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      Inhalt

       [Cover]

       Titel

       Motto

       Solo für Schneidermann

       Danksagung des Übersetzers

       Autorenporträt

       Übersetzerporträt

       Über das Buch

       Impressum

       [Leseprobe – Buch der Zahlen]

      Alle Geräusche der Zeitlichkeit seien in meinem Stil

      gefangen. Das mache ihn den Zeitgenossen zum Verdruß. Aber Spätere mögen ihn wie eine Muschel ans Ohr halten,

      in der ein Ozean von Schlamm musiziert.

      ~

      Musik bespült die Gedankenküste.

      Nur wer kein Festland bewohnt, wohnt in der Musik.

      Karl Kraus

      Ein Epigramm ist nichts als ein Witz, der in der

      Carnegie Hall zum Besten gegeben wird.

      Oscar Levant

      KADENZ, italienisch, aus altitalienisch cadence, bedeutet so ziemlich dasselbe wie in dieser Sprache und ist ein musikalischer Fachbegriff (lässt man die militärischen Definitionen mal beiseite), ein Substantiv.

      Eine Solopassage, in der ein Interpret seine Kunstfertigkeit zur Schau stellen soll.

      Eine beiläufige Feuerwerksfanfare, eine Tangente ohne Taktmaß, ein Höhenflug im Brillantissimo.

      Bezeichnet heute den Abschnitt eines Konzerts, üblicherweise am Ende eines I. Satzes, der dem Solisten und einzig und allein ihm vorbehalten ist, das Orchester ist verstummt, damit der Solist ohne Begleitung die Beherrschung seines Instruments präsentieren kann.

      Dann endet die KADENZ, wobei der Solist den Abschluss oft mit einem langen Triller signalisiert, das Orchester setzt wieder ein und beendet den Satz.

      Ursprünglich war eine KADENZ allerdings eine Gesangsverzierung, deren Praxis erst später in die Instrumentalmusik überging.

      In der Oper wurden KADENZEN von Sängern als Fiorituren in Arien improvisiert – die Aufführungspraxis gestattete pro Arie drei KADENZEN oder Melismen (wie diese Gesangskoloraturen auch genannt werden), wobei die dritte die kunstvollste war.

      Mich interessierte an der KADENZ zunächst, dass mein Freund, der Pianist Alexander Wald – dem ich Schneidermann widme –, sie in einer Plauderei als »längere Solopassage im Stil einer Improvisation« (Hervorhebung von mir) definierte.

      Das heißt – so führte Wald aus –, die KADENZ wurde ex tempore gesungen oder gespielt, allerdings nur bis zum Aufkommen der Romantik (und dem mit ihr einhergehenden Aufkommen der berühmten virtuosen Instrumentalisten). Seit dieser Epoche schrieben die Komponisten sie im Stil einer Improvisation nieder, einem Stil, der einen Gutteil seiner Ausdrucksmittel von der Instrumentaltechnik übernahm.

      Das heißt, die KADENZ richtete sich mehr auf die instrumentale Selbstdarstellung und weniger darauf, dass der Solist das thematische Material einer Komposition ergründete.

      Irgendwann komponierten Dritte – die berühmten Virtuosen höchstpersönlich – ihre eigenen KADENZEN, schrieben sie oft als spezielles Übungsmaterial oder für ihre Schüler, und manche verbreiteten sich so weit und wurden so geschätzt, dass man heute meinen könnte, sie wären vom Komponisten des Konzerts schon in der Originalpartitur festgehalten worden; ein bedeutendes Beispiel ist Joseph Joachims KADENZ zu Brahms’ Violinkonzert, die später – zumindest für mein Ohr – von Heifetz’ KADENZ übertrumpft wurde.

      Außerhalb der modernen oder ernsten aleatorischen Musik (die für die Welt ein so taubes Ohr hat wie die Welt für sie) und abgesehen von möglichen Analogien in der Populär-, Ethno- oder Weltmusik improvisiert meinem Freund Wald zufolge heute fast kein Virtuose mehr eigene KADENZEN.

      Carl Reinecke (1824–1910) war das deutsche Gegenstück zum Italiener Busoni: Während der progressive Busoni als direkter Wegbereiter der seriellen Zukunft angesehen werden kann, war Reinecke ein unerschrockener Romantiker, dessen opulente Kompositionen und dessen Klaviertechnik nach dem Ersten Weltkrieg kaum noch Zuhörer fanden und praktisch keinen Einfluss mehr hatten. Seine ernstzunehmenden Beiträge zur Musikgeschichte sind heute größtenteils vergessen – mit Ausnahme seiner KADENZEN, die sich im Repertoire gehalten haben, weil sie sich als Kontrast zu oder zum Verständnis von bedeutenderen Werken des Kanons eignen.

      ~ MUSIK ~

      Guten Abend!

      Bedeutende Virtuosi, gefeierte Virtuosen und Virtuosinnen dieses großartigsten Orchesters der Welt, Mitglieder und Mitgliederinnen dieses edlen Ensembles, Smokings und Abendkleider des New York Philharmonic Orchestra, Sie hinter mir, mit denen zu proben ich mich jetzt viel zu viele Spielzeiten herabgelassen und die ich noch immer nicht erobert habe, nehmen Sie dies als Ihren Einsatz!, die Langbögen zu zücken: Abstriche für die Ersten Geigen, Aufstriche für die Zweiten – die Bogenführung ist so wichtig, da Schneidermann sie Ihnen in die Partitur geschrieben hat, ja, ob Sie’s glauben oder nicht, eigenhändig, und was waren das für Hände! (obwohl ich ein bisschen geholfen habe, denn unter all dem, was er in diesem Land vermisste, war ein Verlag), und ja, hören wir die letzte Kadenz, ausgezogen bis zum letzten, hartnäckigsten Haar, bis zum Frosch und bis zum Kopf des Bogens, wie diese genannt werden.

      okay! Sie können wieder Luft holen, wir wollen ja nicht, dass uns hier noch jemand erstickt, oder?

      Könnte das Orchester bitte aufhören? das unterlassen?

      Alle gestimmt?

      Bitte Luft holen, das ist in Ordnung! Wenn Sie alle sitzen bleiben und zuhören, ich verspreche Ihnen, dass niemand verletzt wird. Glauben Sie mir, alles wird gut.

      Guten Abend!

      einen guten Abend den Kindern aller Altersstufen, einen guten Abend meinen Exfrauen, meiner Frau und meinen zukünftigen Frauen, einen guten Abend einigen meiner eigenen Kinder da draußen im Publikum, einen guten Abend meinem Anwalt, meinem Agenten, meinem Steuerberater, einen guten Abend den Managern meines Plattenlabels, einen guten Abend meiner Podologin (erst letzten Donnerstag sie hat mir erzählt, dass meine Onychauxis, sie hat sich zu einer Onychogryphose entwickelt,

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