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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Sebastian kannte die Wohnung von Pitou wie seine eigene: er suchte den Zunder und den Feuerstein, fand das Messer, welches Pitou als Feuerstahl diente, zündete den Zunder und mit dem Zunder das Licht an und wartete.
Doch Sebastian war zu sehr bewegt, um ruhig zu warten, und besonders, um lange zu warten.
Er ging unablässig vom Kamin zur Thüre und von der Thüre an die Straßenecke; dann kehrte er, wie Schwester Anna, da er nichts kommen sah, nach dem Hause zurück, um sich zu versichern, daß Pitou während seiner Abwesenheit nicht gekommen war.
Endlich, da er sah, daß die Zeit verstrich, trat er an einen hinkenden Tisch, aus dem er Tinte, Federn und Papier fand.
Aus dem ersten Blatt dieses Papiers standen die Namen, die Vornamen und das Alter der zwei und dreißig Mann geschrieben, welche den Effectivstand der Nationalgarde von Haramont bildeten und unter den Befehlen von Pitou marschirten.
Sebastian legte sorgfältig dieses erste Blatt aus die Seite, dieses Blatt, ein Meisterwerk der Kalligraphie des Kommandanten, der sich, damit das Geschäft besser besorgt werde, nicht schämte, zuweilen zum subalternen Grade eines Fouriers herabzusteigen.
Dann schrieb er auf das zweite Blatt:
»Mein lieber Pitou,
»Ich kam, um Dir zu sagen, ich habe vor acht Tagen ein Gespräch zwischen dem Herrn Abbé Fortier und dem Vicar von Villers-Coterets angehört. Es scheint, der Abbé Fortier ist im Einverständniß mit den Aristokraten von Paris; er sagte dem Vicar, es bereite sich in Versailles eine Gegenrevolution vor.
»Das haben wir seitdem in Betreff der Königin erfahren, welche die schwarze Cocarde aufgesteckt und die dreifarbige mit Füßen getreten hat.
»Diese Drohung einer Gegenrevolution und das, was wir sodann von den Ereignissen, welche aus das Bankett folgten, erfuhren, hatten mich schon sehr wegen meines Vaters beunruhigt, der, wie Du weißt, der Feind der Aristokraten ist; doch heute Abend, mein lieber Pitou, war das noch viel schlimmer.
»Der Vicar kam am Abend wieder zum Pfarrer, und da ich für meinen Vater bange hatte, so glaubte ich, es sei nichts Schlimmes daran, wenn ich die Fortsetzung dessen, was ich neulich durch Zufall gehört, belausche.
»Es scheint, mein lieber Pitou, das Volk ist nach Versailles gezogen, es hat viele Personen niedergemetzelt, und unter diesen Personen auch Herrn George von Charny.
»Der Abbé Fortier fügte bei:
»»Sprechen wir leise, um den kleinen Gilbert nicht zu beunruhigen, dessen Vater nach Versailles gegangen ist und wohl wie die Anderen getödtet worden sein könnte.««
»Du begreifst, mein lieber Pitou, daß ich nicht mehr gehört habe.
»Ich schlich ganz sachte aus meinem Versteck, ohne daß mich Jemand bemerkte, ging durch den Garten nach dem Schloßplatz und lief hierher zu Dir, um Dich zu bitten, mich wieder nach Paris zu führen, was zu thun und zwar von Herzen gern zu thun Du nicht unterlassen würdest, wenn Du hier wärest.
»Da Du aber nicht hier bist, da Du lange ausbleiben kannst, weil Du wahrscheinlich Schlingen im Walde von Villers-Coterets legen gegangen bist, da Du in diesem Falle erst bei Tage zurückkommen wirst, so wird meine Unruhe zu groß, und ich vermöchte nicht bis dahin zu warten.
»Ich reise also allein ab: sei unbesorgt, ich kenne den Weg. Ueberdies bleiben mir noch von dem Gelde, das mir mein Vater gegeben hat, zwei Louis d’or, und ich werde einen Platz in dem ersten dem besten Wagen nehmen, den ich aus der Landstraße treffe.
»Dein Dich liebender
»Sebastian,«
N.S. Ich habe den Brief sehr lang gemacht, einmal, um Dir die Ursache meiner Abreise zu erklären, und dann, weil ich immer hoffte, Du würdest zurückkommen, ehe er beendigt wäre.
»Er ist beendigt, Du bist nicht zurückgekommen, ich gehe ab! Gott befohlen, oder vielmehr aus baldiges Wiedersehen; ist meinem Vater nichts geschehen, läuft er keine Gefahr, so komme ich zurück.
»Ist es anders, so bin ich fest entschlossen, ihn zu bitten, mich bei sich zu behalten.
