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wahr, jetzt sind unsere Leser beruhigt über das arme Königskind; sie konnten befürchten und wir auch, dass die Ermordung des Geliebten seiner Mutter, des mehr als wahrscheinlichen Vaters seines Bruders Gaston, eines Connetable von Frankreich endlich, d. h. nach ihm, und vielleicht sogar vor ihm, eines der angesehensten Männer des Königreiches, ihm den Appetit oder die Heiterkeit geraubt hätte und dass er – die Hände von Blut gerötet – zögerte, zu Gott zu beten.

      Doch keineswegs; sein Mittagessen wurde freilich um eine Stunde verzögert; aber er konnte nicht um elf Uhr zu gleicher Zeit am Tische sitzen und aus einem Fenster des Louvre zusehen, wie Vitry den Marschall d'Ancre ermordete. Sein Magen wurde zwar ziemlich erleichtert, doch das war eben die Wirkung, welche der Anblick des Feindes bei Heinrich IV. hervorbrachte. Dagegen aber hat er sich unterhalten von sieben bis sieben ein halb Uhr und dann: wieder von neun bis neun ein halb Uhr, was keineswegs in seinen Gewohnheiten lag.

      Während der achtundzwanzig Jahre, während welcher der Doktor Hérouard ihn beobachtete, hat er sich nur diese beiden Male unterhalten.

      Außerdem legte er sich mit einem vollen, gleichmäßigen Puls und einer leichten, milden Wärme zu Bett. Er betete zu Gott um zehn Uhr und schlief bis sieben Uhr Morgens, d. h. zehn Stunden. Das arme Kind!

      Am nächsten Tage erwachte er daher auch als König. Dieser gesunde Schlaf verlieh ihm Kräfte und nachdem er am Tage zuvor eine männliche Tat vollbracht, übte er am Tage darauf eine königliche Tat aus.

      Die Königin-Mutter fiel nicht nur in Ungnade, sondern wurde nach Blois verwiesen und durfte weder ihre Töchter, noch ihren viel geliebten Sohn, Gaston von Orleans, sehen; ihre Minister wurden entlassen und nur allein der Bischof von Lyon, welcher später der große Kardinal sein wird, erhielt die Erlaubnis;, ihr in das Exil zu folgen, wo er sich in das Herz, das nie leer bleiben konnte, einschlich und der Nachfolger Concini's wurde.

      Ist aber Ludwig XIII. König, so ist er deshalb noch nicht Mann. Seit zwei Jahren mit der Infantin von Spanien, Anna von Österreich, vermählt, ist er nur dem Namen nach ihr Gatte.

      Duraut, Provinzial-Kriegscommissär, mochte für ihn immerhin Ballette Komponieren, in welchen der König den Dämon des Feuers darstellte und der Königin die zärtlichsten Verse sang, so beschränkte sich doch auf diese seine ganze Galanterie.

      In der Tat trug Ludwig XIII. ein mit Flammen bedecktes Gewand, aber wenn er dieses ablegte, um schlafen zu gehen, legte er die Flammen zugleich mit ab.

      Da das Ballett: »Die Befreiung Renaud's« nichts bewirkt hatte, versuchte man es mit einem anderen Ballett unter dem Titel: »Die Abenteuer Tancred's in dem Zauberwalde.«

      Diesmal erweckte die Choreographie des Herrn von Porchére den König ein wenig und seine Neugier ging so weit, dass er wünschte zu erfahren, wie die Dinge in einer Hochzeitsnacht zwischen wirklichen Ehegatten vorgehen. Herr d'Elbeuf und Fräulein von Vendôme führten für den König eine Probe von dem Stücke auf, welches er selbst noch nicht gespielt hatte. Aber nichts half. Der König blieb zwei Stunden lang in dem Zimmer der Eheleute auf deren Bett sitzen und kehrte dann ruhig in sein Junggesellengemach zurück.

      Endlich war es Luynes, der, gedrängt durch den Gesandten Spaniens und den Nuntius des Papstes, die wichtige Sache übernahm, wobei er aber Denen, die ihn dazu bewogen, nicht verhehlte, dass er Gefahr liefe, dabei seinen Einfluss zu verlieren.

      . Der Tag wurde auf den 25. Januar 1619 festgesetzt.

      Das Tagebuch Hérouard's wird uns wieder die Verwendung dieses Tages sagen.

