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fallen ließ und nach Stevens Pistole griff, bevor der Mann zu Boden fiel. Er riss sie aus seiner fleischigen Hand und feuerte, sicher versteckt hinter seinem breiten, menschlichen Schutzschild, zwei Schuss auf Baker.

      Auch mit seiner linken Hand war er ein guter Schütze, doch nicht gar so gut wie mit der rechten. Einer der Schüsse verfehlte. Glas zersprang irgendwo hinter dem Durchgang. Der zweite donnernde Schuss - Stevens’ Beretta war nicht mit einem Schalldämpfer ausgestattet - traf Baker in die Stirn.

      Der Kopf des Söldners fiel nach hinten. Sein Körper folgte.

      Null wartete nicht, bis er wieder zu Atem. Er rannte wieder voran, schnappte den USB-Stick auf, der immer noch auf dem Zement lag und rannte dann in die entgegengesetzte Richtung die Gasse hinunter. Zusammen mit dem blutigen Messer stopfte er den Stick in seine Tasche und nahm dann Stevens’ Beretta mit. Sie hatte seine Fingerabdrücke.

      Irgendwo heulte ein Autoalarmanlage laut auf. Das zersplitterte Glas, das er gehört hatte, musste wohl ein Autofenster gewesen sein. Er hoffte, dass niemand getroffen wurde.

      Die Brust des großen Mannes hob und senkte sich. Er war noch am Leben. Doch Null konnte sich nicht den Luxus leisten, ihn zu töten oder abzuwarten. Außerdem stürbe er mit der Stichwunde am Hals und den zwei Brustschüssen binnen Sekunden.

      Menschen riefen alarmiert aus der Nähe auf, als Null auf das Ende der Gasse zurannte und dabei die Waffe hinter sich in seine Hose steckte. Er bog um die Ecke und sah sich fassungslos um, in der Hoffnung, als ein weiterer schockierter Passant wahrgenommen zu werden.

      Er eilte zum Ende des Häuserblocks, als er den Schrei einer Frau hörte - zweifellos entdeckte sie die zwei Leichen in der engen Gasse - und dann den Ruf eines Mannes: „Ruft den Notdienst an!”!

      Sie mussten sterben. Es gab keinen anderen Ausweg. Er hatte es schon in dem Moment gewusst, als er versehentlich sein Ass im Ärmel gezeigt hatte und Bakers Namen nannte. Er wusste es, als er ihnen den USB-Stick zeigte, den er von der Bank abgeholt hatte.

      Seltsamerweise spürte er keine Reue. Es gab kein „was wäre wenn?”, ob er es geschafft hätte, sie umzustimmen oder sie überredet hätte, die Dinge aus seiner Perspektive zu sehen. Es war eine Situation, bei der entweder er oder sie stürben und er hatte sich entschlossen, nicht das Opfer zu sein. Sie hatten ihre Wahl getroffen und es war die falsche.

      Das ganze Unterfangen, vom Wurf des USB-Sticks zur Flucht von der Gasse hatte sich binnen Sekundenschnelle entfaltet. Doch er konnte sich ganz klar an jeden Moment visuell erinnern, als ob alles in Zeitlupe in seinem Kopf abliefe. Das Seltsame daran war, dass Nulls Gedanken sich nicht darum drehten, wie nah die Kugel, die Baker nur Meter von ihm entfernt in die Backsteinmauer gefeuert hatte, an ihm vorbeigeflogen war, oder dass Baker ihn leicht hätte töten können, wenn er das wollte. Es ging auch nicht um die Mädchen. Stattdessen war er sich der zweigeteilten Natur seines Akademikerdaseins und seiner wiedergefundenen Erinnerungen nur zu bewusst. Null war kühl, gelassen und glaubte, vielleicht aus Selbstüberschätzung oder Erfahrung oder auch einer Kombination von beiden, dass er immer noch die Kontrolle über diese Situation hatte.

      Es war ein seltsames Gefühl. Schlimmer noch war es, wie sehr es ihn gleichzeitig bangte und begeisterte. Bin ich das? War Reid Lawson eine Lüge? Oder habe ich die letzten zwei Jahre mit nur mit dem schwächsten Teil meiner Psyche gelebt?

      Null schritt zum Ende des Häuserblocks, bog erneut ab, lief am Blumenladen vorbei und ging direkt zu seinem Auto. Er konnte sehen, dass eine Menschenmenge von Schaulustigen sich an der Ecke ansammelte, viele waren schockiert oder weinten sogar beim Anblick der beiden leblosen Körper.

      Niemand achtete auf ihn.

