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heißt Souscarières, ist aber, wie gesagt, an der Sache vollkommen unschuldig, da Pisani es war, der den Degen zuerst aus der Scheide zog.«

      Bei Nennung dieses Namens zuckte es in dem Gesicht des Kardinals, und wer ihn kannte, erriet, dass in diesem Augenblicke eine jener Ideen in seinem Gehirne auftauchte, die bestimmend für das Schicksal einzelner Individuen oder ganzer Staaten waren.

      Nachdem er einige Sekunden ruhig in seinem Notizbuch geblättert hatte, während ihn seine Nichte mit ängstlicher Spannung betrachtete, läutete er.

      Charpentier erschien fast augenblicklich.

      »Rufe Cavois!« befahl der Kardinal.

      »Wie,« rief Frau von Combalet, »Ihr lasst den Kapitän der Garde kommen? Ihr wollt Souscarières doch nicht arretieren lassen?«,

      »Im Gegenteil, von diesem Augenblicke an hat der junge Mann, den Du soeben nanntest, sein Glück in der Hand, und es ist nur seine eigene Schuld, wenn er es wieder fallen lässt.«

      Cavois trat in strammer Haltung ein.

      »Kapitän,« sagte Richelieu, »Ihr werdet Euch sofort nach der Rue des Frondeurs begeben. In dem Hause, welches die Ecke der Rue St. Anne bildet, fragt nach einem Cavalier, der sich Peter von Garde, Marquis von Montbrun, Herr von Souscarières nennt.«

      »Ja, gnädigster Herr.«

      »Wenn er dort wohnt und Ihr findet ihn zu Haus, so sagt ihm, dass es mir, ungeachtet der späten Nachtstunde, ein großes Vergnügen wäre, mit ihm zu plaudern.«

      »Und wenn er sich weigert, Eminenz?«

      »Dann richtet Ihr es so ein, dass ihm sein Weigern nichts hilft, er muss im Verlaufe einer Stunde hier sein, versteht Ihr? Er muss!«

      »Zu Befehl. Eminenz!«

      Der Kapitän entfernte sich. An der Tür begegnete er einem Manne, bei dessen Anblick er so schnell und ehrerbietig zur Seite trat, dass man erkennen konnte, er mache einer sehr wichtigen Person Platz.

      In der Tat erschien in diesem Augenblick auf der Türschwelle der berüchtigte Kapuziner du Tremblay, bekannt unter dem Namen Bruder Joseph oder die graue Eminenz.

      XI.

      Die graue Eminenz

      Pater Joseph war so bekannt als zweites Ich des Kardinals, dass sich bei seinem Erscheinen selbst die vertrautesten Diener des Ministers zurückzogen, und dass die Gegenwart der »grauen Eminenz« im Kabinett Richelieus das Privilegium zu haben schien, alle Übrigen das Feld räumen. zu machen.

      Frau von Combalet unterlag, wie die Anderen, diesem Einfluss und entging dem Missbehagen nicht, welches diese Grabesstille Erscheinung überall hervorrief. Als sie den Pater Joseph gewahrte, ging sie daher und bot dem Kardinal ihre Stirne zum Kusse, indem sie sprach:

      »Bitte, lieber Oheim, bleibt nicht zu lange wach.«

      Dann entfernte sie sich durch jene Tür, welche dem Eingang entgegengesetzt war, um nur nicht dem Mönche nahezukommen, der stumm und regungslos in der Mitte zwischen der Tür und dem Schreibpulte des Kardinals stand.

      Zu jener Zeit waren alle geistlichen Orden, ausgenommen den 1611 durch den Kardinal Bérulle gestifteten und 1613 von Paul V. bestätigten »Orden vom Bethause Jesu.« nach langer Opposition sozusagen ganz auf der Seite des Kardinal-Ministers. Er war der offenkundige Beschützer der Benedictiner von Cluny, von Cisaux und St. Maur, der Prämonstratenser, Dominikaner, Carmeliter und endlich jener ganzen capuzentragenden Familie des heiligen Franciscus: der Minoriten. Minimen, Franciscaner, Kapuziner u.s.w. u.s.w. Als Lohn für diesen Schutz aber bildeten alle diese Orden, die unter dem Vorwande, Armut zu predigen, oder Missionen zu erfüllen, in der Welt umherzogen, eine dienstfertige Polizei.

