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Gemahl hat dich geliebt. Ich habe zwischenzeitlich auch verstanden, warum. Ich habe mich in dir getäuscht. Vergib mir. Ich bin froh, dass Gwendolyn dich hat.“

      Thor nickte ernst und drückte die Hand der Königinmutter die sie ihm entgegenstreckte.

      Es gibt nicht zu vergeben“, sagte er.

      Die Königinmutter wandte sich wieder Gwendolyn zu und ihre Augen wurden hart; es war, als ob sich plötzlich etwas in ihr verändert hatte und die alte Königin wieder zum Leben erwacht war.

      „Du wirst dich von nun an vielen Prüfungen stellen müssen“, sagte ihre Mutter. „Ich weiß alles, was im Königreich vor sich geht, ich habe immer noch treue Gefolgsleute, die mich auf dem Laufenden halten. Ich mache mir Sorgen um dich.“

      Gwendolyn tätschelte ihre Hand.

      „Mutter bitte sorg dich jetzt nicht um mich. Das ist nicht die Zeit für Staatsangelegenheiten.“

      Doch sie schüttelte den Kopf.

      „Es ist immer Zeit für Staatsangelegenheiten. Und ganz besonders jetzt. Bestattungen sind Staatsangelegenheiten, das darfst du nicht bergessen. Es sind keine Familienangelegenheiten, sie sind hoch politisch.“

      Ihre Mutter hustete und keuchte, dann holte sie tief Luft.

      „Mir bleibt nicht viel Zeit, darum hör mir gut zu“, sagte sie, und ihre Stimme klang schwächer. „Nimm dir meine Worte zu Herzen. Selbst wenn du sie nicht hören willst.“

      Gwendolyn nickte ernst.

      „Was immer du sagst, Mutter.“

      „Du darfst Tirus nicht vertrauen. Er wird dich betrügen. Vertraue seinen Leuten nicht. Diese MacGils sind nicht wie wir. Alles, was wir gemeinsam haben, ist der Name. Vergiss das niemals.“ Sie röchelte, und Gwendolyn versuchte die Bedeutung ihrer Worte zu verstehen.

      „Sorge dafür, dass deine Armee stark ist und deine Verteidigungsanlagen noch stärker. Je eher du verstehst, dass Frieden nur eine Illusion ist, desto besser wirst du den Frieden sichern.“

      Einerseits dachte Gwen, dass das vielleicht nur die Worte einer sterbenden Königin waren, die abgestumpft war; doch andererseits erkannte sie, dass eine gewisse Weisheit in ihnen lag, auch wenn sie es nicht gerne zugab.

      Ihre Mutter öffnete wieder die Augen.

      „Deine Schwester, Luanda“, flüsterte sie. „Ich möchte, dass sie zu meiner Bestattung kommt. Sie ist meine Tochter. Meine Erstgeborene.“

      Gwendolyn holte überrascht Luft.

      „Sie hat schlimme Dinge getan, für die sie das Exil verdient. Doch erlaube ihr dieses eine Mal, zurückzukehren. Ich möchte, dass sie dabei ist. Bitte lehne die Bitte deiner sterbenden Mutter nicht ab.“

      Gwendolyn seufzte. Sie war hin und her gerissen. Sie wollte ihrer Mutter eine Freude bereiten, doch sie wollte nicht, dass Luanda zurückkam. Nicht nach allem, was sie getan hatte.

      „Versprich es mir“, sagte ihre Mutter und drückte fest Gwendolyns Hand. „Versprich es mir.“

      Schließlich nickte Gwendolyn, als sie erkannte, dass sie ihr diese Bitte nicht abschlagen konnte.

      „Ich verspreche es dir Mutter.“

      Ihre Mutter seufzte und nickte zufrieden. Dann lehnte sie sich zurück.

      „Mutter“, sagte Gwendolyn und räusperte sich. „Ich wünsche mir, dass du mein Kind segnest.“

      Ihre Mutter öffnete schwach die Augen und sah sie an. Dann schloss sie sie wieder und schüttelte langsam den Kopf.

      „Dieses Baby hat bereits jeden Segen, den sich ein Kind wünschen kann. Er hat meinen Segen – doch er braucht ihn nicht. Du wirst sehen, meine Tochter, dass dein Kind weitaus mächtiger ist als du oder Thorgrin, oder irgendjemand anderer vor ihm oder nach ihm. Das ist schon vor Jahren prophezeit worden.“

      Ihre Mutter röchelte, und gerade als Gwendolyn dachte, dass sie nichts mehr zu sagen hatte und gehen wollte, schlug ihre Mutter ein letztes Mal die Augen auf.