      Er fuhr lässig, hielt sich an die Geschwindigkeitsbeschränkung und achtete darauf, kein Stoppschild und keine rote Ampel zu ignorieren. Zweifellos war die Polizei auf dem Weg und die CIA wüsste in einigen Momenten, dass Schüsse gefeuert wurden und zwei Männer nur drei Häuserblocks von der Bank entfernt erschossen wurden, von der die Division berichtet hatte, dass Null darin war.

      Die Frage war, was sie dagegen tun könnten. Es gab nichts am Tatort, das ihn direkt damit verband und wer immer auch die Divisionssöldner hinter ihm hergeschickt hatte - Riker, vermutete er - könnte das nicht öffentlich zugeben. Dennoch brauchte er Hilfe, mehr als er von seinen Agentenkollegen erwarten konnte. Auch sie würden beschattet. Wenn die Jagd auf Agent Null jetzt eröffnet war, dann brauchte er Verbündete. Mächtige Verbündete.

      Doch zuerst musste er seine Mädchen in Sicherheit bringen.

      Sobald er spürte, dass er ausreichend Abstand zwischen sich und die grausame Szene in der Gasse gebracht hatte, machte er hinter einer Tankstelle Halt. Er vergrub die Waffe, das Messer und den Sicherheitsfachschlüssel in dem Müllcontainer unter fürchterlich stinkendem Abfall. Dann stieg er wieder in sein Auto und tätigte einen Anruf. Es klingelte nur zwei Mal, bevor Mitch mit einem Grummeln antwortete.

      „Ich brauche den geheimen Unterschlupf sofort, Mitch. Wo kann ich dich treffen?”

      „Meadow Field,” erwiderte der Mechaniker sofort. „Kennst du das?”

      „Ja.” Meadow Field war eine verlassene Landebahn etwa dreißig Kilometer südlich. „Ich komme dahin.”

      KAPITEL SECHS

      Maya zog die Jalousien des Fensters neben der Eingangstür vermutlich schon zum zwanzigsten Mal auseinander, seit ihr Vater gegangen war. Die Straße vor ihr war frei. Gelegentlich fuhr ein Auto vorbei, doch sie fuhren nicht langsamer oder hielten an.

      Sie hatte wirklich Angst davor, auch nur darüber nachzudenken, worin ihr Vater wohl dieses Mal verwickelt war.

      Nur zur Sicherheit ging sie durch die Eingangshalle in die Küche und schaute erneut auf das Telefon ihres Vaters. Er hatte sein persönliches Handy dagelassen. Es war zwar auf lautlos gestellt, doch auf dem Bildschirm konnte sie sehen, dass er drei verpasste Anrufe hatte, seitdem Maya das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte.

      Scheinbar versuchte Maria verzweifelt, ihn zu kontaktieren. Maya wollte sie anrufen, ihr sagen, dass da etwas vor sich ging, doch sie hielt sich zurück. Wenn ihr Vater wollte, dass Maria Bescheid wüsste, dann kontaktierte er sie selbst.

      Sie sah, dass Sara seit einer halben Stunde in derselben Position im Wohnzimmer saß, die Beine unter sich eingezogen. Im Fernsehen lief eine Komödie, doch die Lautstärke war so gering, dass man sie kaum vernehmen konnte und Sara schaute auch nicht wirklich hin.

      Maya wusste, dass ihre Schwester still litt, seitdem sie von Rais und den slawischen Menschenhändlern entführt wurden. Doch Sara wollte sich nicht öffnen, nicht darüber sprechen.

      „Hey Mäuschen, wie wär’s mit was zu essen?” schlug Maya vor. „Ich könnte gegrillten Käse machen. Mit Tomaten. Und Schinken...” Sie schnalzte mit den Lippen und hoffte, ihre kleine Schwester aufzuheitern.

      Doch Sara schüttelte nur den Kopf. „Keinen Hunger.”

      „OK. Willst du über irgendwas reden?”

      „Nein.”

      Frust überkam sie, doch Maya schluckte ihn hinunter. Sie musste geduldig sein. Auch sie fühlte sich von den Ereignissen, die sie erlebt hatten, betroffen, doch ihre Reaktion war Wut und ein Verlangen nach Vergeltung. Sie hatte ihrem Vater gesagt, dass sie selbst eine CIA Agentin werden wollte, und das war nicht nur jugendlicher Unfug. Es war ihr sehr ernst damit.

      „Ich bin für dich da”, beruhigte sie ihre Schwester. „Wenn du jemals Lust hast, zu reden. Du weißt das, oder?”

      Sara blickte zu ihr hinüber. Es stand ihr fast ein Lächeln auf den Lippen - doch dann öffneten sich ihre Augen und sie setzte sich plötzlich auf. „Hast du das gehört?”

      Maya horchte aufmerksam. Sie hörte es, das Geräusch eines kräftigen Motors, der in der Nähe brummte. Dann hörte es abrupt auf.

      „Bleib

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