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Interesse an mir als meine ,Landsleute'.“

      Immerhin stellte sich nach langer Durststrecke ab dem Jahr 1908 der Erfolg ein: Sein musikalisches Können (er brachte sich eine ganze Reihe an Instrumenten autodidaktisch bei) verband er mit grotesker Körpersprache, Slapstick-Elementen und einem grandiosen Vermögen, mit der Sprache zu spielen. Mit der zuletzt genannten Fähigkeit war er der ,Urvater‘ vieler hochkomischer Nachfahren, von denen Gerhard Polt, der 2001 denn auch als erster Preisträger des Karl-Valentin-Ordens rechtmäßig geehrt wurde, der ihm vielleicht genehmste gewesen wäre.

      Die Zielscheibe seiner Witze ist das Publikum oder er selbst. Auf der Bühne wie auch im Alltag lebt er im ständigen Kampf mit der Realität und der Gesellschaft, mit Behörden oder Mitmenschen. Viel Verzweiflung steckte in seiner Komik.

      Dann lernt Valentin Elisabeth Wellano (1892-1960) kennen, die später als Liesl Karlstadt neben ihm auf seinen Bühnen stehen wird, kongeniale Partnerin in seinen abstrusen Dialogen, dem virtuosen Jonglieren mit der Sprache auf der Bühne, im Film und im Studio.

       Anders schön: Karl-Valentin-Brunnen (Ernst Andreas Rauch, 1953) und Liesl-Karlstadt-Brunnen (Hans Osel, 1961) auf dem Viktualienmarkt in München

      Sie, die gleichzeitig seine Geliebte wurde, zog er mit in den Abgrund, als er beider Ersparnisse in sein erfolgloses Panoptikum-Projekt pumpte – und alles verlor. Von dem, was er auf der Bühne zeigte, verstand er etwas: vom ewigen Kampf mit den Misslichkeiten des Alltags, von behördlichen Irrsinn oder seinen Mitmenschen: „Der Mensch ist gut – die Leute sind schlecht.“ Da war viel Pessimismus und Tragik in Leben und Werk, die zu ,überspielen‘ sein Lebenselixier war.

      Angefangen hatte dieses Leben eh schon mit einem Realitätsschock („Als ich die Hebamme sah, die mich empfing, war ich sprachlos. Ich hatte diese Frau in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.“). Apropos sprachlos: „I sag gar nix. Dös wird man doch noch sagen dürfen." Da scheint wie immer die Resignation und der Untertanengeist des Kleinbürgers (nicht Valentins) durch. Was aber auch durchscheint, ist, dass – genau wie in diesem Beitrag – Karl Valentin immer nur als Produzent geistreicher Bonmots in Erinnerung ist, wenn man diese überhaupt ihm zuschreibt. Deshalb: Lest seine Szenen! Schaut seine Filme! Dass niemand hinterher sage: „Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut.“

       13. Februar – Internationaler Tag des Radios

       All you hear is …

      Das genaue Todesdatum ist unbekannt, das kurze Siechen aber muss Anfang der Achtziger Jahre des vergangenen Jahrtausends begonnen haben. Bis dahin war es eine veritable Erfolgsgeschichte: Albert Einstein erfand auf der Großen Deutschen Funkausstellung 1930 den Rundfunk (also fast; immerhin eröffnete der große Physiker die Veranstaltung), schon vier Jahre zuvor hatte die Loewe-Audion GmbH aus Berlin-Steglitz an selber Stelle unter dem neuen Funkturm mit dem Ortsempfänger OE333 das erste erschwingliche Gerät in Deutschland vorgestellt. Da war der Sendestart eines öffentlichen Rundfunks mit den berühmten Worten „Achtung! Hier Sendestelle Berlin Voxhaus" schon drei Jahre her.

      Danach nahm die technische Entwicklung und die kulturelle Bedeutung des neuen Mediums richtig Fahrt auf, und schon bald verfügte nahezu jeder reichsdeutsche Haushalt über einen Volksempfänger. „Wir senden Frohsinn“ war ein Motto, dem das Programmangebot folgte, vor allem aber machten sich die Machthaber zunutze, dass der Hörfunk schon in der Weimarer Republik staatlich organisiert war, und so beförderten sie ihn zu ihrem modernsten Propagandainstrument. Bekanntlich war das Hören von „Feindsendern“ mit der Todesstrafe bedroht, die auch tatsächlich in der Anfangszeit zur Abschreckung vollstreckt wurde.

