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       Manfred Ehmer

       Die esoterischeBotschaftder Märchen

      Die esoterische Botschaft der Märchen

      © 2. Auflage 2020 Manfred Ehmer

      Titelbild: © Manfred Ehmer, unter

      Verwendung gemeinfreien Materials

      Verlag und Druck: tredition GmbH,

      Halenreie 40–44, 22359 Hamburg

      Teil 4 der Reihe edition theophanie

      ISBN: 978-3-7482-8183-2 (Paperback)

      ISBN: 978-3-7482-8184-9 (Hardcover)

      ISBN: 978-3-7482-8185-6 (e-Book)

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      Besuchen Sie den Autor auf seiner Homepage:

      www.manfred-ehmer.net

      Inhaltsverzeichnis

      Die esoterische Botschaft der Märchen

      Einhörner, Drachen und Fabelwesen

      Nymphen und andere Märchenwesen

      Das Geheimnis der vier Elemente

      Elementarwesen in den Märchen

      Das Märchen als Parallel-Universum

      Die Gebrüder Grimm

      Jorinde und Joringel

      Der Machandelboom

      Irische Feenmärchen

      Alice im Wunderland

      Peterchens Mondfahrt

      Wer ist Peter Pan?

      Der Zauberer von Oz

      Tolkiens Mittelerde

      Der Herr der Ringe

      Tolkiens Silmarillion

      Conan der Kimmerier

      Der Cthulhu-Mythos

      Der Zauberer von Erdsee

      Der Kleine Prinz

      Die Möwe Jonathan

      Momo gegen die Zeitdiebe

      Die unendliche Geschichte

      Utopien – Paradiese – Idealwelten

      Literaturlisten

      Zitatnachweis

      Die esoterische Botschaft

      der Märchen

       Das Märchen als Einweihungsweg

      Es war einmal – dieser formelhafte Märchenbeginn, uns allen aus unserer Kinderzeit bekannt, weist nicht nur auf eine imaginäre Zeit, sondern auch auf ein räumliches Anderswo hin. Das Märchen – einerlei ob erzählt oder vorgelesen – stellt doch immer eine Zauberwelt dar, ein Parallel-Universum der Magie und des Wunderbaren, das „neben“ unserem normalen Alltags-Bewusstsein liegt, das wir jedoch kraft der uns angeborenen Fähigkeit der Imagination jederzeit betreten können. Märchen sind wie Träume vielleicht Erinnerungen an die eigentliche Heimat unseres Geistes, die im Übersinnlich-Überirdischen liegt. Was das Wesen eines Märchens ausmacht, hat der Dichter Novalis (1772–1800) einmal so ausgedrückt: „In einem echten Märchen muss alles wunderbar – geheimnisvoll und unzusammenhängend sein – alles belebt. Jedes auf eine andre Art. Die Natur muss auf eine wunderliche Art mit der ganzen Geisterwelt vermischt sein.1

      Unter einem Märchen – das Wort kommt vom mittelhochdeutschen maere, d.h. Kunde – verstehen wir eine phantasievoll ausgeschmückte kurze Erzählung, die in einer Welt spielt, in der die üblichen Naturgesetze ihre Wirkung eingebüßt haben und stattdessen das Wunder vorwaltet. Der Unterschied zu Sagen und Legenden besteht darin, dass letztere stets auf einen historischen Kern zurückgehen; die Helden des Märchens jedoch entbehren jeder historischen Identität, sie tragen meist nur Allerweltsnamen, zum Beispiel Hans, und ein „König“ ist bloß ein König, aber keine historisch bestimmbare Gestalt. Allgegenwärtig ist im Märchen die Magie; die handelnden Personen erleben wunderbare Geschehnisse und kommen mit zaubermächtigen Helfern oder Hilfsmitteln an ihr Ziel.

