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eigenen Antheil an dem Geschäfte als Vormund darauf beschränken wolle, daß er im rechten Augenblicke Ja sage – und er werde meinen Wünschen und den Wünschen Aller mit unendlichem Vergnügen entgegenkommen. Unterdessen – da sehe ich ihn, einen hilflosen Leidenden, der an sein Zimmer gefesselt sei. Ob ich denke, er sehe aus, als ob er geärgert werden müsse? Nein. Also wozu ihn da ärgern?

      Ich wäre vielleicht etwas erstaunt darüber gewesen, Mr. Fairlie so wenig Werth auf seine Rechte als Vormund legen zu sehen, hätte meine Kenntniß der Familienangelegenheiten mich nicht daran erinnert, daß Mr. Fairlie ein unverheirateter Mann sei und nur den Nießbrauch von Limmeridge und den dazu gehörenden Einkünften hatte. Ich war deshalb über den Erfolg meiner Unterredung mit ihm weder erstaunt noch enttäuscht. Mr. Fairlie hatte eben meine Erwartungen gerechtfertigt, und damit endete die Sache.

      Sonntag war ein trüber Tag, draußen sowohl als im Hause. Ich erhielt einen Brief von Sir Percival Glyde’s Advocaten, worin derselbe mir den Empfang meiner Abschrift des anonymen Briefes und meine beigelegten Angaben über die Sache ankündigte. Nachmittags gesellte Miß Fairlie sich zu uns; sie war bleich und niedergeschlagen und sich selbst völlig unähnlich. Ich unterhielt mich mit ihr und wagte, eine leichte Anspielung auf Sir Percival Glyde zu machen. Sie hörte mich an und sagte Nichts. Auf jeden anderen Gegenstand ging sie bereitwillig ein, diesen aber ließ sie fallen. Es kam mir ein Zweifel, ob sie nicht etwa ihre Verlobung bereue – wie die jungen Damen es oft machen, wenn die Reue zu spät kommt.

      Am Montag kam Sir Percival Glyde an. Er erschien mir, seinem Aeußern und seinen Manieren nach, als ein sehr einnehmender Mann. Er sah etwas älter aus, als ich erwartet hatte, er war ein wenig kahl über der Stirn, und sein Gesicht war ziemlich scharf markirt und abgezehrt. Aber seine Bewegungen waren so gewandt und seine Laune so heiter, wie die eines jungen Mannes. Sein Benehmen gegen Miß Halcombe war im höchsten Grade herzlich und natürlich, und mich empfing er, als ich ihm vorgestellt wurde, mit solcher Freundlichkeit und Unbefangenheit, daß wir uns bald wie alte Bekannte unterhielten. Miß Fairlie war nicht bei uns, als er ankam, doch trat sie etwa zehn Minuten später in’s Zimmer. Sir Percival stand auf und begrüßte sie mit Würde. Er sprach sein augenscheinliches Bedauern über das veränderte Aussehen der jungen Dame mit einer Mischung von Zärtlichkeit und Hochachtung, mit einer anspruchslosen Zartheit der Stimme und der Manier aus, die sowohl seiner feinen Bildung wie seinem Herzen Ehre machten. Ich war daher erstaunt zu sehen, daß Miß Fairlie in seiner Gegenwart befangen und gedrückt blieb und die erste Gelegenheit ergriff, das Zimmer wieder zu verlassen. Sir Percival beachtete weder den gezwungenen Empfang, den sie ihm zu Theil werden ließ, noch ihr plötzliches Verschwinden aus unserer Gesellschaft. Er hatte ihr seine Aufmerksamkeiten nicht aufgedrungen, während sie anwesend war, und verwirrte Miß Halcombe nicht durch Anspielungen auf ihr Fortgehen, nachdem sie uns verlassen. Er machte weder bei dieser noch irgend einer anderen Gelegenheit einen Verstoß gegen Takt oder Geschmack, solange ich in Limmeridge House in seiner Gesellschaft war.

      Sobald Miß Fairlie das Zimmer verlassen, ersparte er uns alle Verlegenheit in Bezug auf den anonymen Brief, indem er von selbst den Gegenstand zur Sprache brachte. Er hatte sich auf seinem Wege von Hampshire in London aufgehalten, hatte seinen Advocaten gesprochen, die ihm von mir zugesandten Documente gelesen und dann seine Reise nach Cumberland fortgesetzt, um uns durch die schnellste, vollständigste Erklärung, welche Worte geben konnten, zu beruhigen. Da ich ihn so sprechen hörte, bot ich ihm das Original des Briefes an, welches ich für seine Durchsicht aufbewahrt hatte. Er dankte mir, schlug es jedoch aus, ihn zu lesen, indem er sagte, er habe die Abschrift gesehen und sei es wohl zufrieden, daß das Original in unseren Händen bleibe.

      Er schritt dann sofort zur Erklärung der Sache, die so einfach und befriedigend war, wie ich es von vornherein erwartet hatte.

