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Umstand.

      Ich hörte eine heftige Debatte zweier Professoren über die bequemste und wirksamste Weise, Steuern zu erheben, ohne den Untertanen lästig zu werden. Der erste behauptete: Die gerechteste Methode werde darin bestehen, wenn man Laster und Torheit besteure; die Summe für jeden müsse dann aufrichtig durch eine Jury bestimmt werden, die aus seinen Nachbarn zusammengesetzt würde. Der zweite war durchaus der entgegengesetzten Meinung: Man müsse diejenigen Eigenschaften des Körpers und der Seele besteuern, worauf die Menschen hauptsächlich eitel wären; man müsse geringere oder höhere Abgaben nach dem Verhältnis der Eitelkeit bestimmen; einem jeden müsse die Entscheidung in diesem Punkte überlassen bleiben. Die höchste Abgabe müsse von Männern bezahlt werden, die große Günstlinge des anderen Geschlechts seien, und zwar nach Verhältnis der Zahl und der Natur aller Gunstbezeigungen, die sie erhalten hätten. Hierbei solle ihnen erlaubt sein, Zeugnis für sich selbst abzulegen. Witz, Tapferkeit und Höflichkeit solle ebenfalls hoch besteuert werden, wobei dann die Abgaben in derselben Art eingezogen werden müßten; indem nämlich jeder Mann die Quantität, die er besitze, auf sein Ehrenwort angebe. Ehre, Gerechtigkeit, Weisheit und Gelehrsamkeit sollen jedoch nicht besteuert werden, weil es Eigenschaften sind, die keiner seinem Nebenmenschen zugestehen oder bei sich selbst bedeutend schätzen wird.

      Die Weiber müßten ferner im Verhältnis ihrer Schönheit und ihrer Geschicklichkeit, sich zu putzen, besteuert werden und dabei dasselbe Privileg wie die Männer besitzen, das heißt, sie müssen den Grad der Eigenschaften selbst bestimmen; Beständigkeit, Keuschheit, Verstand und Gutmütigkeit sollten jedoch in die Steuerliste nicht aufgenommen werden, weil sie die Kosten des Steuererhebens nicht einbringen würden.

      Damit die Parlamentsmitglieder ihre Stimme stets im Interesse der Krone abgeben, wurde der Vorschlag gemacht, sie sollten um Staatsämter würfeln. Jeder müsse zuvor schwören und Bürgschaft leisten, nach dem Willen des Hofes zu votieren, er möge gewinnen oder verlieren; dafür erhalten die, welche verlieren, auch die Freiheit, bei der nächsten Vakanz wieder zu würfeln. So würden Hoffnung und Erwartung fortwährend rege erhalten; keiner würde sich über gebrochene Versprechen beklagen, sondern jede Vereitlung seiner Hoffnungen ausschließlich der Fortuna zur Last legen, deren Schultern breiter und stärker als die eines Ministers seien. Ein anderer Professor hielt ein großes Papier voll Anleitungen, Komplotte und Verschwörungen gegen die Regierung zu entdecken, in der Hand. Er riet allen großen Staatsmännern, die Diät verdächtiger Personen zu erforschen; sich nach ihrer Essenszeit und nach der Seite zu erkundigen, auf die sie sich des Nachts im Bett legten; mit welcher Hand sie sich abwischten; ihre Exkremente hinsichtlich des Geschmacks, der Farbe, des Geruchs, der Konsistenz, zu früher oder zu später Verdauung zu untersuchen, um sich so ein Urteil über ihre Gedanken und Absichten zu bilden; nie seien die Menschen so ernsthaft, gedankenvoll und nur mit sich beschäftigt, wie wenn sie zu Stuhle gingen; er wisse dies aus eigener Erfahrung; unter diesen Konjunkturen habe er selbst des Versuchs halber an Königsmord gedacht und bemerkt, seine Exkremente hätten eine galligtere Farbe, als wenn er nur über Aufstände und Verbrennung der Hauptstadt nachgesonnen habe.

      Die ganze Abhandlung war mit vielem Scharfsinn geschrieben und enthielt manche für Politiker höchst merkwürdige Beobachtungen; sie war aber, wie ich glaubte, nicht ganz vollständig. Eine Äußerung der Art erlaubte ich mir gegen den Verfasser und stellte ihm den Antrag, mit seiner Genehmigung noch einige Zusätze zu machen. Er nahm meine Vorschläge mit größerer Bereitwilligkeit auf, als sonst bei Schriftstellern gewöhnlich ist, besonders bei denjenigen, die in das Gebiet des Projektierens hineinstreifen, und erklärte mir, fernere Belehrung werde er mit dem größten Vergnügen annehmen.

