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Geister, Frauen Und Andere Einbildungen. Stephen Goldin
Читать онлайн.Название Geister, Frauen Und Andere Einbildungen
Год выпуска 0
isbn 9788873041191
Автор произведения Stephen Goldin
Жанр Научная фантастика
Издательство Tektime S.r.l.s.
Ryan setzte sich auf eine Stufe, um wieder zu sich zu kommen. Er wünschte sich, dass sein Partner, Bill Tremain, die Möglichkeit bekommen hätte, ihn auf dieser Mission zu begleiten. Er und Bill waren schon seit der Ausbildung ein Team. Zusammen hatten sie mehr als dreißig Welten ausgekundschaftet, dem Unbekannten hatten sie sich Seite an Seite gestellt. Er würde sich nicht so einsam fühlen, das wusste er, wenn Bill hier bei ihm wäre. Aber der Computer wollte nicht noch mehr Personal riskieren als unbedingt nötig war. Außerdem, alle früheren Erkundungen waren von Teams aus zwei oder mehr Personen unternommen worden, und sie alle waren gescheitert. Vielleicht hatte ein einzelner Mann eine bessere Chance.
Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung, die Ryans Aufmerksamkeit erregte. Schnell wirbelte er seinen Kopf herum, um etwas, das wie eine menschliche Figur aussah, wegrennen und unter den Treppen unter sich verschwinden zu sehen. Eine rothaarige Figur. Bill Tremains Figur. Und das war vollkommen bescheuert, denn Bill Tremain war oben an Bord des Schiffs.
Trotzdem ging Ryan langsam die Treppe zurück hinunter, um nachzusehen. Aber da war – natürlich – niemand; die Wand unter den Treppen war glatt und hart mit keinem Platz, wo sich eine fliehende Person verstecken hätte können. Nein, das Gebäude war verlassen, abgesehen von ihm selbst. Die Stille bezeugte das.
„Suchst du etwas, Jeff?“ fragte eine Stimme von oben.
***
Der Mann, der auf der dritten Plattform stand, war nicht Ryans Partner. Nein, es war Richard Bael, ein alter Bekannter aus Studienzeiten. „Oh, mach dir keine Sorgen“, lächelte Bael. „Ich bin völlig real.“
Das machte Sinn. Bael war einer der früheren sechzehn, die die Stadt betreten hatten. „Wie bist du hierhergekommen?“ stammelte Ryan.
„Oh“, machte Bael schulterzuckend, „es gibt Möglichkeiten.“ Er begann, die Stufen leichtfüßig hinab zu laufen. „Du wirst es lernen, nach einer oder zwei Wochen.“
„Ich habe nicht vor, so lange zu bleiben“, antwortete Ryan vorsichtig. Er versuchte, langsam den Kommunikator in seiner Tasche zu fassen, aber Bael sah die Bewegung.
„Oh, wirst du dein Schiff rufen? Darf ich ihnen ein paar Worte sagen?“
„Sie würden sich sehr freuen, von dir zu hören“, meinte Ryan. „Was ist mit deinem eigenen Kommunikations-Apparat passiert?“
„Ich habe ihn wohl irgendwo hingelegt und dann vergessen“, sagte Bael mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Ich dachte, dass er nicht wirklich wichtig war.“ Er stand nun neben Ryan und streckte seine Hand aus. Ryan gab ihm den Kommunikator.
„Hallo da oben, hier ist Richard Bael. Könnt ihr mich hören?“
„Ja“, antwortete die emotionslose Stimme von Java-10.
„Ich möchte einen verspäteten Bericht machen, bezüglich meiner Erkundung dieser Stadt. Ich nehme an, ihr habt alle Rekorder angeschaltet, bereit jedes Wort davon aufzuzeichnen.”
„Korrekt.”
„Gut dann, hier ist er: Schert euch zum Teufel!” Er schaltete den Apparat ab und gab ihn Ryan zurück. „Ich wollte das schon immer machen, aber ich hatte bisher nie den Mut dazu”, grinste er gutmütig.
Ryan packte den Kommunikator aus seiner Hand, leicht erschrocken von Baels Aktion. „Hier ist Ryan, Java-10 kommen. Hörst du mich?”
„Positiv. Ist Bael wirklich dort mit dir?” Die Frage war tonlos, nicht ungläubig.
„Es scheint so.”
„Ich bin in Wirklichkeit Peter Pan”, mischte sich Bael neckisch ein.
„Halts Maul!” rief Ryan.
