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Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Die Heirath im Omnibus
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Ein Lächeln, welches sie sich vergebens bemühte zu unterdrücken, umspielte ihre Lippen.
»Ja, das werde ich thun,« hob ich wieder an.
»Sehen Sie vielleicht voraus, wie seine Antwort lauten wird? Ich werde nicht eher Abschied von ihm nehmen als bis ich eine günstige erlangt habe, und wie wird dann die Ihrige lauten? Ein Wort, Margarethe, ein einziges Wort und ich verlasse Sie.«
Ich versuchte zum zweiten Male ihre Hand zu ergreifen, aber sie machte sie rasch wieder los, sah mir eine Secunde lang in’s Gesicht – wie beredt war dieser Blick! – und eilte dann schnell in das Haus hinein.
Was konnte ich mehr wünschen? Konnten die natürliche Zurückhaltung und Bescheidenheit eines jungen Mädchens mir mehr gewähren? Sobald ich wieder nach Hause zurückgekehrt war, schrieb ich an Mr. Sherwin. Auf der Adresse stand das Wort »Eigenhändig«, und ich ersuchte ihn ganz einfach, eine passende Stunde zu bestimmen, um mit mir über einen wichtigen Gegenstand zu sprechen.
Da ich diesen Brief nicht mit der Post abschicken wollte, so vertraute ich ihn einem Boten an – nicht einem unserer Diener – dies verbot mir die Klugheit – und sagte meinem Manne, daß er die Antwort und, im Falle von Mr. Sherwin’s Abwesenheit, die Rückkunft desselben erwarten solle.
Nach einer langen Frist – lang für mich, denn meine Ungeduld verwandelte die Minuten in Stunden – empfing ich eine Antwort auf Papier mit Goldsehnitt und von gemeiner Hand geschrieben, wenigstens ließ sich dies aus den Verzierungen schließen, mit denen die Schrift. überladen war.
Mr. Sherwin grüßte mich darin ehrerbietigst und antwortete mir, daß er die Ehre haben werde, mich den nächstfolgenden Tag um fünf Uhr Nachmittags in der Nordvilla zu empfangen, wenn mir diese Zeit gelegen sei.
Ich faltete den Brief wieder sorgfältig zusammen.
Er war mir beinahe eben so kostbar als ein Billet von Margarethen selbst. Ich verbrachte eine schlaflose Nacht, indem ich bei mir alle möglichen Eventualitäten in Bezug auf meine morgende Besprechung überlegte. Ich kannte Mr. Sherwin’s Charakter nicht im Mindesten, und dennoch mußte ich ihm ein Geheimniß anvertrauen, welches ich nicht einmal meinem eigenen Vater zu enthüllen wagte.
In Bezug auf den Namen, den ich trug, und auf den Rang meines Vaters ließ jeder Vorschlag, seiner Tochter den Hof zu machen, anfangs nur ungünstige Vermuthungen aufkommen.
Von welcher Art von Heirath sollte zwischen uns die Rede sein?
Eine öffentliche, anerkannte Vermählung war ein Ding der Unmöglichkeit. Von einer geheimen Vermählung sprechen, war eine kritische Eröffnung, deren Folgen verderblich sein konnten.
Vergebens dachte ich über das Problem nach. Die einzige Lösung, die ich dafür fand, war, daß es auf jede Gefahr hin das Beste sein würde, die Sprache der Aufrichtigkeit zu reden. Und konnte es mir wohl schwer fallen, aufrichtig zu sein, wenn ich meiner Leidenschaft gemäß sprach?
Nachdem einmal diesen Entschluß gefaßt begann ich meine. Phantasie mit den Gedanken zu bezaubern welche Margarethens Bild in mir erweckte, Gedanken, die erfüllt waren von blinder Hoffnung und fieberhafter Freude, und die meinen Geist mit Ausschluß aller anderen beschäftigten.
Erst am nachfolgenden Tage beim Herannahen der von Mr. Sherwin zu unserer Unterredung festgesetzten Stunde beschäftigten mich endlich Gedanken, die einer praktischen Richtung angehörten.
Indem ich den Eindruck bedachte, den selbst mein Aeußeres auf ihn machen könnte, verwendete ich auf meine Toilette ganz ungewöhnliche Sorgfalt.
Dies war aber noch nicht Alles. Ich wendete mich an einen Freund, denn ich für so discret hielt, daß er keine Fragen an mich richten würde, um ihn zu bitten, mich in einem seiner Wagen nach der Nordvilla fahren zu lassen; denn ich kannte jene den Leuten von Mr. Sherwin Classe so gemeinsame Schwäche, ein ungewöhnlich großes Gewicht auf Rang und Vermögen zu legen, und selbst von dieser Schwäche wollte ich den für mich vortheilhaftesten Nutzen ziehen.
