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eines deiner Lieblingsessen.“ Schon schwenkt sie ein paar frische Teigwaren in einer Pfanne mit Butter und Salbei. Ein angenehmer Duft strömt durch die Küche. Salvatore sitzt dennoch ratlos am langen Tisch. Er stützt mit einer Hand seinen Kopf ab und stochert mit der anderen in seinen Nudeln.

      „Sag mal, ihr hattet vor kurzem wohl wieder einen eurer Rachefeldzüge gegen die Pappalardo. Der Padre war recht euphorisch. Ich kenne ihn und dich zu gut, Salvi! War es schlimm? Was ist denn das für eine Beule auf deiner Stirn?“

      „Schlimm? Es war schrecklich, wir mussten einen um‘s Eck bringen! Sergio hat es erledigt. Danach bin ich mit dem Kastenwagen und dem Toten auch noch die Böschung runter. Gut, dass die Brüder mich rausgeholt haben, sonst könntest du ab heute deine Salbeinudeln allein essen.“

      „Ach Salvi, du bist einfach zu sensibel für dieses Geschäft!“

      „Wem sagst du das, Mamma, ich bin irgendwie anders, ich muss endlich hier raus. Mein eigenes Ding machen.“

      Die Mamma wischt sich die feuchten Hände an der Schürze ab, setzt sich neben Salvatore und streicht sanft über seine Beule.

      „Salvatore“, sagt sie leise. „Du bist wirklich anders. Aber du warst damals unser Retter!“

      „Was redest du denn da?“ Salvatores hellgrüne Augen blicken auf und sein Blick trifft direkt in ihr Herz.

      „Ich denke, ich sollte es dir endlich sagen.“

      „Was verschweigst du mir denn, Mamma?“

      „Damals dachten wir, ich könnte keine Kinder bekommen. Das ganze Dorf tuschelte und spottete schon. Es gab keinen Nachfolger für die Cosa Nostra. Eine solche Schande! Da fanden wir eines Tages eine kleine Tragetasche vor unserem Haus. Darin ein Baby und ein Zettel:

       „Ich weiß, dass ihr euch ein Kind wünscht. Bitte kümmert euch um ihn.“

      Das Kind warst du. Du trugst ein Goldkettchen mit einer Madonna und deinem Geburtsdatum. Sonst nichts.

      Der Padre und ich forschten lange nach, wer deine Mutter oder Eltern sein könnten. Wir fanden sie nie. Letztlich nahmen wir dich auf und waren uns einig: Dich schickte ein Engel! Du warst die Rettung. Der Opa und der Padre hatten ja Beziehungen, machten alle Papiere. Wir ließen dich auf Salvatore, Retter, taufen und zogen nach Palermo. Von da an warst du unser Sohn. Keiner weiß hier etwas davon. Später wurde ich dann ja doch noch schwanger, mit Gianni und Sergio.“ Salvatore legt betont langsam die Gabel ab und fasst an die Madonna an seiner Halskette. Sie fühlt sich seltsam heiß an.

      „Wie bitte? Und das erzählst du mir jetzt? Nach 36 Jahren? 36 Jahre bin ich im Mafia-Milieu und gehöre gar nicht hierher? Jetzt wird mir einiges klar!“

      Mit Wucht stößt er den leeren Teller weg. Der zerbricht auf dem harten Terracottaboden in 1000 Scherben.

      „Salvatore, du musst einfach dazu stehen! Wir wollten nur dein Bestes!“, ruft die Mamma.

      „Porca miseria! Mein Bestes? In dem ich morden und erpressen muss? Ihr schickt mich ja direkt zur Hölle!“ „Salvi, geht es dir nicht gut hier? In Palermo hast du doch alles: Autos, Frauen, Geld, und eines Tages wirst du der Nachfolger vom Padre.“

      „Niemals! Ihr habt mich nur benutzt. Nie durfte ich mich entfalten. Ich bin nur eure Marionette!“

      Er steht auf und blickt auf die kleine Mamma im schwarzen Kleid mit Schürze hinunter.

      Sie zittert.

      „Wieso hast du mir das erst heute gesagt, Mamma?“, flüstert er.

      „Ich weiß es nicht. Es ergab sich nie die Gelegenheit. Ich hatte wahrscheinlich Angst, wie du reagierst. Es weiß auch fast niemand, Salvatore, nur der engste Familienkreis. Nicht mal deine Brüder ahnen etwas.“

      „Brüder? Ich muss jetzt erstmal raus hier, raus an die Luft! Ciao!“

      Die Mama sackt auf einen Holzstuhl und dreht nervös an den Kugeln ihres Rosenkranzes. Es war ihr nicht völlig klar, was sie da ausgelöst hatte.