      Dabei zeigt sich die ganze Natur als beseelt: Tiere und Pflanzen sprechen mit Menschen und verkehren mit ihnen wie auf gleicher Ebene; auch naturgeistige Wesen wie Nymphen, Feen, Elfen, Riesen und Zwerge, Erbstücke wohl aus längst vergangenen Zeiten des Heidentums, treiben ihr Unwesen oder greifen auf heilsame Weise in das Geschehen ein. Im allgemeinen ist die Grenzlinie zwischen der Natur und der Geisterwelt recht dünn gezogen, und beide Bereiche scheinen bis zur Ununterscheidbarkeit ineinander überzugehen. Ein Beispiel für sprechende Pflanzen findet sich in dem Märchen ALICE HINTER DEN SPIEGELN: „'O du Feuerlilie', sagte Alice, denn eine solche wuchs da und schaukelte anmutig im Wind, 'wenn du doch nur reden könntest!' 'Wir können schon', sagte die Feuerlilie, 'solange jemand da ist, mit dem es sich lohnt'. Alice war so überrascht, dass es ihr die Stimme verschlug; ihr war, als sollte sie gar keine Luft mehr bekommen. Schließlich, als die Feuerlilie immer nur weiter vor sich hin schaukelte, sprach sie die Blume zaghaft aufs Neue an, fast im Flüsterton: 'Können denn alle Blumen reden?' 'So gut wie du schon lange', sagte die Feuerlilie, 'und außerdem noch sehr viel lauter.'“2

      Vielleicht können wir ja tatsächlich mit Pflanzen sprechen und sie mit uns, wenn nicht in einem wörtlichen, so doch in einem übertragenen Sinne. Der Pflanzengeist ist esoterisch jedenfalls eine Realität, und auf der entsprechenden Bewusstseins-Ebene können wir mit ihm in Kontakt treten. Kindern wie Naturvölkern ist dies selbstverständlich, und deshalb sind diese auch in der Lage, die Welt „mit Märchenaugen“ zu sehen. So bemerkte schon Hermann Grimm im Vorwort zu den von den Gebrüdern Grimm gesammelten KINDER- UND HAUSMÄRCHEN: „Es liegt in den Kindern aller Zeiten und aller Völker ein gemeinsames Verhalten der Natur gegenüber: sie sehen alles als gleichmäßig belebt an. Wälder und Berge, Feuer und Sterne, Flüsse und Quellen, Regen und Wind reden und hegen guten und bösen Willen und mischen ihn in die menschlichen Schicksale. Es gab eine Zeit aber, wo nicht nur die europäische Kinderwelt, sondern die Nationen selbst so dachten. Wie die germanischen Völker in diesem Zustande der Kindheit in Glauben, Sprache und Überlieferung sich verhalten, war Jakobs Studium…“3

      Im Märchen herrscht eine andere Logik als unsere gewohnte, lineare und dreidimensionale Logik. Eine ältere Schicht des menschlichen Bewusstseins scheint dem Märchen zugrunde zu liegen, vielleicht das eher träumende, vorrationale, von Magie durchwobene Bewusstsein der kleinen Kinder oder der archaischen Naturvölker. Der Tübinger Vorgeschichtsforscher Otto Huth sieht in den Volksmärchen, besonders denen der Gebrüder Grimm, „eine altertümliche, sakrale Dichtform, die eine prähistorische Kulturperiode widerspiegelt“4 – nämlich die vorgeschichtliche Megalithkultur. Als letztlich religiöses Überlieferungsgut seien sie vom Ursprung her keineswegs Kindermärchen, sondern erst später dazu geworden, da das Märchenalter des Kindes in etwa dem Bewusstseinszustand des Neolithikums – der Jungsteinzeit – entspreche.

      Die Märchen entspringen den Tiefen der Volksseele, und sie wurden generationenlang mündlich weitergegeben, von Erzählern, die oft erstaunlich viele Märchen auch mit allen Einzelheiten in ihrem Gedächtnis bewahrten. In den vorindustriellen Gesellschaften erzählte man die Märchen in den wenigen Mußestunden, die der hart arbeitenden Bevölkerung blieben, an langen Winterabenden etwa, wenn die Feldarbeit ruhte und die Bewohner zu ungewohnter Muße zwang. Gewählt wurden

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