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daß ich beinahe . . . Aber mache mir doch kein so saures Gesicht, Käthchen . . . Die Jungfrau fragte mich zutraulich, ob mir Niemand so ein bisschen ans Herz gewachsen sei? Schon wollte ich auf diese Frage mit Nein antworten, aber es graute mir denn doch vor der Lüge, und als ich ihr ein schüchternes Ja zunickte, da fragte sie weiter, wie denn das Wesen heiße, das ich lieber sehe als jedes andere.«

      »Ihr wißt es in der That noch nicht?« rief ich. »Nun, es ist ein Mädchen blühend wie eine Rose und ihr Name ist Käthchen. Gut, erwiderte die schöne Unbekannte, bringe ihr meinen Gruß und überreiche ihr diesen Strauß in meinem Namen . . . «

      Die Mädchen schauten alle verwundert und mit halb unterdrücktem Lächeln auf den Schornsteinfeger, der sofort weiter erzählte:

      »Und wenn ihr einander gewogen und treu bleibt in aller Ehre und Sittsamkeit, fügte sie hinzu, so werde ich euch alle Jahre mit meinem Besuche erfreuen und euch allerlei Blumen schenken, so viel ihr nur wollt.«

      – »Wer mag wohl das gewesen sein?« fragte verdutzt das bleichste der Mädchen.

      – »Oh, Ihr kennt sie alle recht gut,« lachte Pauw.

      – »Wie heißt sie denn?«

      – »Sie heißt Jungfrau Mai.«

      – »Jungfer Mai. So heißt ja die Besitzerin des Stockfischhauses dort auf dem Fischmarkt; aber die war’s gewiß nicht.«

      – »Siehst du nicht, daß uns der Spaßvogel alle zum Besten hält?« rief Annamarie. »Er meint ganz einfach den Monat Mai.«

      – »Ganz recht; ihr habt’s errathen,« sagte Pauw und indem er Käthchen einen der Zweige darreichte, fragte er eine andere:

      »Willst du auch einen haben, Trinchen? Sie riechen gar so herrlich!«

      Das Mädchen wollte darnach greifen, aber der muthwillige Pauw gab ihr einen Patsch damit auf die Hand.

      – »Wart nur, ruchloser Kaminkratzer!« rief Trinchen.

      – »Keine Rose ohne Dornen,« scherzte Pauw.

      Aber Trinchen wollte sich nicht besänftigen, sondern stand auf und sprach mit drohender Gebärde:

      »Was fällt dir in den Sinn, du schwarzer Rußkopf! Meinst du etwa, daß dir Alles erlaubt sei, weil du dich so unschuldig hinstellst. Geh flink nach Hause und laß dich waschen. Dein Vater ist dir schon lange vorausgegangen; eile dich, sonst kriegst du die Ruthe!«

      – »Seht doch das Dragönerchen da, wie das stolz und muthig zu Pferde sitzt,« spottete der Kaminfeger. »Trinchen, du hast ein gutes Mundwerk. Das Bösesein aber steht dir nicht an; es fehlt der Schnurrbart dazu . . . «

      Mit diesen Worten schickte er sich an, dem Mädchen mit seinen schwarzen Fingern das Gesicht zu bemalen; aber flugs fielen sie alle über ihn her und riefen:

      »Willst du wohl einhalten, rußiger Aapschreier, schmutziges Negerkind!« und anderes dergleichen.

      Pauw konnte den Lärm dieser rauschenden Beschimpfungen, die auf ihn regneten, nicht bewältigen; nachdem er den Kopf geschüttelt, gleichsam um die lieblosen Scheltwörter den Rücken heruntergleiten zu lassen, rief er auf einmal:

      »Holla, ihr Freundinnen alle, laßt mich zuerst hier der Sache ein Ende machen, dann will ich hastig nach Hause gehen und mich waschen. – Paßt auf!»Eins, zwei, drei?«

      Er machte vier bis fünf drollige Sprünge und schlug mit seinem Rußsack so heftig um sich, daß eine schwarze Wolke rings in die Luft flog und sang dazu:

      »Singe, springe, Freundchen Pauw,

      Denn Niemand hat Erbarmen!«

      Alle liefen eiligst auf ihre Rahmen zu und stäubten dieselben mit ängstlicher Sorgfalt wieder rein. Die einen jammerten laut auf über den Schelmenstreich, die andern lachten und waren guter Dinge. Der Kaminfeger indeß hüpfte lustig nach seiner Hausthüre, und rief den Mädchen zu:

      »Bis sogleich, meine Täubchen; ich will nur schnell nach Hause und mein Sonntagsgesicht holen!«

      II

      Das Abenddunkel hatte sich kaum seit einer halben Stunde über die engen Straßen verbreitet. Mutter Smet, des Schornsteinfegers ehrbare Ehewirthin, saß an einem Tische, beschäftigt, beim Schein einer kleinen Lampe die wollenen Strümpfe ihres Pauw zu stopfen.