Mein Freund stellte mir seine Equipage sehr gern zur Verfügung, und sie holte mich meiner Instruction gemäß an der Thür eines Handelshauses ab, wohin ich mich sehr oft begab.
Hätte ich zu diesem Zwecke den Wagen meines Vaters oder den meiner Schwester verlangt, so hätte ich zu unseren Dienern mehr Vertrauen haben müssen als ich geneigt war, ihnen zu schenken.
Die Ereignisse, welche ich so eben erzählt, nahmen eine ganze Woche in Anspruch.
Ward ich während dieser Zeit von neuen Befürchtungen, von neuen Ahnungen unter unserem Dach behelligt? Nein. Beschäftigte ich mich mit Dem, was Clara fühlen konnte, indem sie eine solche Veränderung in meinen Gewohnheiten gegen sie bemerkte? Nein. Während dieser ganzen Zeit liehen Hoffnung und« Eitelkeit der Liebe ihre bereitwillige Mitwirkung, und der Dunst ihres Weihrauches wiegte mein Herz in Vergessenheit aller äußeren Einflüsse, selbst ohne Ausnahme jenes süßen und solange geliebten Einflusses des Familienlebens.
Ich stand aber noch im ersten Acte des düstern Drama’s, welches meinen Eintritt in das Mannesalter bezeichnete. Die andern Acte sollten sich entrollen bis zum Tage der Vergeltung.
Elftes Kapitel
In der Nordvilla angelangt, ward ich in ein Gemach geführt, welches, wie ich vermuthete, der Salon war.
Alles war hier so neu, daß es unangenehm berührte. Die Thür mit ihrem frischen glänzenden Firnißanstriche öffnete sich mit einem Knarren, welches einem Pistolenschusse zu vergleichen war. Die Tapete mit ihren blendenden Malereien und vergoldeten rothen und grünen Blumen schien noch nicht trocken zu sein. Die pomphaften weißen und himmelblauen Vorhänge und der noch pomphaftere gelbwollene Teppich schienen erst am Abende vorher aus dem Magazin geholt worden zu fein. Der runde Tisch von Rosenholz war so blank polirt, daß Einem die Augen wehthaten.
Die illustrirten Bücher in Maroquinband, die man hier aufgestellt sah, schienen niemals von ihrer« Stelle entfernt, ja seit ihrem Ankaufe nicht ein einziges Mal geöffnet worden zu sein. Die auf dem Piano liegenden Musikalien waren ebenfalls neu, und keine Spur verrieth, daß man sich ihrer jemals bedient hatte.
Kein reich möblirtes Zimmer wäre geeigneter gewesen, einen Menschen, der seine Bequemlichkeit liebt, zur Verzweiflung zu bringen. Das Auge ward nach allen Richtungen hin peinlich berührt und fand nirgends einen Ruhepunkt.
Es– gab keinen einzigen schattigen, verschwiegenen Winkel, der zwischen diesen glänzenden und funkelnden vier Wänden zur Ruhe eingeladen hätte. Alle hier den Beschauer umgebenden Gegenstände schienen in die Augen zu springen und ihm näher zu sein als sie wirklich waren. Ein nervenschwacher Mensch wäre keine Viertelstunde in diesem Zimmer geblieben, ohne Kopfschmerzen zu bekommen.
Ich brauchte nicht lange zu warten. Ein abermaliges lautes Knarren der neuen Thür verkündete mir den Eintritt Mr. Sherwin’s in eigener Person.
Er war ein langer, hagerer Mann, mit ziemlich krummen Schultern und schwachen Beinen, welchen Uebelstand er durch die Weite seiner Beinkleider zu verdecken suchte.
Er trug ein weißes Halstuch und einen übermäßig hohen Hemdkragen. Seine Gesichtsfarbe war fahl, die Augen klein, schwarz, funkelnd und immer in Bewegung.
Ueberhaupt waren alle seine Gesichtszüge in ganz eigenthümlicher Weise beweglich und mit krampfhaften Zuckungen behaftet, welche Stirn, Mund und Wangenmuskeln von oben nach unten und nach allen andern Richtungen hin zerrten. Sein Haar war schwarz gewesen, gewann aber jetzt allmählich eine eisengraue Farbe. Es war sehr trocken, sehr stark und borstig, und ragte fast horizontal über die Stirn hervor.
Eine der besondern Angewohnheiten dieses Mannes bestand darin, daß er sein Haar nöthigte, diese Richtung anzunehmen, indem er von Zeit zu Zeit wüthend mit den Fingern darin herumfuhr. Seine Lippen waren schmal, farbloß und von zahlreichen Falten umgeben.
Wenn ich ihn unter gewöhnlichen Umständen gesehen hätte, so würde ich gleich aus den ersten Blick. der Meinung gewesen sein, daß er ein Mann von sehr