich das hier schreibe. Die Corona-Krise dauert schon einige Wochen an. Noch ist vollkommen ungewiss, wie lange diese Krise andauern wird. Wie lange wir noch mit dem Erreger leben müssen, ob ein Impfstoff gefunden wird, wie lange die Kontaktbeschränkungen andauern werden, wann wir wieder arbeiten dürfen, ob die Kinder dieses Schuljahr abschließen können …

      Über eine lange Zeit nicht zu wissen, wie es weitergeht, macht die Anpassung an die neue Situation schwierig. Um uns anzupassen, müssen wir ja erst einmal wissen, woran wir uns anpassen müssen. Das ist im Moment aber noch unklar. Die Informationen von offizieller Seite ändern sich jeden Tag und widersprechen sich teilweise sogar. Es ist immer noch nicht sicher, in welcher Form das tägliche Leben sich wieder in eine Normalität einfinden wird – und wann. Wird es das Lieblingscafé in einigen Wochen noch geben? Können wir im Sommer unsere besten Freunde besuchen? Wann sehen wir unsere Eltern endlich wieder? Dürfen wir überhaupt reisen? Wie geht es mit der Schule, dem Studium, der Ausbildung weiter?

      In den meisten Krisen dauert die Zeit der Unsicherheit nicht so lange an. Man ist krank und weiß nach einigen Tagen, was man hat. Man ist auf Reisen und die Brieftasche mit dem Geld und allen Papieren ist weg. Man erlebt eine Trennung und hat nach ein paar Tagen begriffen: Es ist vorbei. Es ist schlimm, aber man hat Klarheit. Die Anpassung beginnt. In der Corona-Krise ist aber genau diese Anpassung schwierig bis unmöglich, weil eben vollkommen unklar ist, an was man sich denn nun anpassen muss. Das erhöht bei vielen Menschen Unsicherheit, innere Anspannung und Angst.

      All das fordert uns heraus, genau zu prüfen, was nun wirklich hilfreich ist, um uns Stabilität zu geben. Woran sich diese Stabilität und Sicherheit erkennen lässt, welche Haltungen dabei hilfreich sind, schauen wir uns in den folgenden Kapiteln an.

       Corona ist eine ganz besondere Herausforderung

      Eine Krise ist ein massiver Umbruch. Sie verändert das Leben, sie verändert dich als Mensch. Das Leben ist nach der Krise anders, vor allem aber wirst du anders sein. Das gilt für jede Krise, egal wodurch sie ausgelöst wurde. Und es gilt umso mehr in Zeiten wie diesen.

      Damit das, was in der Wucht der Krise bedrohlich erscheint, zu einer guten Entwicklung führt, kannst du viel tun. Das ist gut! Denn etwas tun können bedeutet: Du kannst einen Teil deiner Kontrolle zurückgewinnen und du kannst dafür sorgen, dass du in der Krise wächst. Du kannst vielleicht gerade an bestimmten äußeren Umständen nichts ändern, womöglich auch überhaupt nichts von dem, was um dich herum passiert. Was du aber sehr wohl verändern kannst, bist du selbst. Erinnere dich: Eine Krise ist deshalb so bedrohlich, weil du der Situation, in der du lebst, nicht gewachsen bist. Deine Fähigkeiten, deine Weltsicht und die Ressourcen, die dir zur Verfügung stehen, passen mit der realen Welt um dich herum nicht mehr zusammen. Die zu überwindende Hürde ist größer als du. Deshalb ist Wachstum angesagt. Denn sobald du gewachsen bist und deine Stärken die Herausforderungen überwiegen, kannst du die Hürde überspringen und die Krise hinter dir lassen.

      Du kannst aber in der Regel auch die Entwicklungen, die um dich herum passieren, zumindest ein bisschen beeinflussen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht immer so aussieht. Wenn du dein Leben aber in seiner ganzen Fülle betrachtest, gibt es doch viele kleine Details, von denen du eine große Zahl beeinflussen kannst – zum Beispiel indem du gut darauf achtest, wie du mit anderen umgehst und was du dadurch bei ihnen auslöst. Genauso kannst du Lösungen suchen, indem du dich mit anderen Menschen austauschst. Und wenn das einmal gar nicht geht, kannst du immer noch Einfluss darauf nehmen, wie du damit umgehst. Du entscheidest auch, wie du mit dir selbst umgehst und worauf du deine Aufmerksamkeit richtest. Damit entscheidest du über die innere Entwicklung und darauf aufbauend dann auch über äußere Entwicklungen – darüber, wie dein Leben nach der Krise sein wird.

      Genau diese innere Entwicklung gilt es also positiv zu beeinflussen, damit du im Rückblick sagen kannst: Ich habe etwas Gutes daraus gemacht. Es ist vieles gut ausgegangen. Ich habe mich durch die Krise entwickelt und bin stärker geworden, als ich das vorher war.

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