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Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil
Читать онлайн.Название Tausend Und Eine Nacht
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Gustav Weil
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Als ich dies gesagt, fuhr der junge Mann in seiner Erzählung fort, streckte er die Hand in seinen Beutel und zog ein aus sieben Platten zusammengesetztes, mit Silber beschlagenes Astrolabium heraus, ging damit mitten ins Haus in die Sonne, sah hinein und sagte: »Wisse, mein Herr, daß heute Freitag der achtzehnte Saffar, 653 der Hidjrah, 7320 der Ära Alexanders istDa Harun Arraschid als Zeitgenosse dieser Erzählung auftritt, so sind selbstverständlich diese Daten unpassend. Nach der Berechnung der Astronomen findet Konjunktion des Mars mit Merkur statt, ein aufsteigender Stier der Konjunktion acht Grad und sechs Minuten, bedeutet, daß das Rasieren Glück bringt, zugleich aber auch, daß du irgend eine Zusammenkunft vorhast, woraus Unglück entsteht.« Ich sagte ihm: »O du! du machst mir bange und quälst mich durch deine schlechte Weissagung. Ich habe dich nicht zur Sterndeutung, sondern um meine Haare zu schneiden, rufen lassen. Tu also das, wozu du gerufen bist; wo nicht, so geh und laß uns einen anderen Barbier rufen.« Er antwortete: »Bei Gott, mein Herr! hättest du es mit MilchSprichwörtliche Redensart: nach allem Bemühen. gekocht, hätte es nicht besser kommen können. Du hast nur einen Barbier verlangt, und nun schickt dir Gott einen Barbier, der auch zugleich Sterndeuter ist, der Astronomie und Chemie, Grammatik, Sprache, Logik, Rhetorik, Algebra, Mathematik, Chronologie, Tradition des MuslemDie zwei berühmtesten Traditionssammler der Mohammedaner. und Buchari versteht. Ich habe viele Bücher gelesen und viele Erfahrung gesammelt: ich bin tief in die Wissenschaft eingedrungen und habe sie auswendig gelernt; ich kenne viele Künste und habe mit allem mich beschäftigt. Du solltest Gott loben und danken, daß er mich dir zugeführt. Ich rate dir nun, heute zu tun, was ich dir nach meiner astrologischen Berechnung sagen werde. Ich verlange keinen Lohn von dir; denn was ich dir tu, ist wenig für deinen Rang und für den Platz, den du in meinem Herzen einnimmst; dein Vater liebte mich sehr, weil ich nicht viel unnötiges schwatze, darum ist es meine Schuldigkeit, dich zu bedienen.« Als ich dies hörte, sagte ich ihm: »Du bringst mich gewiß heute noch um.«
Hierauf sagte der Barbier: »Mein Herr! Nennen mich die Leute nicht den Schweigenden, weil ich so wenig rede? weniger als meine sieben Brüder: der Älteste heißt Bakbuk, der Zweite Hadar, der Dritte Bakaibak, der Vierte Kus, der Fünfte Naschar, der Sechste Schakaik, und mich nannte man, weil ich wenig rede, Sammat.« Nun, ihr Leute, als der Barbier immer so fortfuhr, zersprang mir die Galle fast: ich ward so aufgebracht, daß ich meinem Jungen sagte: »Gib ihm vier Dinare und laß ihn in Gottes Namen gehen; ich will mich heute nicht rasieren lassen.« Als der Barbier dies hörte, sagte er: »Was sagst du da? Der muselmännische Glaube verbietet mir, Lohn zu nehmen, ohne dich zu bedienen, ich muß dich bedienen, meine Arbeit verrichten und dich aufputzen; es ist mir gleich, ob du mir Lohn gibst oder nicht. Und weißt du auch mich nicht zu schätzen, mein Herr, so weiß ich doch, was ich deines Vaters willen dir schuldig bin.« Er sprach dann folgende Verse:
»Ich kam zum Herrn, um Blut zu schröpfen, fand aber den Augenblick nicht günstig für seine Gesundheit. Ich setzte mich zu ihm und unterhielt ihn von wunderbaren Dingen, und kramte vor ihm meine Kenntnisse und meinen Verstand aus. Er hörte mir gerne zu und sagte mir: O Mine der Wissenschaft, du bist mehr als verständig. Ich sagte ihm: Hättest du, o Herr der Menschen, nicht so vielen Verstand verbreitet, so hätte ich gar keinen. Du bist Herr der Tugend und der Freigiebigkeit, du bist der Schatz der Menschen an Wissenschaft, Verstand und Sanftmut.«
Da freute sich dein Vater und sagte dem Jungen: Gib ihm hundert und drei Dinare und ein schönes Kleid; er gab mir dies alles, ich nahm dann das Horoskop, das sehr gut stand, schröpfte ihn, und dann konnte ich nicht umhin, deinen Vater zu fragen: »Warum heißest du den Jungen mir 103 Dinare geben?« und er antwortete mir: »Ein Dinar für die Weissagung, ein Dinar für das Erzählen und ein Dinar für das Schröpfen, und 100 Dinare und das Ehrenkleid für dein Lob.« Er fuhr immer fort zu sprechen. Ich ward so zornig, daß ich sagte: »Gott habe kein Mitleid mit meinem Vater, der Leute deinesgleichen gekannt hat.«