»Beruhige den Abbé Fortier über meine Abreise; aber beruhige ihn erst morgen, damit es zu spät ist, mir nachlaufen zu lassen.
»Ich gehe nun entschieden ab, da Du nicht zurückkommst. Gott befohlen, oder vielmehr aus Wiedersehen.«
Und hiernach löschte Sebastian Gilbert, der die Sparsamkeit seines Freundes kannte, das Licht aus, zog die Thüre zu und entfernte sich.
Wurde man sagen, Sebastian sei, bei Nacht eine so lange Reise unternehmend, nicht ein wenig bewegt gewesen, so würde man sicherlich lügen. Doch diese Bewegung war nicht das, was sie bei einem andern Kinde gewesen wäre: die Angst; es war einfach das volle Gefühl der Handlung, die er unternahm, dieser Handlung, welche ein Ungehorsam gegen die Befehle seines Vaters, zugleich aber auch ein Beweis seiner kindlichen Liebe war, und ein solcher Ungehorsam mußte von allen Vätern verziehen werden.
Ueberdies war Sebastian, seitdem wir uns mit ihm beschäftigen, herangewachsen. Ein wenig bleich, ein wenig schwächlich, ein wenig nervös für sein Alter, zählte Sebastian fünfzehn Jahre. In diesem Alter, mit dem Temperament von Sebastian, und wenn man der Sohn von Gilbert und Andrée ist, ist man nahe daran, ein Mann zu sein.
Ohne ein anderes Gefühl, als die von der Handlung, welche er beging, unzertrennliche Gemüthsbewegung, fing also der junge Mann an gegen Largny zu laufen, das er bald bei der bleichen Helle, welche von den Sternen fällt, wie der alte Corneille sagt, entdeckte. Er ging längs dem Dorfe hin und erreichte den großen Hohlweg, der sich von diesem Dorfe nach Vauciennes erstreckt; in Vauciennes fand er die Landstraße, und nun, da er sich aus dem Wege des Königs sah, marschirte er ruhiger.
Sebastian, der ein Junge voll Verstand, der Lateinisch sprechend von Paris nach Villers-Coterets gekommen war und drei Tage zum Kommen gebraucht hatte, sah wohl ein, daß man nicht in einer Nacht nach Paris zurückkehrt, und verlor seinem Athem nicht dadurch, daß er irgend eine Sprache sprach.
Er stieg also den ersten Berg von Vauciennes im Schritt hinab und den zweiten eben so hinauf; doch auf einem ebenen Terrain angelangt, fing er an lebhafter zu marschiren.
Vielleicht wurde diese Lebhaftigkeit im Gange von Sebastian dadurch veranlaßt, daß sich einer ziemlich schlimmen Stelle näherte, die sich aus der Straße findet und damals im Rufe von Hinterhalten stand, welcher Ruf sich heute völlig verloren hat. Diese Stelle nennt man die Fontaine-Eau-Claire, weil eine klare Quelle zwanzig Schritte davon aus zwei Steinbrüchen fließt, die, zwei Höllenschlunden ähnlich, ihren finstern Rachen gegen die Landstraße öffnen.
Hatte Sebastian Angst oder hatte er keine Angst, als er über diese Stelle kam? Das vermöchte man nicht zu sagen, denn er beschleunigte seine Schritte nicht, denn, während er auf dem entgegengesetzten Rande der Straße gehen konnte, entfernte er sich nicht von der Mitte des Weges; er mäßigte seinen Schritt etwas weiter, doch ohne Zweifel, weil er zu einer kleinen Steige gekommen war und endlich den Zusammenlauf der zwei Straßen nach Paris und nach Crespy erreichte.
Hier blieb er plötzlich stehen. Von Paris kommend, hatte er nicht bemerkt, welcher Straße er folgte; nach Paris zurückkehrend, wußte er nicht, welcher Straße er folgen sollte.
War es die links? war es die rechts?
Beide waren mit den gleichen Bäumen besetzt, beide waren gleich gepflastert.
Niemand fand sich, um die Frage von Sebastian zu beantworten.
Von einem und demselben Punkte ausgehend, entfernten sich die zwei Straßen sichtbar und schnell von einander; daraus war zu entnehmen, daß Sebastian, sollte er, statt die gute Straße zu wählen, die schlechte wählen, am andern Tage schon sehr fern von seinem Wege wäre.
Sebastian blieb unentschlossen stehen.
Er suchte an irgend einem Merkmal zu erkennen, welcher von den zwei Straßen er gefolgt war; doch dieses Merkmal, das ihm am Tage gefehlt hätte, fehlte ihm noch viel mehr in der Dunkelheit.
Er hatte