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auf ihrem Handy durchblätterte. Als sie aufsah und Chloe bemerkte, sah sie zuerst alarmiert und dann erleichtert aus.

      „Alles gut?“, fragte Rhodes.

      „Ja. Aber du hast mich gestern gesehen. Wieso fragst du jetzt?“

      „Es spricht sich rum“, sagte Rhodes. „Ich habe gehört, du wurdest heute zu Johnson einbestellt. Ich habe auch gehört, dass Direktor Craddock da war. Ich habe mir gedacht, dass du für irgendwas abgekanzelt wirst.“

      „Nein, nicht wirklich. Es ist bloß…sie wollen diese Geschichte mit meiner Schwester und meinem Vater wieder hervorholen und ich bin einfach fertig damit.“

      Rhodes schaute in alle Richtungen über den Flur, so als wollte sie sichergehen, dass sich niemand in Hörweite befand. „Ich frage mich, ob sie sehen wollen, ob es dich emotional mitgenommen hat… vielleicht wollen sie sehen, ob du in der Lage bist nach so einem persönlichen und traumatischen Ereignis zu arbeiten.“

      „Das bezweifele ich.“

      „Ich weiß nicht. Es würde erklären, wieso ich soeben einen Fall bekommen habe ohne dich als Partnerin. Ich weiß, dass wir noch nicht zu offiziellen Partnerinnen gemacht wurden, aber der Fall sieht so aus, als würde er genau auf dein Profil passen.“

      „Was? Wann hast du den Fall bekommen?“

      „Vor einer halben Stunde. Ich mache gerade Reisepläne. Der Grund, den ich bekommen habe war, dass Johnson sich nicht sicher ist, ob du der Aufgabe gewachsen seist. Er meint du bräuchtest womöglich etwas Zeit, um dich zu erholen.“

      Chloe grinste, aber nur weil es einfacher war, als einen zornigen Aufschrei zu unterdrücken. „Ich bin in bester Ordnung. Anscheinend ist seine Auffassung von Erholung, Abhörmaterial durchzugehen und in der Rechercheabteilung auszuhelfen.“

      „Du armes Ding“, sagte Rhodes. „Wenn du willst, kann ich darauf drängen, dass du dazukommen sollst.“

      „Das weiß ich zu schätzen“, sagte Chloe, „aber ich denke, dass ich das selbst tun werde.“

      Rhodes nickte, doch es war klar, dass es ihr nicht gefiel, wie sich die Dinge entwickelten. „Besteh aber nicht zu sehr darauf. Ich würde nicht wollen, dass du Probleme bekommst oder so.“

      „Das werde ich nicht.“

      Sie war gerade dabei kehrt zu machen und direkt zurück zu Johnsons Büro zu marschieren, doch dann fiel ihr etwas auf. Es sah Rhodes überhaupt nicht ähnlich, diese Art von Fürsorge zu zeigen. Die Phrase Ich würde nicht wollen, dass du Probleme bekommst oder so sah ihr überhaupt nicht ähnlich.

      „Rhodes… hast du irgendetwas gehört? Über mich und meine Schwester?“

      „Nichts, was nicht jedermann bereits gehört hätte. Es ist irgendwie rausgekommen, dass du drüben in Texas warst und irgendeine Konfrontation mit deinem Vater hattest. Die meisten hier finden, dass es sehr mutig von dir war. Ich glaube, Johnson denkt das wahrscheinlich auch… er hat bloß seine Vorgesetzten, die ihm über die Schulter schauen.“

      Chloe war sich nicht ganz sicher wieso, aber sie glaubte ihr nicht. Sie hatte das Gefühl, dass sie Rhodes immer besser kannte, und es gab etwas an der Art, wie diese ihre Frage beantwortet hatte, die Chloe suspekt vorkam. Trotzdem, wenn sie diesen Fall übernehmen und mit ihrem Leben wie bisher weitermachen wollte, musste sie es erstmal dabei belassen.

      Sie ging zurück zu Johnsons Büro und traf ihn auf dem Gang, als er sich auf dem Weg nach irgendwo anders befand.

      „Also, ich habe mit Rhodes gesprochen“, sagte sie. „Wieso habe ich nicht die Gelegenheit bekommen an diesem neuen Fall mit ihr zusammenzuarbeiten?“

      „Nicht, dass ich Ihnen eine Antwort schulde, aber ich war mir nicht sicher, ob Sie in der Verfassung sind, wieder da rauszugehen, wenn man bedenkt, was Sie alles durchgemacht haben.“

      „Ich schätze das, Sir. Aber, selbst wenn mein Einsatz sonst nichts bringt, denke ich, dass es tatsächlich eher hilfreich für mich sein würde.“

      Er grinste sie an und sie war sich nicht sicher, ob es Abscheu oder Gutwillen ausdrücken sollte. „Würde es Ihnen helfen, diese insubordinierte Einstellung abzulegen, die sie jetzt haben?“

      „Das kann ich nicht versprechen”, sagte sie. Sie hatte es als Witz gemeint, in der Hoffnung, dass es ihn erweichen würde.