      *

      Wie benebelt setzt sich Salvatore unter einen der knorrigen Olivenbäume im blühenden Garten und starrt Löcher in die warme Abendluft. Trotz mancher Vorahnung ist diese plötzliche Gewissheit zu viel für ihn. Es ist, wie wenn er gerade schwerelos durch‘s All taumelt. Alle ihm vertrauten Planeten scheinen sich endlos weit von ihm zu entfernen.

      Er weiß nicht mehr, wie viele Minuten vergangen sind.

      Irgendwann greift er instinktiv nach seinem Handy und ruft seinen besten Freund Enzo an. Enzo ist Schönheitschirurg am anderen Ende der Stadt.

       Enzo

      „Ciao Enzo, ich bin’s, Salvatore, hast du gerade Zeit?“ „Was ist denn mit dir los? Du hörst dich fertig an!“, antwortet Enzo prompt.

      „Enzo, du bist doch Schönheitschirurg, ich dachte, also, ich meinte, kurz: Könntest du mir nicht eine andere Identität verpassen?”

      „Ich bin eher auf Bauch, Beine, Po spezialisiert. Willst du ein Arschgesicht? Wäre doch zu schade, Salvi. Du siehst doch gut aus. Wo hakt es denn?“

      „Ich will verschwinden! Südamerika, Antarktis, Sibirien, Deutschland wenn’s sein muss. Egal, ich kann nicht mehr!”

      Enzo wird hellhörig.

      „Komm einfach gleich in die Praxis, da können wir in Ruhe reden“, schlägt er vor.

      Salvatore nickt und sieht auf seine lange Liste mit den Adressen, die er eigentlich abklappern sollte. Gianni und Sergio müssen einfach helfen. Er wird es sonst niemals schaffen. Und was das heißt, will er sich gar nicht vorstellen. Er tippt eine Nachricht an Gianni und Sergio in sein Handy:

      „Habe Brechdurchfall! Bitte um Hilfe, bitte die restlichen Adressen anfahren. Bis übermorgen. Grazie. Salvi.“

      Postwendend kommt die Antwort von Giorgio: „Versager!“

      Und von Sergio: „Mamma wartet schon mit Schleimsuppe!“

      Das wäre erledigt, die werden es schon machen, redet sich Salvatore gut zu und fährt los zu Enzos Praxis.

      *

      Die Praxis befindet sich im Erdgeschoss einer Villa inmitten eines weitläufigen Parks, umgeben von Zitronenbäumen. Alles ist schneeweiß und auf Beauty getrimmt. In Enzos Sprechzimmer hängen Bilder italienischer und amerikanischer Filmstars.

      „Komm rein, Salvi. Was ist los? Wo drückt der Schuh?“

      Mit diesen Worten begrüßt Enzo seinen Freund. Er trägt wie immer seine Standardkluft. Weiße Hose, weißes T-Shirt und weiße Turnschuhe zum graumelierten Haar.

      „Ich bin gar nicht Salvi“, antwortet dieser und fasst unbewusst an sein Halskettchen.

      „Hey, was erzählst du denn da? Du siehst eigentlich aus wie immer.“

      „Mamma hat verraten, dass sie mich gefunden haben, damals, und ich kam ihnen grade recht. Sie konnte irgendwie lange keine Kinder bekommen.“

      „Interessant. Dann mach doch einen DNA-Test. Mit etwas Glück erfährst du dann etwas über deinen Stammbaum.“

      „Die haben in meiner Familie anscheinend damals schon versucht, etwas herauszufinden. Wenn ich weiter nachforsche und das auffliegt, bin ich ein toter Mann. Schwöre, dass du niemand davon erzählst! Du weißt doch, dass wir keine normale Familie sind.“

      „Keine Sorge. Ärztliche Schweigepflicht. Und was willst du jetzt machen?“

      „Naja eben, eine neue Identität!“

      „Salvi, dann brauchst du einen neuen Pass, neue Zähne, neue Fingerabdrücke und psychologische Behandlung. Das ist nicht ohne. Und wie willst du denn aussehen?”

      Enzo legt ein paar Bilder auf den blitzsauberen Schreibtisch aus Glas.

      „So

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