Ich sagte noch einmal dem Barbier: »Laß doch, bei Gott, das viele Reden, meine Zeit geht vorüber.« Da lachte mich der Barbier aus und sagte: »O mein Herr! es gibt keinen Gott außer Gott. Gelobt sei der, der unverändert bleibt. Ich glaube, dich hat die Krankheit ganz verändert; dein Verstand hat sehr abgenommen, während sonst die Leute, wenn sie älter werden, auch mehr Verstand bekommen; ich hörte, wie einst ein Dichter sagte:
»Sei mild gegen Arme, wenn das Schicksal dir günstig ist, du wirst dafür einen reichen Lohn einst ernten. Armut ist eine Krankheit, für die es kein Heilmittel gibt. Reichtümer sind eine Zierde für das Auge, wenn sie zu einem schönen Charakter sich gesellen. Verbreite Grüße unter den Leuten, an denen du vorübergehst; bestrebe dich, deine Eltern mit reiner Liebe zu behandeln! Ihre Augen haben aus Angst um dich manche Nacht durchwacht und Gottes Auge schläft nie.«
»Indessen entschuldige ich dich ebenfalls, doch flößt mir dein Zustand manchen Zweifel ein. Du weißt, daß dein Vater und Großvater nie etwas unternahmen, ohne mich um Rat zu fragen; und gewiß, wer andere beratet, geht nicht irre. Auch sagt man sprichwörtlich: Wer keinen Größeren über sich anerkennt, ist selbst nicht groß. Auch sagte ein Dichter:
»Willst du ein Geschäft unternehmen, so befrage einen Erfahrenen und erzürne ihn nicht.«
»Du kannst keinen erfahreneren Menschen finden, als ich bin; ich stehe nun ganz willig vor dir, um dich zu bedienen, du hast gar keinen Grund, dich über mich zu ärgern.« Ich sagte ihm: »Du hast nun lang genug geschwatzt; fertige mich nun ab!« Er antwortete: »Ich sehe, daß mein Herr wieder unwillig wird, doch ich nehme es nicht übel.« Ich antwortete ihm: »Die Stunde, die ich erwarte, ist schon nahe, tu also deine Arbeit, und mache, daß du in Gottes Namen fortkommst.« Ich riß dann meine Kleider auf, und als er dies sah, nahm er sein Schermesser, schärfte es und rasierte mir einige Haare vom Kopf ab. Er hob dann die Hand auf und sagte: »Mein Herr! allzugroße Eile ist Sache des Teufels, es heißt bei einem Dichter:
»Gehe langsam zu Werke und übereile dich nicht in deinen Arbeiten, habe Mitleid mit den Menschen, du findest dann auch einen Barmherzigen (Gott). Es gibt keine Hand, die nicht unter Gottes Hand steht, keinen Übeltäter, der nicht durch einen anderen bestraft wird.«
»Ich glaube, du weißt mich nicht zu würdigen und verkennst mich, meinen hohen Rang, meine Kenntnisse und meine Wissenschaften.« Ich sagte ihm. »Laß, was dich nicht angeht, du hast mir meine Brust schon genug beengt.« Er sagte: »Ich glaube, du hast Eile, mein Herr!« Ich antwortete: »Freilich! gewiß! jawohl!« Er versetzte: »Übereile dich nicht, die Eile ist eine Teufelssache und hat oft Reue im Gefolge. Dein Zustand kommt mir verdächtig vor. Ich möchte wissen, was du vorhast. Ich fürchte, du hast was Unzweckmäßiges im Sinn; es bleiben ja doch drei Stunden zum Gebet. Doch möchte ich nicht gern hierüber im Zweifel bleiben; ich muß die Zeit ganz genau wissen: denn es ist eine Schande, zweifelhafte Worte zu sprechen, besonders für einen Mann, wie ich, dessen Wert allen Menschen bekannt ist; ich will daher nicht Ungewisses sagen wie die Masse der Astrologen.« Er warf dann sein Schermesser weg und nahm das Astrolabium wieder, fing wieder an mit den Fingern zu rechnen und sagte: »Es bleiben gerade drei Stunden bis zum Gebet, nicht mehr und nicht weniger, ganz genau gerechnet nach der Wissenschaft der gelehrtesten Astronomen.« Ich sagte ihm: »Schweige doch einmal, du hast schon, bei Gott! mein Innerstes empört.« Da kam der Verdammte wieder, nahm das Messer und rasierte wieder zwei Haare ab und sagte: »Bei Gott, du läßt mich allerlei Dinge vermuten; wenn du mir sagen wolltest, was du vorhast, so würde es gewiß zu deinem Besten werden. Auch dein Vater und Großvater, Gott erbarme sich ihrer! haben nichts ohne meinen Rat getan.« Als ich nun sah, daß ich ihn gar nicht los werden konnte, und bei mir dachte, nun wird die Mittagsstunde kommen, und ich muß doch gehen, ehe die Leute vom Gebete zurückkehren, und wenn ich die Stunde versäume, werde ich keine Gelegenheit mehr finden, zu