      Hierauf erzählte ich ihm, im Königreich Tribnia, das von den Eingeborenen Langden genannt wird und wo ich früher auf meinen Reisen einige Zeit verweilte, bestehe die größere Masse des Volkes aus Angebern, Zeugen, Spionen und Eidesleistern nebst dienenden und subalternen Werkzeugen, die sämtlich unter den Fahnen, der Leitung und Besoldung der Staatsminister und ihrer Beamten ständen. Die Verschwörungen in jenem Königreich seien gewöhnlich die Schöpfung der Personen, die sich einen Ruf als große Politiker machen wollten; oder sie seien erregt, um eine gebrechliche Regierung aufrechtzuerhalten, oder damit jene ihre Koffer mit Konfiskationen füllten oder den Staatskredit sinken und steigen ließen, wie es ihrem Privatvorteil angemessen sei. Zuerst wird bestimmt, welche verdächtige Personen einer Verschwörung angeklagt werden sollen; dann trägt man Sorge, alle ihre Briefe und Papiere zu untersuchen und die Eigentümer davon in Ketten zu schmieden. Diese Papiere werden einer Künstlergilde übergeben, die sehr geschickt ist, die geheimnisvolle Bedeutung der Worte, Silben und Buchstaben zu enträtseln; zum Beispiel finden sie heraus: Ein Nachtstuhl bedeute einen Geheimen Rat; eine Herde Gänse eine Staatsversammlung; ein lahmer Hund einen Feind, der einen Angriff von außen beabsichtigt; eine Pest ein stehendes Heer; ein Maikäfer einen Premierminister; das Podagra einen Hohenpriester; ein Galgen einen Staatssekretär; ein Nachttopf einen Ausschuß von Lords; ein Sieb eine Hofdame; ein Besen eine Revolution; eine Mausefalle ein öffentliches Amt; ein bodenloser Brunnen eine Schatzkammer; ein Abzugskanal einen Hof; eine Narrenkappe einen Günstling; ein zerbrochenes Rohr einen Gerichtshof; ein leeres Faß einen General; eine offene Wunde die Staatsverwaltung.

      Der Professor bezeigte mir die größte Dankbarkeit für meine Mitteilungen und versprach mir, diese auf ehrenvolle Weise in seinem Traktate zu erwähnen.

      Ich sah in dem Lande nichts weiter, was mich zum längeren Bleiben hätte bewegen können, und begann deshalb an meine Rückkehr nach England zu denken.

      7 Swift hat hier einen damaligen Staatsprozeß gegen einen bekannten Jakobiten, Atterbury, Bischof von Rochester, im Auge, den die Whigs, durch Parteileidenschaft fortgerissen, nicht in der Weise geführt hatten, wie es die Nation erwartete. Es wurde die allen Engländern verhaßte Spionage angewandt; man sollte Briefe erbrochen haben usw.

      Siebentes Kapitel

      Der Verfasser verläßt Lagado und kommt in Maldonado an. Kein Schiff liegt dort bereit. Er macht eine kurze Reise nach Glubdubdrib. Sein Empfang beim Gouverneur.

      Landwärts dehnt sich das Festland, dessen Teil dieses Königreich bildet, nach allem, was ich bemerkt habe, gegen Osten hin aus, und zwar nach dem unbekannten, westwärts von Kalifornien liegenden Teile Amerikas zu. Nördlich reicht es an den Stillen Ozean, der ungefähr nur fünfundsiebzig Stunden von Lagado entfernt ist. Dort befindet sich ein guter Hafen, wo viel Handel mit der großen Insel Luggnagg betrieben wird, die im neunundzwanzigsten Grad nördlicher Breite und im hundertundvierzigsten der Länge nordwestlich liegt. Die Insel Luggnagg erhebt sich aus dem Meere südöstlich von Japan und ist ungefähr hundert Stunden davon entfernt. Zwischen dem Kaiser von Japan und dem Kaiser von Luggnagg besteht ein festes Bündnis, so daß man häufig von einer Insel zur anderen reisen kann. Ich beschloß deshalb, mich dorthin zu begeben, um nach Europa zurückkehren zu können. Ich mietete zwei Maulesel und einen Führer, der mir den Weg weisen und mein kleines Gepäck tragen sollte. Ich nahm Abschied von meinem edlen Beschützer, der mir so viele Gunstbezeigungen erwiesen hatte und bei meiner Abreise mir noch ein kostbares Geschenk machte.

      Meine Reise war ohne Abenteuer oder Ereignis, das des Erzählens wert wäre. Als ich im Hafen von Maldonado ankam (das ist der Name), fand ich kein Schiff segelfertig, das nach Luggnagg bestimmt war. Auch war es unwahrscheinlich, daß bald ein Fahrzeug ankommen würde. Die Stadt ist so groß wie Portsmouth. Ich machte bald einige Bekanntschaften und ward sehr gastfrei aufgenommen. Ein Herr von höherem Stande sagte mir: Da Schiffe nach Luggnagg erst in einem Monate absegeln würden,

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