      „Sie wird in ein paar Stunden abreisen. Können Sie alles einfach so stehen und liegen lassen und mitfahren?“

      „Ja, Sir.“

      Johnson dachte einen Moment lang darüber nach und seufzte. „Der Fall scheint tatsächlich genau ihr Ding zu sein.“ Dann zuckte er besiegt mit den Schultern und sagte: „Okay. Sprechen Sie mit Rhodes und lassen Sie sich alle Einzelheiten geben. Sie sind offiziell auf den Fall angesetzt, aber ich will, dass sie verantwortlich vorgehen. Wenn Sie da draußen merken, dass sie noch nicht soweit sind, müssen Sie mit mir ehrlich sein.“

      „Natürlich. Und danke, Sir.“

      Sie machte abrupt kehrt und ging zurück zu Rhodes Büro, bevor er Zeit hatte, seine Meinung zu ändern.

      KAPITEL DREI

      Danielle ging mit den Nachwirkungen von Millseed, Texas ungefähr genauso gut um, wie sie erwartet hätte. Weil Danielle es immer bevorzugt hatte in ihrer Einsamkeit zu versumpfen, statt tatsächlich proaktiv zu handeln, hatte sie die fünf Tage seit ihrer Heimkehr damit verbracht, in ihrer Wohnung rumzusitzen. Das Einzige, was sie getan hatte, um sich besser zu fühlen, war wegen ihrer Verletzungen einen Arzt aufzusuchen. Sie hatte eine leichte Gehirnerschütterung erlitten und hatte ihr Fußgelenk während des Kampfes mit ihrem Vater leicht gezerrt, sonst nichts.

      Trotzdem schmerzte ihr ganzer Körper. Sie hatte irgendwo etwas darüber gelesen, dass der Körper sich erinnerte – dass, selbst wenn keine physischen Verletzungen vorlagen, die Muskeln und Nervenenden den Druck eines gewissen Ortes und eines gewissen Momentes speicherten und ihn wieder an die Oberfläche bringen konnten.

      Anscheinend tat ihr Körper genau das.

      Auch musste sie den Umstand verarbeiten, dass sie keinerlei Reue verspürte. Sie war froh, dass der Mistkerl tot war – sogar froh, dass sie dabei Hand angelegt hatte. Wenn sie an die körperlich harte Aufgabe der Aushebung seines Grabes und des darauffolgenden Vergrabens seiner Leiche zurückdachte, war sie mit Erleichterung und Stolz erfüllt, ohne jedwede Trauer.

      Das waren alles Dinge, die sie Chloe niemals sagen würde. Ihr war sehr klar, dass Chloe immer schon gedacht hatte, sie wäre etwas entrückt. Obwohl es schwer war, Chloes Einstellung, was das anging, einzuordnen. Manchmal wurde das Thema als passive komische Deeskalation einer Situation genutzt, doch bei anderen Malen hatte sie das Gefühl, dass Chloe sie dafür fast schon von oben herab betrachtete.

      Ehrlichgesagt wollte Danielle einfach zurückkehren zu ihrem Leben – zurück zur Arbeit, zurück zum so tun, als würde ihr Vater nicht existieren. Sie fand immer noch, dass es unfair von ihm gewesen war, wieder aufzutauchen, nachdem sie so einen großen Teil ihres Lebens damit verbracht hatte, so zu tun, als hätte er nie existiert.

      Nun, am fünften Tag nach allem, was in Millseed vorgefallen war, saß Danielle auf ihrer Couch und versuchte zu entscheiden, was sie auf Netflix schauen sollte. Sie wusste, dass sie sich duschen sollte, wusste, dass sie in der Arbeit anrufen musste, um zu sehen, wann sie wieder Schichten zugeteilt bekommen würde. Doch sie wusste, dass sobald sie das tat, ihr Leben tatsächlich wieder weitergehen würde. Und auch wenn es ein Cliché zu sein schien, wusste sie, dass nun, wo ihr Vater tot war, ein neues Kapitel ihres Lebens beginnen würde, sobald sie es schaffte ihren Arsch von der Couch zu heben.

      Als hätte es ihre Gedanken über die Notwendigkeit zur Handlung gelesen, begann ihr Handy auf dem Sofatisch zu klingeln. Sie griff danach und sah überrascht, dass es Chloe war. Seitdem sie aus Texas zurückgekehrt waren, hatten sie nur einmal gesprochen. Es sah Chloe nicht ähnlich sich nach so einem monumentalen Ereignis zu distanzieren, doch Danielle hatte angenommen, dass sie ihre Gründe dafür hatte. Die Lügen, die sie konstruiert hatten, waren so komplex und zahlreich, dass sie wahrscheinlich dachte,

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