„Kein Grund dich so aufzuregen, Jeff. Ich wollte nur helfen.”
„Frag ihn, wieso er die Stadt nicht verlässt”, beharrte Java-10.
„Oh, antworte nicht, Jeff. Ich habe es satt, die kleinen Götter-Spielchen des Computers zu spielen.“ Er bewegte sich auf die Tür zu. „Gib das dumme Ding weg. Der Tag ist zu schön, um ihn damit zu verbringen, mit einem kleinen Kästchen zu sprechen.“
Ryan zögerte.
„Schau, du kamst doch her, um die Stadt zu erkunden, oder?“ fuhr Bael fort. „Nun, ich bin bereit, dir eine Stadtführung zu geben. Worauf wartest du – eine eingravierte Einladung? Gut, bitte sehr.“
Er zog eine kleine Karte aus seiner Tasche und schnippte sie vor Ryans Füße. Ryan bückte sich und hob sie auf. In goldenen Buchstaben eingraviert waren die Worte: HR. RICHARD BAEL ERBITTET GNÄDIGST DIE ANWESENHEIT VON HR. JEFFREY RYAN FÜR EINE PERSÖNLICH GELEITETE STADTFÜHRUNG.
„Ist das gut genug für dich?“ fragte Bael fröhlich.
Ryan steckte die Karte sorgfältig zur Aufbewahrung in seine Proben-Tasche um sie später genauer zu analysieren. „Ist gut, Bael, wie du willst.” Der Kommunikator wanderte zurück in seine Tasche. „Auf geht's.”
Mit einer übertrieben einladenden Bewegung trat Bael durch die Tür, Ryan folgte ihm mit zwei Schritten Abstand. Als Ryan das Gebäude verlassen hatte, verschwand die Öffnung und die Mauer war wieder völlig undurchdringbar. Er zog es vor, sich wegen einer solchen Kleinigkeit nicht aus der Fassung bringen zu lassen. Er hatte kaum Zweifel, dass die Stadt schon bald noch viel größere Überraschungen für ihn bereithalten würde.
Und er hatte völlig Recht.
***
Die beiden Männer spazierten durch die Stadt. Bael schlenderte gemütlich dahin und Ryan hatte Mühe, seine Ungeduld zu zügeln, während er das nervenaufreibend langsame Tempo des anderen einhalten musste. Es gab keine echten Straßen, denen man folgen konnte, da die Stadt scheinbar keinem erkennbaren Muster folgend angeordnet war, und es gab keine unverbauten Strecken, die breit genug für jegliche Art von Fahrzeug gewesen wären. Gebäude aller Formen, Größen und Farben tauchten überall aus dem Boden auf: hier ein Zylinder, da ein Kegel, ein bisschen weiter eine Halbkugel...es gab sogar einige, die vor Ryans Augen ihre Formen veränderte.
„Wer hat diese Stadt gebaut?” fragte er Bael. „Wieso machten sie das? Wo sind sie hin gegangen?”
„Es ist ein schöner Ort, nicht?“ Bael ignorierte die Fragen und wies auf die Stadt um sie herum.
„Das ist keine Antwort.“
„Natürlich nicht. Ich habe keine. Fragen sind unwichtig hier, also sind Antworten irrelevant.“
„Das sind sie nicht, verdammt. Ich muss wissen—“
„Korrektur: Java-10 muss wissen. Du selbst musst gar nichts, außer das Leben genießen.“ Bael schnalzte mitfühlend die Zunge. „Du armer, dummer Idiot, deine Gehirnwäsche ist so komplett, dass du die Freiheit nicht einmal erkennst, wenn sie dich ins Gesicht küsst. Lass uns hinsetzen und ein wenig plaudern.“
Zwei gemütlich aussehende Stühle erschienen hinter ihnen. Bael nahm einen und bedeutete Ryan sich auf den anderen zu setzen. Der Kundschafter probierte ihn nervös, bevor er sein ganzes Gewicht darauf niederließ. „Worüber willst du reden?“, fragte er, nachdem er es sich gemütlich gemacht hatte.
„Lass uns damit anfangen, wieso du hier bist.“
„Gleicher Grund wie du: um mehr über diese Stadt herauszufinden.“
„Wieso?“
„Hauptsächlich wegen der Technologie. Jeder, der einen Ort wie diesen bauen kann, muss uns so weit voraus sein, dass wir schon etwas lernen können, wenn wir nur die Artefakte untersuchen. Wir müssen herausfinden—”
„Wir?“,