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      Inhalt

       Unsere Oase der Liebe

       Nicole, du tanzt in dein Verderben

       Ohne deine Liebe leben?

       Ein reinigendes Gewitter

       Zeit der Sehnsucht

       Die Vergangenheit holte sie ein

       Es darf ja nicht sein!

       Du darfst mich nicht so drängen!

       Verzicht auf den Liebsten?

       Du darfst mich nicht enttäuschen!

Der Landdoktor – Staffel 2 –
Unsere Oase der Liebe

      »Was hat Dr. Brunner gesagt?«, fragte Julia Winter ihre Großmutter, die neben ihr im Auto saß.

      »Alles in Ordnung«, erwiderte Hilde Winter. »Abgesehen davon, dass ich weiterhin meine Blutdruckpillchen schlucken muss, bin ich noch fit wie ein Turnschuh.«

      Julia lachte.

      »Das habe ich dir doch gleich gesagt«, knurrte Hilde. »Dieser Check-­up war völlig überflüssig.«

      »Trotzdem, Oma, in deinem Alter ist es nicht verkehrt, sich einmal im Jahr gründlich untersuchen zu lassen.«

      »Das Wartezimmer war brechend voll. Alles Erkältungspatienten.«

      »Bei dem Wetter.«

      Schon seit Tagen trieb ein heftiger Wind schwarze Wolken über dem Ruhweiler Tal vor sich her. Blätter wehten über die Straßen, als wäre es November statt mitten im Sommer.

      »Wir hatten doch noch zum Supermarkt fahren wollen«, fiel Hilde jetzt ein. Sie sah ihre Enkelin von der Seite an. »Wollen wir noch mal zurückfahren?«

      »Ganz bestimmt nicht«, erwiderte Julia. »Wenn wir bei schönem Wetter keine Gäste haben, kommen sie bei diesem bestimmt nicht.«

      Während sie sprach, berührte ihre Nasenspitze die Windschutzscheibe, um bei dem sintflutartigen Regen überhaupt etwas sehen zu können. Ihr kleiner Geländewagen kämpfte sich wacker durch die matschigen Schlaglöcher. Zwischen den Tannen, zu beiden Seiten der Forststraße, herrschte eine düstere Atmosphäre.

      »Es soll in den nächsten Tagen noch so bleiben«, murmelte ihre Großmutter mit bekümmerter Miene, beugte sich gleich darauf nach vorn und fragte überrascht: »Was ist denn das?«

      Julia entdeckte den Wagen im gleichen Moment. Er stand am Ende des Waldstückes am Wegesrand, mit plattem Hinterreifen. Langsam ließ sie den Jeep auf ihn zu rollen.

      »Wo ist denn der Fahrer?«, fragte Hilde, während sie sich umsah.

      Der weiße Sportwagen mit dem italienischen Kennzeichen war leer. Weit und breit konnten die beiden niemanden sehen.

      »Vielleicht hat er sich untergestellt und wartet darauf, dass der Regen nachlässt, um den Reifen zu wechseln«, mutmaßte Julia.

      »Wer verirrt sich denn bei diesem Wetter hierher?« Mit verständnisloser Miene schüttelte Hilde den Kopf. »Derjenige wäre doch lieber im sonnigen Italien geblieben.«

      Julia lachte. Im Schritttempo fuhr sie weiter, zwischen den Wiesen hindurch, die der Regen in kleine Seelandschaften verwandelt hatte. Kurz nachdem Großmutter und Enkelin in das nächste Waldstück eingetaucht waren, entdeckten sie einen hochgewachsenen Mann. Er hatte sein Sakko über den Kopf gezogen und bewegte sich mit ausholenden kräftigen Schritten voran.

      »Das ist bestimmt der Sportwagenfahrer«, vermutete Hilde.

      Kaum hatte sie den Satz zu Ende gesprochen, schien der Mann ihren Wagen gehört zu haben. Er drehte sich zu ihnen um, trat zur Seite. Julia hielt neben ihm an. Sie ließ die Scheibe einen Spalt herunter.