      »Am 25. Januar 1619 stand der König, der nicht wusste, was seiner am Ende des Tages wartete, in vortrefflicher Gesundheit auf, mit gutem Gesicht und relativ heiter; er frühstückte um neun ein viertel Uhr; hörte die Messe in der Capelle von Latour; präsidierte dem Ministerrate; aß um zwölf Uhr zu Mittag; machte einen Besuch bei der Königin; ging durch die Galerie nach den Tuilerien; kehrte um vier ein halb Uhr auf demselben Wege in den Ministerrat!) zurück; ging zu Herrn von Luynes, um sein Ballett zu probieren; aß um acht Uhr zu Abend; machte wieder einen Besuch bei der Königin, verließ sie um zehn Uhr; kehrte in seine Gemächer zurück und legte sich zu Bett; kaum aber lag er, als Luynes in sein Zimmer trat und ihn ersuchte, wieder aufzustehen. Der König sah ihn so verwundert an, als hätte er ihm den Vorschlag gemacht, eine Reise nach China zu unternehmen. Aber Luynes bestand auf seinem Willen, sagte ihm, Europa fange an sich darüber zu beunruhigen, den Thron Frankreichs ohne Erben zu sehen, und es würde für ihn eine Schande sein, wenn seine Schwester, Madame Christine, welche soeben den Sohn des Herzogs von Piemont, den Prinzen Amadeus von Savoyen, geheiratet hatte, ein Kind bekäme, bevor die Königin einen Dauphin geboren. Aber da, alle diese Gründe, obgleich der König sie durch ein Kopfnicken billigte, noch nicht hinreichend waren, ihn zu bestimmen, nahm Luynes ihn ganz einfach auf die Arme und trug ihn dahin, wohin er nicht gehen wollte.«

      Zweifelt man im Geringsten von der Welt an diesen Einzelheiten, die noch kein Geschichtsschreiber erzählt Hat und die jetzt ein Romanschreiber mitteilt, so lese man die Depeschedes Nuntius vom 30.Januar 1619 und man wird darin die folgende Phrase finden, die uns überzeugend zu sein scheint: »Luynes nahm ihn um den Leib und trug ihn sozusagen mit Gewalt zu dem Bette der Königin.«

      Aber wenn Luynes bei dieser Angelegenheit nicht nur seinen Einfuß nicht verlor, sondern sogar den Titel eines Connetable gewann, so verlor er doch wenigstens seine Mühe, oder wurde nur sehr spät dafür belohnt. Der Dauphin, der um den Preis der Schnelligkeit mit dem Erstgeborene der Herzogin wetteifern sollte, und der so glühend gewünscht wurde, erblickte das Licht des Tages erst neunzehn Jahre darauf, d. h. 1638, und Luynes, der nicht des Glückes genießen sollte, den Baum, welchen er gepflanzt hatte, Früchte tragen zu sehen, starb zwei Jahre darauf an dem roten Friesel. Dieser Tod ließ Maria von Medicis freies Spiel. Sie kam nach Paris zurück und brachte Richelieu mit sich, der mittlerweile Kardinal geworden war, den sie in den Staatsrat einführte und der in einem Jahre Premierminister werden sollte.

      Von diesem Zeitpunkte an ist es Richelieu, der regiert, und der, indem er sich sowohl gegen die spanische, als auch gegen die österreichische Politik erklärt, sich zu gleicher Zeit mit der Königin-Mutter, Maria von Medicis, und mit der Königin, Anna von Österreich, verfeindet. Der Hass verfolgt ihn von nun an, die Intrigen umgeben ihn, die Königin-Mutter hat ihr Ministerium, so gut wie der König und auch dieses ist von einem Kardinal prasidirt, dem Kardinal Bérulle, mit dem Unterschiede, dass Richelieu ein Genie und Bérulle ein unfähiger Mensch ist. Monsieur, den der Kardinal Richelieu verheiratete und dem er, um sich eine Stütze aus ihm zu machen, das ungeheure Vermögen des Fräulein von Montpensier verschaffte, konspiriert nun gegen ihn, ein Geheimrat wird gebildet, der Arzt Bouvard, der Nachfolger Hérouard's, eine der Königin ergebene Creatur, wird diesem bei gezogen, und Monsieur, welcher der Nachfolger Ludwigs XIII. werden soll, hält durch diesen Arzt gewissermaßen die eigene Hand am Puls des kranken Königs, denn Bouvard, ein Mann von echt spanischer Frömmigkeit, lebte in den Kirchen und war der böse Geist der Königinnen. Man begreift es bei Hofe, dass dieser düstere König, den die Langweile verzehrt, den die Sorgen aufreiben, welcher sich von Niemandem geliebt, von Vielen jedoch gehasst weiß, dem die Ärzte mit den energischen Heilmitteln damaliger Zeit zusetzten, der kein Mut hat, und dennoch in jedem Monate einen Aderlass erdulden muss, dass dieser König von einem Augenblick zum anderen von der Bühne des Lebens verschwinden kann. Wenn der König stirbt, hängt Richelieu von der Gnade seiner Feinde ab, das heißt, er ist in den nächsten vierundzwanzig Stunden verloren, und dennoch wollen diese Feinde nicht warten; man macht den Vorschlug, den Kardinal ermorden zu lassen; die Königin-Mutter unterstützt diesen Vorschlug; Frau von Conti kauft Dolche und die sanfte Anna von Österreich macht keine andere Einwendung, als die drei Worte: »Er ist Priester!«

      Der König, welcher seit der Ermordung Heinrichs IV. seine Mutter hasst, seit Chalais Verschwörung seinem Bruder misstraut, seit ihren Liebeleien mit Buckingham, und besonders seit den Ärgernissen in den Gärten von Amiens, die Königin verachtet; der König, welcher seine Frau, und die Frauen überhaupt, nicht liebt, und wenn er auch keine von den Tugenden der Bourbons hat,

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