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und sich Geschichte zu wiederholen scheint: Auch im Kreise geht es voran!«

      Wie oft habe ich in den vergangenen Monaten an dieses nächtliche Gespräch am fröhlich flackernden Lagerfeuer denken müssen, wenn das Schreiben des Buches nur im Kriechtempo voranging, die Vielzahl verworfener Manuskripte meine Geduld arg strapazierte. Jahr um Jahr habe ich darauf gewartet, dass die richtige Eingebung uns endlich weiter voranbrächte: lebhaft und lebendig zu erzählen, was mir widerfahren ist, welche überraschenden Wendungen meinem Leben immer wieder neue Ausrichtung und ungeahnten Schwung gaben.

      Ganz herzlich danke ich meiner treuen Begleiterin, Diella C. Nsende, die mit mir alle Versionen durchlitten hat und deren schöpferische Kraft zur erzählerischen Dynamik enorm beigetragen hat.

      Gemeinsam ist es uns gelungen, die bestmögliche Version meiner Lebensgeschichte herauszuarbeiten, dichtest möglich an meiner Wahrheit.

      Beinahe alle Namen habe ich geändert, um die Rechte der Persönlichkeiten zu wahren und respektvoll mit den Erinnerungen der an den damaligen Ereignissen beteiligten Menschen umzugehen.

      Die beiden wichtigsten Mentoren auf dem Weg zu mir selbst haben zugestimmt, ihre Namen zu nennen: Lejonidas August – Theologe, Psychologe und Psychotherapeut, Begleiter von Menschen in der meditativen Praxis der christlichen Kontemplation und des Herzensgebetes, Autor, sowie Margot Anand – Psychologin, Begründerin von SkyDancing Tantra, Trainerin, Bestsellerautorin.

      Ich hoffe, dass alle erwähnten Beteiligten sich sehr wertgeschätzt fühlen. Ich bin dankbar, dass sie mein Leben kreuzten und einige immer noch an meiner Seite sind.

      Gerda Alexander hat mir durch ihr 1976 erschienenes Buch: Eutonie – Ein Weg der körperlichen Selbsterfahrung. München, Kösel, wertvolle Unterstützung gegeben, mich meinem Körper von innen heraus zu nähern.

      Das von Emmanuel Jungclaussen 1984 veröffentlichten Buch: Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers. Freiburg: Herder, ist mir ein wichtiger Wegbegleiter geworden.

      Dietrich Bonhoeffers Gedicht »Von guten Mächten« habe ich zitiert nach der Vertonung von Siegfried Fietz.

      Gitta Mallasz ist mir begegnet in ihrem 1984 veröffentlichten Buch: Die Antwort der Engel. Zürich: Daimon.

      Alle Bibelstellen beziehen sich auf die Elberfelder Bibel.

      Das erste Tantra Buch, das ich in den Händen hielt, ist von Nick Douglas und Penny Slinger, 1986 veröffentlicht: Das große Buch des Tantra. Sexuelle Geheimnisse und Alchemie der Ekstase. Basel: Sphinx.

      In meiner Erzählung geht es insgesamt nicht um dich und mich, um Rang und Namen, Ämter und Personen, sondern um den größeren Plan, der hinter all unseren – wie auch immer gearteten – Begegnungen aufscheint. Möge sich dieser Plan dir und mir, uns allen, immer tiefer enthüllen.

       Kapitel 1: Begeisterung

      Noch nie habe ich mich jemandem so geöffnet wie Ulrich, Frater Ulrich eigentlich. Aber unsere vertrauten Gespräche – in seiner bescheidenen Zelle oder während unserer ausgedehnten Spaziergänge – lassen mich vergessen, dass ich es mit einem Klosterbruder zu tun habe.

      Irgendwie fliegen mir die Worte nur so zu, und es scheint das Natürlichste auf der Welt, mich einfach auszusprechen. Schlichtweg aussprechen zu wollen, was mich umtreibt, aufhält, blockiert, festhält, umtreibt, zum Stillstand und in die Erstarrung zwingt. Vielleicht komme ich ja mit meiner Situation besser zurecht, wenn ich endlich beschreibe, wie es in meinem Leben wirklich zugeht.

      »Eher vertraue ich mich dem Gemeindepfarrer Mooshammer an als meinem Vater«, sage ich vehement.

      Unvorstellbar, ihm von Arnulf zu erzählen und dem wiederkehrenden Albtraum, der mich schon so viele Jahre heimsucht. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie mein strenger Vater reagieren würde, wenn er alles wüsste.

