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Protesten der Jugend: Natürlich ist auch sie selbst nicht davor gefeit, in die »Gegenteil-Falle« zu geraten. So fällt es jungen Menschen, die weder Auto noch Führerschein besitzen, logischerweise leichter, gegen Autos zu protestieren. Einen Bereich ausfindig zu machen, wo man auch selbst einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, ist jedoch wichtig für die eigene Glaubwürdigkeit. Schauen wir also auf das geliebte Smartphone – fast jeder Jugendliche, wie fast jeder Erwachsene auch, hat solch ein Gerät, dessen Herstellung bereits kein Ruhmesblatt für den Umgang mit der Natur ist. Aber entscheidend ist vor allem das Nutzerverhalten. Gerade junge Menschen versenden täglich Dutzende von Fotos oder streamen reichlich Filme und Serien. All diese Bilder und Filme fliegen aber nicht einfach so durch die Luft, sondern Tausende Server müssen dafür auf Hochtouren arbeiten, verbrauchen massenweise Strom und emittieren so große Mengen an CO2. Die Größenordnung der Emissionen des Internetsurfens ist wahrlich beeindruckend, mehr dazu im Kapitel »Stromfresser Internet«. Ohne Umschweife und Ausrede formuliert macht also jeder Jugendliche, der streamt, ein bisschen das Gegenteil von dem, wofür er auf die Straße geht. Jetzt kommt natürlich wieder die Erkenntnis mit dem Addieren und der nötigen Klärung der Frage, was Streamen kosten müsste. Das alles gilt natürlich für Erwachsene gleichermaßen.

      Und noch ein durchaus entscheidender Gedanke: Wie soll es mit Fridays for Future weitergehen? Ist es möglich, die jungen und auch älteren Menschen »ewig« bei der Stange zu halten, wenn sie doch immer wieder sehen, dass die Politik bei der Umsetzung ihrer Forderungen oft meilenweit hinterherhinkt? Oder einfacher gefragt: Kann es nicht sein, dass der ganzen Bewegung bald die Luft ausgeht und sie wieder in der Versenkung verschwindet? Diese Gefahr besteht und führt, den Kreis schließend, geradewegs zum Gang durch die bestehenden Institutionen unserer Demokratie. Stellen Sie sich vor, alle Protestierenden, die das nötige Alter erreicht haben, gehen nicht auf die Straße, sondern in die Politik. Sie könnten mit einer Vielzahl Gleichgesinnter und letztlich einer demokratischen Mehrheit bisherige Entscheider überstimmen: selbst direkt politischen Einfluss nehmen, statt dafür zu protestieren, dass andere die Dinge für einen verändern. Denken Sie nur an die Bewegung, aus der später die Grünen wurden: Sie haben sich in die Institutionen und ins Parlament begeben und dadurch nicht nur dauerhaft »überlebt«, sondern mit den Jahren auch massiv an Bedeutung gewonnen. Der Anschub auf der Straße ist nötig, aber dann muss er mit einem konkreten Ziel verbunden werden …

      Fazit: Der Anteil jedes einzelnen Menschen am Klimaproblem scheint winzig und ist für das Auge unsichtbar, aber in der Summe zerstören wir mit diesen kleinen Beiträgen unsere Lebensgrundlagen. Deswegen müssen wir etwas ändern. Jetzt. Und weil wir jeden Tag beweisen, dass wir das freiwillig nicht schaffen – aus Bequemlichkeit im Privaten und Mutlosigkeit im Politischen – brauchen wir neben umweltfreundlicher Technologie auch neue Regeln, die unser Verhalten austricksen oder es robust korrigieren und die wir von der Politik einfordern oder selbst politisch erarbeiten müssen. Wir würden einen kleinen Teil unserer Freiheiten zurückschrauben und unseren Vertretern das Mandat übertragen, den großen Rahmen so zu setzen, dass uns allen – besonders auch unseren Kindern – weiterhin ein gutes und sicheres Leben möglich ist. Was wir brauchen, ist eine Art neuer Gesellschaftsvertrag mit einem Lebensstil, der zu diesem Satz passt: Der Planet braucht uns nicht, sondern wir brauchen ihn!

      Den Klimawandel verstehen

      Wetter ist nicht gleich Klima

      Mit der im ersten Buchteil geschaffenen Einordnung steht uns jetzt eine Art Weltbild unseres Erdsystems zur Verfügung, in das wir uns und unser Verhalten bereits eingebettet haben. Im Folgenden wollen wir uns die Zusammenhänge im Klimasystem rein naturwissenschaftlich zu Gemüte führen. Beginnen wir bei den Grundlagen: Der Begriff Klima beschreibt die »Gesamtheit der Wettererscheinungen an irgendeinem Ort der Erde während einer festgelegten Zeitspanne«. Klima ist zunächst also nichts anderes als gemitteltes Wetter an einem Ort. Die World Meteorological Organization (WMO) hat dabei festgelegt, dass der Mittelungszeitraum mindestens 30 Jahre umfasst, der Dauer einer menschlichen Generation. Dieser Zeitraum reicht aus, um genügend Daten zu liefern, die eine längerfristige Veränderung, also einen Trend etwa bei Temperatur oder Niederschlag, erkennen lassen.

      Das Wort selbst stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet in etwa »Neigung«. Gemeint ist damit, ob die Sonne in steilem oder flachem Winkel auf die Erdoberfläche trifft und diese entsprechend mehr oder weniger stark erwärmt. Denn bei einem flacheren Winkel verteilt sich die gleiche Energiemenge über eine größere Fläche. Hieraus ergeben sich übrigens auch unmittelbar die verschiedenen Klimazonen der Erde. Weil die Erdachse geneigt ist – derzeit um 23,5 Grad – ändern sich diese Auftreffwinkel zudem im Verlauf eines Jahres. So entstehen die Jahreszeiten und eine scheinbare Bahn der Sonne zwischen dem nördlichen (23,5 Grad nördlicher Breite) und dem südlichen (23,5 Grad südlicher Breite) Wendekreis. Dadurch steht die Sonne bei uns im Winter 47 Grad (2 mal 23,5 Grad) tiefer als im Sommer: Wir bekommen viel weniger Sonnenenergie pro Fläche ab – es wird kälter.

      Zu der zeitlichen Mittelung von Wetter an einem Ort kommt aber in Erweiterung des ursprünglichen Klimabegriffs auch noch die räumliche Dimension hinzu. Wenn man Wettererscheinungen über größere Naturräume mittelt, spricht man vom Regional- oder Mesoklima, bei Kontinenten oder gar dem ganzen Globus vom Makro- oder Erdklima beziehungsweise vom globalen Klima. Diese Begriffe werden jedoch oft vermischt, sodass in diesem Buch bei der Verwendung des Begriffs Klima immer das zeitliche und räumliche Mittel gemeint ist, andernfalls wird darauf hingewiesen.

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