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Rotrou hatte gehört, was Herr von Scudéry gesagt.

      »Ja, ja,« sagte er. »allerdings ist dies ein Procuratorsschreiber, und ein Schreiber, der eines Tages unser Aller Meister sein wird, das prophezeie ich Euch!«

      Es war nun die Reihe an den umstehenden Männern, zu lächeln; die Einen taten es aus Ungläubigkeit, die Anderen aus Verachtung; die Frauen betrachteten mit verdoppelter Neugier den Mann, der ihnen mit einem so kühnen Versprechen vorgestellt wurde.

      Trotz seiner großen Jugend musste er durch sein ernstes Gesicht, durch die Furche auf seiner Stirne, welche durch die Wucht des Gedankens gegraben zu sein schien, und durch seinen Flammenblick, auffallen. Der andere Teil seines Gesichts war gewöhnlich, die Nase dick, die Lippen wulstig und von einem keimenden Schnurrbart beschattet.

      Rotrou dachte, dass es an der Zeit sei, die allgemeine Neugier zu befriedigen und fuhr fort:

      »Frau Marquise, erlaubt mir. Euch meinen lieben Landsmann, Peter Corneille, vorzustellen, welcher der Sohn eines Generaladvokaten in Rouen ist, in Kurzem aber auch Sohn seines eigenen Genies sein wird.«

      Der Name war völlig unbekannt.

      »Corneille,« wiederholte Scudéry, »das ist der Name eines Vogels von schlechter Vorbedeutung.

      »Ja, für seine Nebenbuhler Herr von Scudéry,« erwiderte Rotrou.

      »Corneille?« wiederholte auch die Marquise, aber in einem Tone des Wohlwollens.

      »Ab illice cornix!« flüsterte Chapelain dem Bischof von Veme zu.

      »Frau Marquise!« sagte Rotrou. »Ihr sucht vergebens diesen Namen an der Spitze eines Gedichtes, hinter dem Titel einer Tragödie; weder da noch dort ist er zu finden; er figuriert bis jetzt bloß als Unterschrift einer Komödie, mit der dieser gute Mensch, der gestern von Rouen ankam, heute Nacht meine Gastfreundschaft bezahlte. Morgen führe ich ihn in das Hotel Burgund, wo ich ihn der Gesellschaft vorstellen will, und in einem Monate schon werden wir ihm Beifall klatschen.«

      Der junge Mann erhob die Augen zum Himmel wie Giner, der sagt: »Wollte Gott!«

      Man näherte sich nun den beiden jungen Leuten mit gesteigerter Neugier. Namentlich schien die Frau Prinzeß, die auf Lobspenden außerordentlich erpicht war, und in jedem neuen Poeten einen neuen Herold ihrer Schönheit sah, die eben die Blüten abzustreifen anfing, außergewöhnlich neugierig zu sein. Sie ließ ihr Fauteuil in die Nähe der Gruppe rollen, die sich um Rotrou und seinen Gefährten gebildet hatte, und während sich die Männer, besonders aber die Dichter, zumeist geringschätzig abseits hielten, fragte sie:

      »Und darf man den Titel Eures Stückes wissen, Herr Corneille

      »Es heißt »Melita«.« antwortete er, »wenn anders Ew. Hoheit es nicht mit einem besseren Namen zu taufen belieben sollten.«

      »Melita, Melita,« wiederholte die Prinzeß, »ich finde den Titel reizend und wenn die Fabel des Stückes ihm entspricht —«

      »Was aber am reizendsten daran ist,« sagte Rotrou, »das ist der Umstand, dass es eben keine Fabel, sondern eine wahre Geschichte ist.«

      »Wie? Eine Geschichte?« fragte Fräulein Paulet, »und sie sollte wahr sein?«

      »Nun, erzähle doch den Damen die Sache – Du schlechtes Subject,« sagte Rotrou.

      Corneille errötete bis an die Ohrenspitzen; Niemand hatte in der Tat weniger das Aussehen eines schlechten Subjectes, als er.

      »Natürlich nur, wenn die Geschichte sich in Prosa erzählen lässt,« sagte Frau von Combales, sich im Voraus für den Fall, als Corneille erzählen sollte, das Gesicht mit dem Fächer bedeckend. Frau von Combales, die viel geliebte Nichte des Kardinals, war eine von den gewöhnlichen Besucherinnen des Salons der Marquise von Rambouillet.