      Diese Hypotheken nahm das Medium mit in die beiden deutschen Nachkriegsstaaten. In der DDR blieb es nahe an seiner Funktion, Kanzel zur Verkündigung der herrschenden Ideologie zu sein, in der BRD war es ebenfalls keineswegs staatsfern und anfänglich konzipiert als Bildungsinstitution. Vorträge und vor allem Hörspiele mit hohem literarischen Anspruch prägten die Szene. Das war beim aufkommenden Fernsehen ganz ähnlich. Die anbrechende audiovisuelle Ära zerstörte rasch den Nimbus des Hörfunks, der allenfalls eine Weile noch schneller war, wenn es um aktuelle Ereignisse ging, sich bald aber zum „Nebenbei-Medium“ degradiert sah.

      Da hatte es dem TV etwas voraus: Die in der Technikentwicklung der Nachkriegszeit so typische Miniaturisierung technischer Geräte bescherte dem akustischen Medium noch einmal Erfolg bei den jüngeren Hörern. Mit Kofferradios – die durchaus nichts mit schwerem Gepäck gemein hatten – wurde das Radio mobil und Musik war immer dabei. Man hörte damals halt noch gemeinsam zu.

       Kofferradio Teddy Boy von Grundig (1957)

      Und noch in anderer Hinsicht mobilisierte sich das Schallerlebnis. Wegen seiner modernen Produktionen war schon der Firmen-Patriarch Siegmund Loewe – der mit dem OE333 – im englischsprachigen Raum als „deutscher Henry Ford“ gefeiert worden. Da bereits hätte eine Liaison des Radios mit dem Automobil nahegelegen. Tatsächlich dauerte es noch, bis die Idee vom Auto-Radio reifte. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg erprobt, begann seine Erfolgsgeschichte in den Fünfziger Jahren.

      Aus anderen Gründen mobil wurde das Radio am Ostersonntag, dem 28. März 1964, als Radio Caroline auf Sendung ging. Ein Piratensender, der gegen „Auntie“ BBC in Stellung gebracht wurde, deren Musikauswahl den Geschmack der jugendlichen Hörer kaum traf. Man denke – und so etwas gab es lange noch im deutschen Hörfunk: Oft schob man das BBC-Tanzorchester ins Studio, um mit grotesken Interpretationen halbwegs aktuelle Pophits zu vergewaltigen. Radio Caroline, das auf einer ehemaligen Fähre unter panamesischer Flagge außerhalb der britischen Hoheitszone begann, spielte die Originale ohne Verluste, verlor allerdings bisweilen seine Fahrzeuge, der See geschuldet. Sender und Macher wurden Kult, und sie gaben auch nicht auf, als die anderen, nachgefolgten Sender, verboten wurden. Der erste Piratensender war zugleich auch der erste Privatsender. Der Anfang vom Ende. In der Bundesrepublik wurde das Monopol öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten Mitte der Achtziger Jahre aufgehoben. Danach gab es kein Halten mehr, was den Niveauverlust auf allen Wellen betraf, ausgesprochene Kultursender einmal ausgenommen.

      Von da an nur noch: Schwanengesang. Eben noch feierten Kraftwerk die uns allen zugute kommende „Radioaktivität“, Elvis Costello and the Attractions intonierten „Radio, Radio“ und Radiohead dröhnten 'per se' aus den Lautsprechern. Aber schon als Queen „Radio gaga“ schmetterten, erst recht bei „Video killed the radio star“ hörte man das Ende schon kommen. Seit kurz darauf wird nur noch zurückgedudelt. Die Zeiten von „All you hear is…“ sind vorbei, stattdessen listen wir to Slogans wie „Everybody hört's“ (Radio 88,8 Berlin). Damit und mit all dem anderen Grausigen versendet sich im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts der schaurige Rest. Rammstein ist es vorbehalten – sinnigerweise mit einer Hommage an Kraftwerk – die großen wie die furchtbaren Zeiten zum Abschied Revue passieren zu lassen: die Hörverbote im Zwölfjährigen Reich und in der Ära der DDR.

      Radio, mein Radio

      Ich lass‘ mich in den Äther saugen

      Meine Ohren werden Augen

      Radio, mein Radio

      So höre ich, was ich nicht seh‘

      Stille heimlich fernes Weh

      [Rammstein: „Radio“, 2019]

      Ach ja, Radio. Früher, da gab's noch Pop Shop, Radiothek, Discothek im WDR – solche Sachen. Früher, da konnte man noch über den Äther seine Liebste kontaktieren. Wie er hier, der extra ein Lied gemacht hat für sie und damit schnurstracks ins Studio läuft:

      Ich hoffe so, du hörst dieses Lied mal im Radio

      wie soll ich dich denn sonst erreichen?

      Ich wusste nicht wie

      bitte ruf mich an

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