      »Pfarrer Mooshammer hört mir zu, wertet nicht. Er ist einfach modern und offen«, schließe ich nachdenklich. »Und er nimmt mich an, wie ich bin. Ich muss mich nicht rechtfertigen«, füge ich schnell einen ganz wichtigen Aspekt noch hinzu.

      »Sollte ein wahrer Priester nicht so sein?« Frater Ulrich blickt mich ernst an.

      »Absolut. Die einfühlsame und sanfte Art, in der ich Priester um mich herum erlebe, war mir schon immer sympathisch. Das hat mich, glaube ich, schon früh beeindruckt. Sicher ist auch das ein Grund, warum ich gerne selbst Priester wäre. Im Allgemeinen wird ihnen Respekt entgegengebracht; während des Gottesdienstes stehen sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Auch sonst werden Kaplan und Pfarrer von den Menschen in unserer Stadt wertgeschätzt. Ihnen haftet einfach etwas Besonderes an, finde ich.«

      »Ich verstehe vollkommen, was du sagen willst: Geistliche ragen aus der Gesellschaft hervor und scheinen besonderes Ansehen zu genießen – qua Amt«, sagt Ulrich.

      »Wie du habe ich mich oftmals in der Kirche eher erwünscht gefühlt als in meinem eigenen Elternhaus.« Er spricht mir aus der Seele.

      »Meine Mutter führt zu Hause energisch das Wort, mein Vater bleibt still im Hintergrund. Da gab’s oft Spannungen.«

      »Bei mir zu Hause steht eher Hochspannung auf der Tagesordnung«, kontere ich.

      »So schlimm?«

      »So schlimm!«, bestätige ich energisch und erzähle frei von der Leber weg: »Mein Vater ist furchtbar jähzornig und autoritär, auch wenn er sich nach außen hin freundlich gibt.«

      Tief atme ich durch. »Bekannten hilft er bei der Steuererklärung und ist auch sonst bei Problemen für sie da. Weil er beim Finanzamt arbeitet, kennt er sich mit Steuern und Behörden aus. Aber zu Hause ist er uns gegenüber meistens schlecht gelaunt.«

      Ulrich wirkt betroffen.

      »Ja, ich habe das Gefühl, dass mein Vater den Druck und Zwang, den er in seiner eigenen Kindheit erlebte, einfach an mich weitergibt. Ich muss zu Hause funktionieren, auch wenn es meinem Empfinden widerspricht.«

      »Magst du ein Beispiel erzählen?«

      »Jeden Samstag ruft er vor dem Mittagessen: ›Armin! Schuhe putzen!‹«

      Ich imitiere Vaters strengen Ton.

      »Auch noch heute?«

      »Auch noch heute. Auch wenn ich jetzt sechzehn bin und gerade etwas anderes mache.«

      Über dieses samstägliche Ritual mit einem Außenstehen zu sprechen, macht mir nicht nur die Absurdität dessen bewusst, sondern erinnert mich auch an die Ausweglosigkeit, die ich empfinde: »Mich zu weigern, ist zwecklos. Mein Vater duldet keinen Widerspruch.«

      »Oh, das kenne ich von meiner Mutter«, nickt Ulrich. »Kompromisse sind ihr vollkommen fremd. Ihr Wille ist Gesetz.«

      »Früher war das aber noch schlimmer als heute. Auf der Treppe vor unserer Haustür wartete er ungeduldig auf mich. Ich musste im Eiltempo alle Schuhe der Familie aus der Küche nach draußen bringen und ordentlich vor der Tür aufstellen. Mit unseren Schmutzbürsten befreiten wir jeden einzelnen Schuh akribisch vom Straßenstaub. Auch während des Putzens ließ er mich keinen Moment aus den Augen und kommentierte alles. ›Zieh keine Schnute!‹, fuhr er mich barsch an, wenn ich lustlos wirkte. Und wenn ich nicht schnell genug vorankam, schrie er: ›Geh weiter, stell dich nicht so an!‹«

      Ermuntert durch die Parallelen in unseren Familiengeschichten werde ich offener.

      »Folgte ich immer noch nicht, wie er wollte, warf er die Schmutzbürste nach mir. Im zweiten Arbeitsschritt mussten wir die Schuhe sorgfältig einfetten, um sie im Anschluss auf Hochglanz zu polieren. ›Das kannst alleine machen!‹, hieß es dann. Und so saß ich immer wieder samstags vor unserer Haustür und wienerte Schuhe, während meine Spielkameraden fröhlich herumtollten.«

      »Das ist natürlich demütigend. Gerade auch noch vor deinen Freunden.«

      Ja, genau so fühlen sich diese Samstage an: demütigend. Obwohl wir uns kaum kennen, spricht Ulrich mir aus der Seele.

      »Das Schlimmste

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