      »Ich würde es vorziehen,« sagte Corneille schüchtern, »einige Verse des Stückes zu rezitieren, als die Handlung zu erzählen.«

      »Nun,« sagte Rotrou, »das ist doch zu viel Verlegenheit wegen einer kleinen Galanterie. Ich will Euch nur selbst die Handlung in zwei Worten erzählen. In ihr liegt auch nicht der Werth des Stückes, da mein Freund selbst der Held der ihr zu Grunde liegenden Geschichte war, ihr also das Verdienst der Erfindung vollständig abgeht. Stellt Euch vor, meine Damen, dass ein Freund dieses Lebemannes hier . . . .«

      »Rotrou, Rotrou,« drohte Corneille.

      »Ich fahre trotz dieser Unterbrechung fort,« sagte Rotrou. »Stellt Euch vor, meine Damen, dass ein Freund dieses Lebemannes ihn in einem achtbaren Hause von Ronen, einführt, wo bereits Alles angeordnet ist. um dessen Hochzeit mit einem schönen Mädchen, der Tochter des Hauses, zu feiern. Was glaubt Ihr wohl, dass Herr Corneille tut? Wartet er vielleicht diese Hochzeit ab, und begnügt sich indessen mit der Rolle eines Brautführers, um später die Rolle eines – Ihr versteht mich, nicht wahr?«

      »Herr Rotrou!« schmollte Frau von Combales und zog die Spitzen ihrer Carmeliterhaube tiefer in ihre Stirne.

      »Um später die Rolle wessen zu übernehmen?« fragte Fräulein von Scudéry mit einer erstaunten Miene; »wenn die Anderen verstanden, haben, ich meinerseits habe nichts verstanden.«

      »Ich hoffe es, schöne Sappho (das war der Name, welchen man dem Fräulein von Scudéry in dem Wörterbuch der Zieraffen beilegte), ich sprach für den Herrn Bischof von Vence und Fräulein Paulet, die mich hoffentlich verstanden haben.«

      Fräulein Paulet führte mit herausfordernder Grazie' einen leichten Schlag mit dem Fächer nach den Fingern Rotrou's und sagte: »Fahrt fort, Ihr Taugenichts; je eher Ihr zu Ende seid, desto besser.«

      »Ja, ad eventum festina! wie es Horaz vorschreibt; nun, auch Herr Corneille befolgte in seiner Eigenschaft als werdender Poet diesen Rat. Er wartete nicht, sondern besuchte die Dame allein, schoß Bresche in die Festung, von deren Mauern, wie es scheint, nicht das Banner der Treue wehte, und baute auf den Trümmern der Glückseligkeit seines Freundes sein eigenes Glück auf, und dieses Glück ist so groß, dass es in seinem Herzen einen Quell entspringen ließ, der kein anderer ist, als jener, an welchem Pegasus und die neun Jungfrauen, die man die Musen nennt, ihren Durst löschten.«

      »Da seht einmal,« sagte die Prinzeß, »wo Hippocrene sich überall ansiedelt, in dem Herzen eines Procuratorschreibers – es ist wirklich nicht zu glauben.«

      »Bis auf den Beweis des Gegenteils; nicht wahr, Frau Prinzeß? Diesen Beweis wird mein Freund Corneille Euch geben.«

      »Das ist eine sehr glückliche Dame,« sagte Fräulein Paulet; »wenn das Stück des Herrn Corneille den Erfolg hat, den Herr Rotrou ihm prophezeit, so ist sie unsterblich gemacht.«

      »Ja,« erwiderte Fräulein von Scudéry mit ihrer gewöhnlichen Trockenheit, »aber ich zweifle fast, dass sie während dieser Unsterblichkeit und sollte sie auch so lange dauern, als die der Sybille von Cumä, einen Mann bekommen wird.«

      »Und haltet Ihr es wirklich für ein solches Unglück,« sagte Fräulein Paulet, »unvermählt zu bleiben, namentlich wenn man hübsch ist? Fragt doch Frau von Combales, ob es ein gar so großes Vergnügen ist, verheiratet zu sein.« Frau von Combales begnügte sich, einen Seufzer auszustoßen, indem sie die Augen zum Himmel erhob und traurig den Kopf schüttelte.

      »Abgesehen von Allem,« sagte die Prinzeß, »hat uns Herr Corneille versprochen, uns Verse aus seinem Stücke zu rezitieren.«

      »O, er ist sehr bereit dazu,« sagte Rotrou; »Verse von einem Dichter verlangen, das ist eben so viel, als ob man Wasser von einer Quelle verlangte. Vorwärts also, Corneille

      Corneille erröthete, stotterte eine verlegene Entschuldigung, legte die Hand an seine Stirn, und rezitierte in einem Tone, der eher für das Trauerspiel als für die Komödie passte, einige schöne, tiefempfundene Verse aus seinem Stücke.

      Ein beifälliges Gemurmel begleitete stellenweise

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