      Mrs. Catherick, unterrichtete er uns, hatte ihm durch treue Dienste, die sie in früheren Jahren ihm und seiner Familie geleistet, einige Verpflichtungen auferlegt. Sie hatte ein zweifaches Unglück gehabt, indem sie einen Mann geheiratet, der sie bald verlassen, und eine einzige Tochter hatte, deren geistige Fähigkeiten schon von einem zarten Alter an gestört waren. Obgleich sie wegen ihrer Heirat nach einem Theile von Hampshire gezogen, der von Sir Percivals Gütern ziemlich entlegen war, so hatte er doch Sorge getragen, sie nicht aus dem Gesichte zu verlieren, denn das Wohlwollen, welches er in Rücksicht auf frühere Dienste für die arme Frau hegte, war noch vermehrt worden durch seine Bewunderung für die Geduld und Festigkeit, mit der sie ihre Leiden ertrug. Im Verlaufe der Zeit nahmen die Symptome geistiger Zerrüttung in ihrer unglücklichen Tochter in dem Grade zu, daß es nothwendig wurde, sie unter geeignete ärztliche Obhut zu stellen. Mrs. Catherick selbst erkannte diese Notwendigkeit an; doch war sie sich zu gleicher Zeit des Vorurtheils bewußt, das Leute ihres achtbaren Standes dagegen gefühlt haben würden, falls sie ihre Tochter als eine Hilfsbedürftige in eine öffentliche Irrenanstalt brächte. Sir Percival hatte dieses Vorurtheil geachtet, wie er überhaupt ehrenhafte Unabhängigkeit in jeder Gesellschaftsclasse achtete, und er hatte beschlossen, als dankbare Anerkennung für Mrs. Catherick’s Anhänglichkeit an die Interessen seines Hauses, die Kosten für die Aufnahme ihrer Tochter in einer zuverlässigen Privat-Irrenanstalt zu bestreiten. Zum Bedauern ihrer Mutter sowohl, als zu seinem eigenen, hatte das unglückliche Mädchen den Antheil entdeckt, den er an den Umständen gehabt, durch welche sie unter Zwang gebracht worden, und in Folge dessen einen tiefen Haß und Argwohn gegen ihn gefaßt. Diesem Hasse, der sich in der Anstalt auf verschiedene Weise kund gethan, war offenbar jener nach ihrem Entweichen geschriebene anonyme Brief zuzuschreiben. Falls Miß Halcombe’s oder Mr. Gilmore’s Kenntniß von dem Briefe diese Ansicht nicht bestätigten, oder falls sie noch ferner Einzelheiten über das Institut wünschten (dessen Adresse er erwähnte, ebenso wie die Namen und Adressen der beiden Aerzte, auf deren Certificat die Kranke in der Anstalt aufgenommen worden), so sei er bereit, jede Frage zu beantworten und sie in jeder Ungewißheit aufzuklären. Er habe an dem jungen Frauenzimmer seine Pflicht gethan, indem er seinem Geschäftsführer aufgetragen, keine Kosten zu scheuen, um sie wieder aufzufinden und der ärztlichen Sorgfalt zurückzugeben, und er wünsche jetzt nur noch, auf dieselbe einfache und offene Weise seine Pflicht auch an Miß Fairlie und ihrer Familie zu thun.

      Ich war der Erste, der auf diese Aufforderung etwas erwiderte. Mein eigenes Verfahren war mir klar. Es ist das Vortreffliche an dem Gesetze, daß dasselbe jede menschliche Angabe bestreiten kann, unter welchen Umständen und in welcher Form sie auch gemacht sei. Hätte ich mich amtsmäßig berufen gefühlt, auf Sir Percival Glyde’s Erklärungen einen Rechtsfall gegen ihn zu bauen, so wäre mir dies ein Leichtes gewesen. Doch meine Pflicht lag nicht in dieser Richtung: sie war eine einfach richterliche. Ich sollte die Erklärung, die wir soeben gehört hatten, erwägen, dem guten Rufe des Herrn, der sie uns geliefert, volles Gewicht lassen und redlich entscheiden, ob die Wahrscheinlichkeit nach Sir Percivals Beweisen klar für ihn oder klar wider ihn spreche. Meine eigene Ueberzeugung war für Ersteres, und ich erklärte demgemäß, daß seine Erklärung meiner Ansicht nach eine befriedigende sei.

      Miß Halcombe sagte ihrerseits, nachdem sie mich sehr ernst angesehen, ein paar Worte von derselben Bedeutung – doch mit einem gewissen Zögern, welches mir durch die Umstände nicht gerechtfertigt schien. Ich kann nicht bestimmt sagen, ob Sir Percival dies bemerkte oder nicht. Meiner Meinung nach bemerkte er es, denn er nahm den Gegenstand noch einmal auf, obgleich er ihn jetzt mit vollkommener Schicklichkeit hätte fallen lassen können.

      »Wäre meine einfache Angabe der Thatsachen nur an Mr. Gilmore gerichtet gewesen,« sagte er, »so würde ich es für unnöthig erachten, noch ferner auf diesen unangenehmen Gegenstand zurückzukommen. Ich darf von Mr. Gilmore als einem Ehrenmanne wohl erwarten, daß er mir auf mein Wort glauben wird und sobald er mir diese Gerechtigkeit hat widerfahren lassen, so ist jede fernere Erörterung über die Sache zwischen uns zu Ende. Doch ist meine Lage einer Dame gegenüber nicht dieselbe. Ich schulde ihr, was ich keinem lebenden Manne einräumen würde – einen Beweis von der Wahrheit meiner Angaben. Sie können diesen Beweis fordern, Miß Halcombe, und ich bin es Ihnen, noch mehr aber Miß Fairlie schuldig, denselben anzubieten. Dürfte ich Sie bitten, sogleich an die Mutter jenes unglücklichen Mädchens, an Mrs. Catherick, zu schreiben und sie um ihr Zeugniß für die Erklärung zu bitten, die ich Ihnen soeben gegeben habe.«

      Ich sah, wie Miß Halcombe die Farbe wechselte und ein wenig unruhig wurde. Sir Percivals Vorschlag,

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