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Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil
Читать онлайн.Название Tausend Und Eine Nacht
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Gustav Weil
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Da kam das Mädchen herbei und rief: »Du kannst in Gegenwart Zubeidas sehen, was in dieser Kiste ist, denn sie enthält etwas besonderes; nicht gewöhnliche Waren, wie die übrigen.« Als der Kalif dies hörte, sprach er zu den Dienern: »Tragt denn diese Kiste hinein!« Die Diener taten es, und ich glaubte schon an keine Rettung mehr. Als aber meine Kiste im Zimmer des Mädchens, meiner Freundin, war, da eilte sie schnell herbei, öffnete den Deckel und sagte: »Eile schnell die Treppe hinauf!« Ich erhob mich, ging hinauf und hatte kaum den Fuß aus der Kiste, da schloß das Mädchen sie wieder zu. Nun kamen auch die Diener mit den übrigen Kisten und der Kalif. Er setzte sich auf die Kiste, in der ich gewesen war; es wurden auch alle übrigen Kisten noch einmal geöffnet, er stand dann auf und ging in seinen Harem. Ich erholte mich indessen wieder; das Mädchen kam auch bald zu mir herauf und sprach: »Nun, mein Herr! hast du nichts mehr zu befürchten, atme nur frei und bleibe hier, bis Zubeida dich sieht, vielleicht machst du dein Glück bei uns.« Ich ging dann hinunter und setzte mich in einen kleinen Saal; da kamen zehn Sklavinnen, schön wie der Mond und stellten sich in die Reihe; dann kamen 20 jüngere Jungfrauen und in ihrer Mitte ging Zubeida, die vor vielem Schmucke kaum zu gehen vermochte; man brachte ihr einen Stuhl, sie setzte sich darauf, die Sklavinnen fingen an zu singen. Ich näherte mich dann Zubeida und küßte die Erde vor ihr, sie unterhielt sich mit mir und fragte mich nach meiner Familie; ich antwortete ihr auf alles, was sie mich fragte, sie freute sich darüber und sagte: Bei Gott! er ist unseres Zöglings nicht unwürdig; nun sei das Mädchen, das wir wie ein eigenes Kind betrachten, als ein göttliches Unterpfand bei dir!« Hierauf befahl sie mir sogleich, zehn Tage bei ihr zuzubringen.
Nachdem ich zehn Tage und Nächte bei ihnen zugebracht, ohne das Mädchen zu sehen, bat Zubeida den Kalifen um Erlaubnis, das Mädchen zu verheiraten; er erlaubte es und bestimmte ihr 10.000 Dinare. Zubeida ließ dann die Schreiber holen; man schrieb unseren Ehe-Kontrakt, feierte die Verlobung und bereitete eine herrliche Mahlzeit und allerlei Süßigkeiten zu; dies dauerte wieder zehn Tage lang. Nach den 20 Tagen ging das Mädchen ins Bad, mir brachte man in jeder Nacht unter anderen Speisen auch eine Schüssel voll Sirbadj, mit geschälten Pistazien, Julep und Zucker vermischt; ich machte mich ohne Säumen darüber her, aß, bis ich genug hatte, und trocknete meine Hand ab. Nun ließ mich aber der erhabene Gott vergessen, sie zu waschen. Ich blieb sitzen, bis es dunkel ward; da zündete man die Wachskerzen an, es kamen die Sängerinnen vom Schlosse mit ihren Tamburinen, sie sangen und schlugen das Tamburin; indessen schmückte man die Braut und bedeckte sie mit Seidenstoffen und Gold. Als sie den Umgang um das Schloß gemacht und in den kleinen Saal kam, wo ich mich befand, entkleidete man sie und ließ sie allein bei mir; kaum aber wollte ich sie jetzt umarmen, da roch sie an meiner Hand Sirbadj und schrie so laut, daß die Sklavinnen von allen Seiten herbeigelaufen kamen und sie umringten. Ich erschrak, fing an zu beben und zu zittern: denn ich wußte nicht, warum sie so schrie. Die Sklavinnen fragten sie: »Was hast du, o Schwester?« Sie antwortete: »Führt mir diesen Besessenen hinaus!« Ich stand ganz erschrocken auf; denn ich erriet nicht die Ursache ihres Zornes; ich fragte daher: »O Gebieterin! was habe ich denn Verrücktes begangen?« Sie antwortete: »Warum hast du Sirbadj gegessen, ohne deine Hand zu waschen? Bei Gott! ich werde dich dafür bestrafen, daß du dich einer Dame meines Standes näherst, während deine Hand nach Sirbadj riecht!« Sie rief hierauf ihren Sklavinnen zu: »Werft ihn auf den Boden!« Als diese es getan, nahm sie eine geflochtene Peitsche und fiel über meinen Rücken mit tüchtigen Schlägen her, bis ihr Arm ermüdete. Dann sagte sie den Sklavinnen: »Laßt ihn aufstehen und schickt ihn zum Polizeiobersten, daß er ihm die Hand abhaue, mit der er Sirbadj gegessen, ohne sie nachher zu waschen.« Als ich so hart geschlagen wurde und dabei noch diese Worte hörte, dachte ich: Bei Gott dem Erhabenen nur gibt es Schutz und Macht! Was für ein großes Unglück hat mich getroffen: schmerzliche Schläge erdulden und dann noch die Hand verlieren, weil ich Sirbadj gegessen und vergaß, meine Hand zu waschen! Gott verdamme den Sirbadj und die Stunde, in der ich ihn gegessen!