      Von dieser ganzen Polizei, welche mit dem begeisterten Eifer der Dankbarkeit ihr Amt tat, war der in diplomatischen Kunststücken ergraute Kapuziner Joseph das Haupt. Wie später ein Sartines, ein Lenoir, ein Fouche, so hatte auch er das Genie des Spionirens. Sein Bruder, der Gerichtsschreiber du Tremblay, war durch seinen Einfluss zum Gouverneur der Bastille ernannt worden, so dass der durch den Kapuziner du Tremblay ausspionierte, denunzierte und arretierte Gefangene auch durch den Gouverneur du Tremblay eingekerkert und bewacht wurde, wozu noch kam, dass, wenn er, wie es oft geschah, hinter den Riegeln starb, er abermals durch den Kapuziner du Tremblay absolviert, mit dem Abendmahl versehen und begraben ward, so dass in dieser Weise, wer einmal gefasst war, auch nicht mehr aus der Familie herauskam.

      Pater Joseph hatte ein Unterministerium mit vier Sektionen, deren Chefs vier Kapuziner waren. Er hielt sich einen Sekretär Namens Pater Ange Sabini, welcher wieder sein Pater Joseph war. Wenn er zu funktionieren begann und weite Wege hatte, so pflegte er dies zu Pferde zu tun, gefolgt von dem gleichfalls berittenen Pater Ange. Eines Tages jedoch, da er eine Stute ritt, Pater Sabini hingegen einen Hengst, geschah es, dass die beiden Vierfüßler so aneinander gerieten, dass die Capuzen der beiden Mönche eine viel zu groteske Rolle spielten, als dass Pater Joseph diese Art der Locomotion auch fernerhin hätte beibehalten wollen. Seitdem benützte er Sanfte oder Kutsche.

      In der gewöhnlichen Ausübung seines Berufes aber Hing Pater Joseph, weil er das Inkognito wahren musste, zu Fuße und zog die Capuze über die Augen, um nicht erkannt zu werden, was ihm bei der großen Anzahl von Mönchen aller Farben, die damals in den Straßen von Paris wimmelten, ein Leichtes war.

      Diesen Abend hatte Pater Joseph zu Fuße operiert.

      Der Kardinal blickte mit wachsamem Auge umher, bis die erste Tür sich hinter seinem Gardecapitän, die zweite hinter seiner Nichte geschlossen hatte, nahm dann vor seinem Schreibtische Platz und wandte sich zum Pater Joseph:

      »Nun, Ihr habt mir also etwas mitzuteilen, lieber du Tremblay

      Der Kardinal hatte die Gewohnheit bewahrt, den Kapuziner bei seinem Familiennamen zu nennen.

      »Ja, Monseigneur,« erwiderte dieser, »und ich war zweimal da, um das Vergnügen zu haben, Euch zu sehen.«

      »Ich weiß es. Das hat mir sogar die Hoffnung gegeben, Ihr würdet vielleicht irgend etwas über den Grafen von Moret, seine Rückkehr nach Paris und die Gründe dieser Rückkehr in Erfahrung gebracht haben.«

      »Ich weiß noch nicht Alles, was Euer Eminenz wissen wollen, aber ich glaube auf der Fährte zu sein.«

      »Ah, ah! Eure Weißmantel haben das Ihrige getan?«

      »Ziemlich schlecht. Sie entdeckten bloß, der Graf von Moret habe im Hotel Montmorency bei dem Herzog Heinrich II. gewohnt und es Nachts verlassen, um eine Geliebte zu besuchen, welche in der Rue de la Cerisaie, gegenüber dem Hotel Lesdiguières, wohnt.«

      »In der Rue de la Cerisaie, gegenüber dem Hotel Lesdiguières? Aber da wohnen ja die beiden Schwestern von Marion Delorme

      »Jawohl, Monseigneur; Frau von Montagne und Frau von Maugiron; nur weiß man nicht, in welche von Beiden er verliebt ist.«

      »Es ist gut, ich werde es erfahren,« sagte der Kardinal und begann, nachdem er den Kapuziner durch einen Wink unterbrochen, auf einem Blatt Papier zu schreiben: »In welche Eurer beiden Schwestern ist der Graf von Moret verliebt? Wer ist der Liebhaber der anderen? Gibt es dabei einen unglücklich Liebenden?«

      Dann ging er zu einer Türfüllung, die sich bei dem Druck auf einen Knopf in der ganzen Höhe des Kabinetts öffnete.

      Diese Öffnung hätte eine Communication mit dem Nachbarhaus gestattet, wäre nicht auf der anderen Seite des Mauerdurchmessers eine Tür im Wege gestanden.

      Zwischen den beiden Türen befanden sich zwei Knöpfe von Klingeln, der eine rechts, der andere links, welche Einrichtung damals so neu und ungewöhnlich war, dass man sie nur bei dem Kardinal und im Louvre finden konnte.

      Der Kardinal schob das Papier unter die Tür des Nachbarhauses, zog rechts die Klingel, die Türfüllung schloss sich und er nahm wieder seinen Sitz ein,

      »Fahret

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