      Ihr Anzug war nicht nur sauber, sondern auch kostbarer als es ihr Stand sonst mitzubringen schien; denn obgleich sie sich in ihrer Wohnung befand und an jenem Abende nicht mehr auszugehen gedachte, trug sie ein rosenfarbenes Mieder mit kleinen Blumen, einen wollenen Calamankrock mit samtenem Saumstreifen und einer schneeweißen Flügelhaube.

      In ihrem Gemüthe jedoch schienen düstere, herabstimmende Gedanken auf- und abzuwogen, denn öfters unterbrach sie ihre Arbeit und ließ auf ihren Gesichtszügen einen Ausdruck bitteren Grames wahrnehmen.

      »So werden stets die armen Menschen, die eine Erbschaft zu machen haben, betrogen,« murmelte sie endlich vor sich hin. »Diese klugen Herren wissen es immer so künstlich anzufassen, so listig zu wenden und zu drehen, bis über dem Streiten die rechtmäßigen Erben von hinnen geschieden, und dann stecken die Schelme den Nachlaß in ihren eigenen Sack. Wenn ich noch daran denke! Der alte Maurer Kobe in der Winkelstraße . . . hunderttausend Gulden sollte der erben, Alles war schon abgemacht und in Ordnung . . . und da schicken sie ihn so lange von Pontius zu Pilatus, daß er am Ende in seiner Bodenkammer hat Hungers sterben müssen. Ein halbes Jahr darnach wurde die Erbschaft unter vier vornehme Herren vertheilt, die von Allem die Hülle und Fülle besaßen, und wohl das beste Theil von dem, was dem armen Kobe zukam, ist an den Fingern der Herren Advokaten hängen geblieben . . . Aber mich sollen sie nicht in der Weise daran kriegen. Sollte es mich den letzten Stüber kosten, wissen muß ich, was aus dem Nachlasse meiner Frau Tante in Holland geworden ist. – O, dieses ehrliche Diebsgesindel!«

      Bei diesen Worten trat ihr Mann ins Zimmer, blies das Lümpchen, das er in der Hand hielt, aus, stellte es auf einen Kasten und blieb mit gekreuzten Armen seiner Frau freundlich zulächelnd stehen.

      Er hatte sein Gesicht gewaschen und seine Kleider unterschieden sich nicht mehr von denen jedes andern Bürgers seines Standes, der im Begriff steht, Abends sein Schüppchen in Gesellschaft der Freunde zu leeren.

      »Da habe ich eben droben auf dem Speicher den Ratten keinen schlechten Fraß vorgebrockt!« rief er. »Rathe einmal, Trese, was ich gethan habe?«

      »Oh laß mich in Ruhe,« erwiderte griesgrämisch die Frau. »Zehn Jahre sind’s schon, daß du den Ratten ihren Todesteig bäckst; sie treiben’s nur um so ärger: laß nur etwas auf dem Boden herumliegen, und wäre es dein Rußsack, des andern Tages sollst du sehen, wie gemüthlich sie sich’s haben schmecken lassen!«

      »Ja, was kann ich dazu; ich kann doch nicht gegen die Ratzen der ganzen Stadt zu Felde ziehen? Dies raubsüchtige Völkchen ist zu beständig auf der Wanderschaft und schleicht ruhig und ungehindert fort durch Pfützen und Ritzen; das zahlt ja keinen Miethzins, und wo es ihm einmal behagt, da läßt es sich ruhig nieder. Ich habe dir aber eben eine erwischt, Trese, eine kohlschwarze mit einem Schwanz, aus dem du dir leicht ein Paar Strumpfbänder hättest schneiden können . . . Aber, Frau, es sitzt dir heute die Haube wieder etwas schief auf dem Kopfe; was ist dir abermals in die Quere gekommen? Will es denn kein Ende nehmen mit den sauren Gesichtern?«

      – »Ich mache ein Gesicht, wie es mir ansteht.«

      – »Um so schlimmer, daß du es absichtlich machst. Den ganzen Tag hab’ ich’s gar wohl gemerkt, daß du dir einen Dorn in den Fuß getreten hast. Ich wollte wetten, es spukt dir wieder im Kopfe von Advokaten, von deiner holländischen alten Muhme, von Erbschaft, von Goldtönnchen und anderen Luftschlössern?«

      – »Das sind nicht deine Sachen. Misch dich daher lieber nicht darein!«

      – »Sieh, Treschen, laß mich dir einmal etwas sagen: aber in vollem Ernst, ohne Lachen.«

      – »Ohne Lachen; das bist du nicht im Stande, Spaßvogel.«

      – »O gewiß bin

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