      „Vergiss nicht, was dein Vater dir beigebracht hat, sagte sie mit einer Stimme, die so schwach war, dass Gwendolyn sie kaum hören konnte. „Manchmal herrscht der größte Frieden in einem Königreich, das sich im Krieg befindet.“

      KAPITEL SIEBEN

      Steffen war schon seit Tagen auf der staubigen Straße gen Osten unterwegs, gefolgt von einem Dutzend Angehörigen der königlichen Wache. Er hatte sich geehrt gefühlt, dass sie Königin ihn mit dieser Mission betraut hat, und war entschlossen, sie zu erfüllen. Steffen war seitdem von Ort zu Ort geritten, begleitet von einer Karawane von Kutschen – jede einzelne von ihnen voll beladen mit Gold und Silber, königlichen Münzen, Mais, Getreide, Weizen und Baumaterialien aller Art. Die Königin war entschlossen, allen kleinen Ortschaften im Ring Hilfe zukommen zu lassen, ihnen beim Wiederaufbau zu helfen, und in Steffen hatte sie jemanden gefunden, der ihren Wunsch mit derselben Entschlossenheit umsetzte.

      Steffen hatte schon viele Orte besucht, hatte im Namen der Königin eine Menge Rohstoffe verteilt, und sie sorgfältig all jenen Orten und Familien zukommen lassen, die sie am meisten brauchten. Er war stolz, die Freude in ihren Gesichtern zu sehen, wenn er die Rohstoffe verteilte und ihnen Arbeitskräfte zuteilte, die ihnen beim Aufbau helfen sollten. In einem Dorf nach dem anderen gelang es ihm, das Vertrauen in die Königin zu stärken und dabei zu helfen, den Ring wieder aufzubauen. Zum ersten Mal in seinem Leben sahen die Menschen über seine Erscheinung hinweg, und behandelten ihn mit demselben Respekt wie jeden anderen auch. Er liebte dieses Gefühl. Die Menschen erkannten, dass sie unter der neuen Königin nicht in Vergessenheit geraten waren, und Steffen war glücklich, dazu beitragen zu dürfen, dass sie sie liebten. Er konnte sich nichts vorstellen, was er lieber wollte.

      Wie das Schicksal es wollte, führte der Weg ihn nach vielen anderen Orten auch in sein Dorf, dem Ort, an dem er aufgewachsen war. Steffen spürte eine gewisse Furcht, als er bemerkte, dass das nächste Dorf seine alte Heimat war. Nur zu gerne hätte er einen anderen Weg eingeschlagen, doch er wusste, dass das nicht möglich war. Er hatte Gwendolyn geschworen, seine Aufgabe zu erfüllen und er konnte sie nicht enttäuschen, selbst wenn es bedeutete, dass er an den Ort zurückkehren sollte, der bis heute Gegenstand seiner Alpträume war.

      So viele Menschen, die schon hier gelebt hatten, als er hier aufgewachsen war, mussten noch hier sein – jene Menschen, die großen Gefallen daran gefunden hatten, ihn zu quälen, und ihn wegen seiner Missbildung aufgezogen hatten. Jene Menschen, die ihm immer wieder eingeredet hatten, dass er sich für seine Erscheinung schämen musste. Als er das Dorf damals verlassen hatte, hatte er geschworen, nie wieder zurückzukehren, und nie wieder ein Wort mit seiner Familie zu sprechen. Doch nun brachte ihn ironischerweise seine Mission hierher, und verlangte von ihm, dass er ihnen im Namen der Königin Rohstoffe zuteilte. Das Schicksal konnte grausam sein.

      Als sie auf einen Hügel kamen, sah Steffen zum ersten Mal sein Dorf. Sein Magen krampfte sich zusammen. Einzig und allein der Anblick ließ ihn sich klein und unbedeutend fühlen. Er konnte spüren, wie er sich in sich zurückzog. Er hatte sie so gut gefühlt, besser als je zuvor in seinem Leben, besonders mit seinem neuen Amt, seiner Entourage und der Tatsache, dass er nur der Königin selbst Rechenschaft schuldig war. Doch jetzt, wo er dieses Ort sah, stürzten alle Erinnerungen wieder auf ihn ein, die Furch davor, wie die Menschen ihn wahrnahmen, ein Gefühl, das er immer gehasst hatte.

      Er fragte sich, ob diese Menschen immer noch dort waren. Waren sie noch immer so grausam wie früher? Ob sie wohl stolz wären, wenn sie sahen, was er erreicht hatte? Er war einer der höchsten Ratgeber der Königin, ein Mitglied des inneren Königlichen Rats. Sie würden sprachlos sein, wenn sie hörten, was der kleine, bucklige Junge erreicht hatte. Sie würden endlich zugeben müssen, dass sie sich in ihm getäuscht hatten. Dass er doch nicht wertlos war.

      Steffen hoffte, dass es so sein

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