      Sichtlich erleichtert lächelte der Fremde sie an. Sie sah in ein sportlich gebräuntes Gesicht mit regelmäßigen Zügen und schwarzen eindringlich blickenden Augen. Ein sehr attraktives Gesicht. Genauso attraktiv, wie ihr der ganze Mann auf den ersten Blick erschien. Teure Kleidung, gute Figur, schön geformte, kräftige Hände, die das Sakko festhielten.

      Julia Winter besaß einen Blick für guten Geschmack, auch wenn ihr das an diesem Nachmittag niemand zugetraut hätte. Ihr viel zu weiter grüner Overall, das tief in die Stirn gezogene Kopftuch, welches ihr Haar verbarg, ihre schmutzigen Hände ließen sie wie eine Bäuerin aussehen.

      »Gehört Ihnen der Sportwagen?«, sprach sie den Fremden an.

      »Ja, leider.« Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln, das er mit einem intensiven Blick in ihre Augen begleitete. »Dummerweise habe ich kein Reserverad bei mir. Um Platz zu sparen.«

      Er sprach perfektes Hochdeutsch, ohne jeden Akzent.

      »Wo wollen Sie denn hin?«, erkundigte sich Hilde, die sich zu ihrer Enkelin hinüberbeugte, um den nassen Wanderer besser ins Auge fassen zu können.

      »Zur Pension Winter«, lautete dessen ganz selbstverständlich klingende Antwort.

      »Zur Pension Winter?«, wiederholte die ältere Frau hörbar verdutzt. Dann lachte sie. »Na, dann steigen Sie mal ein, junger Mann. Wir sind die Pension Winter.«

      Leon Schubert klopfte die Nässe aus Jackett und Leinenhose, bevor er auf dem Rücksitz Platz nahm. Dann lehnte er sich zurück und lächelte entspannt.

      Er wusste, dass die kleine Pension am Ende der Welt von Großmutter und Enkelin geführt wurde, von Hilde und Julia Winter. Die ältere der beiden Frauen machte ja noch einen recht flotten und sympathischen Eindruck. Die Enkelin konnte er noch nicht einschätzen. Nur eines wusste er: Sie besaß die schönsten Augen, die er je bei einer Frau gesehen hatte. Augen von der Farbe eines tiefen Sees an einem Sommertag. Einem sonnigen natürlich. Tiefblau waren sie, umrahmt von einem dichten Kranz dunkler Wimpern. Ernst und ruhig schauten sie in die Welt. Nun gut, das Outfit der jungen Dame ließ etwas zu wünschen übrig, aber die beiden betrieben neben der Pension ja auch noch Landwirtschaft.

      »Das ist ein glücklicher Zufall«, sagte er erleichtert. Dabei beugte er sich nach vorn, zwischen Fahrer- und Beifahrersitz hindurch. »Übrigens, darf ich mich vorstellen? Leon Schubert. Ich wollte ein paar Tage Urlaub bei Ihnen machen.«

      Der Kopf der älteren Frau drehte sich so schnell zu ihm um, dass ihre Nasenspitzen fast zusammengestoßen wären. Er zuckte zurück.

      »Bei uns?«, fragte Hilde Winter mit verblüffter Miene. »Wie sind Sie denn darauf gekommen?«

      Er zögerte kurz. »Beim Friseur hier im Ort. Ich habe dort Shampoo gekauft. Die Dame hat mir Ihre Pension empfohlen.«

      Hilde Winter räusperte sich. »Sind Sie auf der Durchreise?«

      »Ja. Von Mailand nach Düsseldorf, wo ich zu Hause bin.«

      »Und warum hat Ihr Wagen ein italienisches Kennzeichen?«

      »Ich habe drei Jahre lang in Italien gelebt. Ich habe dort Rennautos getestet.«

      »Rennautos?«

      Er nickte. Immer noch sah sie ihn erstaunt an. Mit einer Spur von Misstrauen in den grauen Augen, wie er jetzt bemerkte.

      »Ist das nicht gefährlich?«

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