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heraufing!« rief Turnerstick hinab.

      Die Handbewegung, welche diese Worte begleitete, war so deutlich, daß sie der Mann verstehen mußte. Er kam herauf.

      »Wir wolleng nach Canton. Wolling stu uns fahreng?«

      »Canton? Kuang-tscheu-fu?« fragte der Angeredete. »Tsche!«

      »Tsche! Horribles Chinesisch! Was meint der Mensch, Charley?«

      »Wißt Ihr nicht mehr, daß Tsche »ja« heißt?«

      »Ah so! Hm, das hatte ich beinahe aus der Acht gelassen. Aber Ihr seht doch ein, daß ich ein ganz famoses Chinesisch spreche, denn der Mann hat mich Wort für Wort verstanden, sonst hätte er nicht ja geantwortet. Wollen wir ihn mieten, Charley?«

      »Habe nichts dagegen, Kapt’n. Macht die Sache mit ihm ab!«

      Der Kapitän folgte dieser Aufforderung:

      »Wir fahren zwei Manning. Was verlang stu für deng Taging?«

      Der Gefragte nickte lächelnd mit dem Kopfe. Turnerstick trat ihm näher und erklärte:

      »Wie viel du haben willingst?«

      Er hatte denselben Erfolg wie vorher und wandte sich zu mir:

      »Dieser Mensch versteht nicht einmal seine Muttersprache. Versucht Ihr einmal Euer Heil, Charley!«

      »Ganz wie Ihr wollt, Kapt’n. Vorher muß ich Euch aber doch fragen, ob wir mit dem Boote dieses Mannes wirklich den weiten Weg bis Canton zurücklegen wollen. Von hier bis Wam-poa braucht ein Dampfer beinahe einen vollen Tag, und von dort aus haben wir noch volle zwölf englische Meilen bis Canton.«

      »Weiß das alles auch, Charley; aber ich will Land und Leute kennenlernen; versteht Ihr mich? Daher nehme ich einen solchen Bambuskahn, um beliebig hüben oder drüben anlegen zu können, so oft es mir einfällt, an das Land zu gehen. Wie weit es bis Canton ist und wann wir dort ankommen, das ist mir sehr egal, denn wir haben Zeit. Der Steuermann hat seine Instruktion und wird mich vertreten, so lange ich abwesend bin. Uebrigens können wir uns ja von einem Dampfer ins Schlepptau nehmen lassen, wenn wir rasch vorwärts kommen wollen. Verstanden, Charley?«

      »Vollständig. Aber wenn wir wirklich Land und Leute miteinander kennen lernen wollen, so möchte ich am liebsten gleich hier in Hongkong anfangen, das uns doch am nächsten liegt.«

      »Habt recht, vollständig recht. Und so mag uns dieser Mann zunächst da hinüberfahren.«

      Ich mietete den Chinesen für drei Tschuns, also ungefähr eine Mark täglich; dann stiegen wir ein und ließen uns in die Stadt fahren.

      Hongkong wurde von den Engländern als Ort ihrer Niederlassung mit jenem praktischen Scharfblick gewählt, welcher dem britischen Inselvolke so sehr zu eigen ist. Die Insel, auf deren Nordseite es liegt, ist sehr gebirgig und hat ungefähr achtzehn bis zwanzig englische Meilen im Umfange. Die Lage dieser Insel gewährt dem geräumigen Hafen den Vorteil zweier Eingänge, die sich gegenüberliegen, so daß also beinahe bei jedem Winde gefahrlos eingelaufen werden kann. Das Wasser des Hafens ist so tief, daß Schiffe von fünfzehn Fuß Tiefgang in ganz geringer Entfernung vom Lande ankern können. Ein weicher, zäher Lehmboden giebt ausgezeichneten Ankergrund bis dicht an die Küste, und die hohen Berge, welche das Hafenbassin umgeben, gewähren guten Schutz gegen die hier so häufigen Herbst – und Winterstürme.

      Wir spazierten miteinander durch die Straßen der chinesischen Stadt. Sie waren meist schmutzig, stinkend und kloakenhaft. Wir fanden enge, dunkle Gassen und Gäßchen, in denen sich eine nicht sehr appetitlich aussehende Bevölkerung hin und her drängte, kleine Bambushäuschen, deren unteres, offenes Stockwerk meist als Verkaufslokal dient, dahinter ein paar finstere Gemächer und eine schmale Treppe, die nach oben führt, wo die etwas vorspringenden Schlafgemächer sind. Die Läden sind nach ihrer ganzen Breite hin offen und gestatten einen Blick in das innere Familienleben.

      Hier sieht man einen Schuster jene Seidenzeugschuhe verfertigen, deren Sohlen aus einem sehr starken Filze bestehen; dort giebt es einen Lackierer, welcher Täßchen fertigt, deren mehrfacher Lacküberzug ein ganzes Jahr zu trocknen hat. Daneben ist der Laden eines Geldwechslers, der mit seinem Suan-pan (***** Rechenmaschine.), so schlau umzugehen versteht, daß es großer Aufmerksamkeit bedarf, nicht von ihm betrogen zu werden. Ihm gegenüber arbeitet ein Schneider, grad so auf seinen untergeschlagenen Beinen hockend wie unsere einheimischen »Tailleurs«; dieses Genus besitzt ja überhaupt in allen Erdteilen eine unleugbare Familien-Aehnlichkeit. In seiner Nähe giebt es eine Garküche, deren Speisezettel nach den zur Schau liegenden Früchten, Gemüsen und Fleischsorten ein sehr reichhaltiger sein muß, und in der Nähe dieses verführerischen Ortes treibt sich eine ganze Menge jener geflügelten, pfiffigen Spitzbuben herum, welche in der alten Welt allüberall und seit einiger Zeit auch bereits in der neuen Welt zu finden sind. Der Türke nennt sie Muhassil-Baschi (***** Oberzolleinnehmer.), der Chinese ruft sie Kia-niao-eul[72], und der Deutsche kennt sie als Herr Spatz und Madame Sperlingin. Ich gestehe offen, daß ich mich über den Anblick dieser laut zirpenden und räsonnierenden Wegelagerersippe herzlich freute; es waren ja »Heimatsklänge«, wenn auch nicht – von Gungl.

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      Fußnoten

      1

      Dieselben werden auch »Flache Inseln, gefährliche Inseln, niedrige Inseln und Perleninseln« genannt.

      2

      Wörtlich: »Vater unser, welcher ist im Himmel, heilig möge sein Name dein.«

      3

      Ein gespenstisches Wesen, von dem sich die meist sehr abergläubischen Seeleute viel Abenteuerliches erzählen.

      4

      Ein dickes Tau.

      5

      Passagiere.

      6

      Matrosen.

      7

      Zu deutsch: »Auge des Tages« (die Sonne).

      8

      Dolch.

      9

      Heilig, gefreit, unberührbar.

      10

      Lebe wohl.

      11

      »Das Wölkchen in dem Monde, Das Wölkchen liebe ich«.

      12

      »Willst du niemals dein Weib verlassen?« Dies ist die heidnische Formel, auf welche der Bäutigam mit »Eita« (nein!) zu antworten hat. Ist dies geschehen, so gilt

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<p>72</p>

»Familienvogel.«