Nun kamen die Sklavinnen und sagten der jungen Frau: »Dieser Mann kannte deinen Rang nicht; verzeih ihm unsertwillen, wir bitten für ihn.« Aber sie antwortete: »Es ist umsonst, ich muß ihn an seinen Extremitäten bestrafen, damit er ein anderes Mal nicht mehr Sirbadj esse, ohne sich die Hände zu waschen.« Die Sklavinnen drangen dann sehr in sie, und küßten ihre Hände und sprachen: »Bei Gott! du darfst ihm eine solche Vergessenheit nicht übel nehmen.« Sie aber schimpfte und schmähte mich und entfernte sich mit den Sklavinnen. Ich bekam sie zehn Tage lang nicht zu sehen. Man brachte mir indessen jeden Tag gute Speisen und Wein, und sagte mir, daß meine Frau krank sei, weil ich Sirbadj gegessen und meine Hand nicht gewaschen. Ich war höchst erstaunt darüber und dachte: Was sind das für verwünschte Sitten! Vor Zorn zersprang mir fast die Galle. Ich dachte stets: Es gibt nur beim erhabenen Gott Schutz und Macht. Als man nach zehn Tagen mir das Essen brachte, sagte man mir, daß die Dame ins Bad gehen und morgen bei mir sein würde, und daß ich mich auf ihren Zorn gefaßt machen solle. Als sie wirklich zu mir kam, ging sie auf mich los und sprach: »Gott schwärze dein Angesicht, ich hatte keinen Augenblick Geduld, doch ehe ich mich mit dir versöhne, will ich dich bestrafen, weil du Sirbadj gegessen und deine Hände nicht gewaschen.« Sie rief ihre Sklavinnen, diese umringten und banden mich; sie stand dann auf, nahm ein scharfes Rasiermesser, kam auf mich zu und schnitt mir die Daumen und die großen Zehen ab, wie ihr hier seht, ihr Leute. Ich fiel in Ohnmacht; sie streute dann verschiedene Pulver und strich Pflaster auf die Wunden, um das Blut zu stillen. Als dies erfolgt war und meine Augen sich wieder öffneten, gaben mir die Sklavinnen Wein zu trinken, und ich sagte: »Nun nehme ich dich zum Zeugen, daß ich nie mehr Sirbadj essen will, ohne nachher meine Hand hundertundzwanzigmal zu waschen.« Die Dame sprach: »Du tust ganz wohl daran.« Sie nahm mir hierauf dies Versprechen mit einem Eid ab. Darum bin ich vorhin so blaß geworden, als ihr mir eine Speise mit Sirbadj vorgestellt, weil ich dachte: Das war die Ursache, daß man mir meine Daumen und großen Zehen abgeschnitten; und als ihr mich gezwungen habt, davon zu essen, habe ich getan, was ich tun mußte, um meinen Eid nicht zu brechen.«
Die Gesellschaft fragte ihn dann: »Wie ist es dir nachher mit ihr gegangen?« und er antwortete: »Als ich wieder wohl und meine Wunde ganz zugeheilt war, kam sie zu mir, ich schlief bei ihr und blieb noch den ganzen Monat bei ihr im Palaste; da ward mir ganz eng zumute. Sie sagte mir dann: »Im Palaste des Kalifen ist doch nicht Raum für uns, die Frau Zubeida hat mir 50.000 Dinare gegeben; nimm sie und kaufe uns ein schönes Haus.« Sie gab mir sogleich 10.000 Dinare, ich kaufte ein schöngebautes Haus, das sie mit mir bewohnte und wir lebten mehrere Jahre so glücklich wie ein Kalif miteinander, bis sie starb. Nun wißt ihr, warum meine Daumen abgeschnitten sind.« Wir aßen nun miteinander, fuhr der Aufseher fort. Jeder ging nach Hause und es begegnete mir die Geschichte mit dem Buckligen. Dies ist die Erzählung dessen, was ich gestern gesehen.« Der König von China antwortete hierauf: »Bei Gott! auch diese Geschichte ist nicht wunderbarer, als die des Buckligen.« Nun stand der jüdische Arzt auf, küßte die Erde und sagte: »Ich will eine Geschichte erzählen, wunderbarer als diese.« — »Erzähle!« sagte der König von China.
Der Jude sprach:
Geschichte des jüdischen Arztes
O König der Zeit! Das Wunderbarste, was mir widerfahren, ist: Als ich in Damaskus war und dort Medizin studierte, kam eines Tages ein Sklave vom Statthalter von Damaskus; ich ging zu ihm und als ich ins Haus kam, sah ich oben im Saal einen Thron, es lag ein schwächlicher junger Mann darauf; doch hatte ich einen so schönen Jüngling noch nie gesehen, ich setzte mich ihm zu Häupten und grüßte ihn. Er winkte mir mit dem Auge. Ich sagte ihm: »Mein Herr, reiche mir deine Hand zu deiner Genesung!« Er streckte