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sich das Kind, dass sich die Mama im Himmel sicher darüber freuen wird, da sie ja auch selber gern gesungen hat.

      Es ist Nacht. Die Schwestern stehen auf und gehen schweigend davon. Jede hat die eigenen Bilder dieser Tage bewahrt.

       Der Kirschbaum fällt. Ein starker Baum. Mitten im Sommer, gleichzeitig voll mit Blüten und Früchten. Das Kind greift nach den Kirschen. Der Baum fällt um, viele hundert Blüten darauf. Die Feuerwehr kommt. Es brennt, alles brennt, verbrennt im Fallen. Zu spät. Der Baum fällt zur Erde; das Kind schreit, schreit: „Mama, Mamele kimm!“

      Die Frau wacht auf. Die Muskeln krampfen, das Herz schlägt wild. Die Bilder des Traums kommen zurück. Kirschblüten, Blüten am Boden. „D’Weiberleit brauchn an Bluementeppich“, summt die Mama. Die Mama „kimpt“!

      Kein Kind mehr.

      Keine Zeit für einen Übergang, für ein sich Einüben, für langsam aus der Kindheit herausfallen. Nicht über Nacht, nein, an einem Tag zum Mädchen werden.

      Am Morgen die starren Augen der Mama. Das Kind, starr vor Schreck, starrt die Mama an. Es hört den Schrei, diesen durchdringenden, dringlichen Schrei. Dann fällt die Mama, fällt wie ein starker Baum, der den ganzen Wald zusammenhält. Am selben Tag noch fallen die Kinder auseinander.

      Das Mädchen starrt bei der Nachbarin durch das fremde Fenster. Es regnet. Verschleierte Fensterscheiben, verschleierte Augen. Eine eisige Kälte zieht in den Leib. Nicht die Augen schließen, offen halten. Irgendwo an der Kirchturmspitze den Blick festmachen, sonst kriecht der starre Blick der Mama gleich wieder in den hintersten Winkel hinein. Das Mädchen spricht nicht, die Kehle ist ihm zugeschnürt. Es kann von der Eintropfsuppe der Nachbarin nur einen Löffel voll hinunterwürgen. Eine fremde Suppe in einem fremden Teller. Dem Mädchen ekelt es vor dem groben Eintropf. Immer noch ein Würgen im Hals.

      Vor dem Haus hält das Pferdefuhrwerk. Die Bäuerin kommt, fasst mit der Nachbarin das Hannele unter den Armen, gemeinsam tragen sie sie zum Wagen. Drei Tage vorher hatte sie beinahe Starrkrampf. Sie hat sich beim Schweineausmisten mit der Mistgabel ins Knie gestochen. Sie muss eine Woche liegen bleiben, ansonsten stirbt sie, sagt der Doktor.

      So viel Starre auf einmal, denkt sich das Mädchen. Die Mama liegt mit diesen starren, schreckensweiten Augen unter dem Leintuch. Am Morgen, als die Nachbarinnen das Hannele und das Mädchen holen, will das Mädchen unbedingt noch einmal in Mamas Zimmer hineinlaufen, noch einmal die Mama sehen. Die Nachbarinnen drängen es zur Tür hinaus. Der letzte Blick: die Mama mit einem weißen Leintuch zugedeckt. Das Mädchen weiß nicht, ob der Doktor oder der Pfarrer der Mama die Augen zugedrückt hat.

      Starre Augen, Starrkrampf haben, heißt das sterben?

      Das Mädchen will nicht sterben, will keinen Starrkrampf, ist sprachlos erstarrt, legt sich vierzehn Jahre lang zum Einschlafen auf die Seite und nicht auf den Rücken. Erst bei der Geburt der eigenen Tochter wird sich die Frau zum ersten Mal wieder auf den Rücken legen. Leben gebären, am Rücken liegen, sonst kann die Hebamme nicht helfen.

      Wer hilft der Mama bei diesem fürchterlichen Schrei in den Tod?

      „Hock dih nebm dei Schwester.“

      Das Mädchen nickt.

      Die Bäuerin zieht die Zügel an. „Huijo – hot!“

      Das ratternde Fuhrwerk fährt aus der Kindheit.

KAPITEL 2

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